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Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht

Titel: Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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auf ihrem Gesicht bemerkte?«
    »Meine holde Adelheid erschrak,« sagte die Fürstin, »bei Ihrer Nachricht von der Ankunft unseres Kaisers, Herr von Wandel. Sie stellt sich unter einem Kaiser aller Reussen einen orientalischen Despoten vor, einen Großmogul, vor dem Alles in Ehrfurcht auf den Boden stürzen muß. Ihr Lehrer wird ihr sagen, ein wie liebenswürdiger Kavalier Kaiser Alexander ist. Auch ein Welteroberer, aber – durch Huld und Güte gewinnt er die Herzen. – Doch mich dünkt, unser Neuigkeitsbote hat seinen Sack noch nicht ausgeschüttet. Was sagt die Falte auf ihrer Stirn?«
    Der Legationsrath zuckte die Achseln: »Ich weiß nicht, ob ich die frohe Stimmung hier stören darf.«
    Eine Aufforderung zum Reden dringt.
    »Die Oesterreicher sind total geschlagen, Mack mit 6000 Mann gefangen, es existirt keine österreichische Armee an der Donau mehr. Der Courier kamschon heut Morgen an. Man hielt die Nachricht zurück, um den Jubel beim Durchmarsch der Truppen nicht zu dämpfen.«
    Eine stumme Pause folgte. Die Janitscharenmusik eines neu vorüberziehenden Bataillons bildete dazu einen üblen Kontrast.
    »Adieu Deutschland!« seufzte Fuchsius. »Viktoria!« rief der Major. »Das geht ans Leder. Die Haut lässt man sich nicht ruhig abziehen.« Die Fürstin warf einen ihrer himmlischen Blicke an den Plafond: »So musste es kommen, und es muß noch mehr kommen. Meine Herren, ich halte es für eine frohe Botschaft. Ja, der Mann ist groß, denn ein Größerer hat ihn gewürdigt, seine Geißel zu sein. Es soll noch mehr Blut fließen, um die Welt zu reinigen, und wir haben kein Maß für die Ströme, die da rauschen werden über die Länder.«
    »Ach du mein Gott, das ist ja schrecklich!« rief die Kriegsräthin erblassend. Adelheid war zugesprungen, und umfasste die Mutter, die auf einen Stuhl gesunken war.
    »Warum schrecklich,« sagte die Fürstin mit Holdseligkeit, »wenn es Sein Wille ist! Er, der die Haare auf unserm Kopfe gezählt hat, weiß auch, wen er opfern, wen er retten will. Und über seinen Erwählten schweben seine Engel. Einen weißen leuchtenden Fittich seh ich gebreit über dieses Kindes Haupt!« sprach sie und legte wie segnend ihren Arm auf Adelheids Locken.
    Die von solcher Huld gerührte Kriegsräthin wollte aufstehen. Die Fürstin drückte sie sanft zurück: »Glückliche Mutter, auf deren Kindes Stirn die Worte des Dichters stehen:
     
    Und was kein Verstand der Verständigen sieht,
    Das schaut in Einfalt ein kindlich Gemüth!«
     
    »Die Königin hat sich neulich sehr angelegentlich nach Ihrer Tochter erkundigt. Sie wünscht sie einmal zu sehen;« flüsterte die Fürstin im Fortgehen mit holdseliger Herablassung zur Mutter. Sie glaubte in die Erde versinken zu müssen.
    Die Harmonie der Gesellschaft, wenn man die Stille so nennen kann, die vom Eindruck der Nachricht hier noch herrschte, ward durch häßliche Kinderstimmen in der Nebenstube unterbrochen, und als Charlotte plötzlich in ein heulendes Geschrei ausbrach, stürzte die Gesellschaft dahin.
    Der Rath und der Major, die nicht für Familienangelegenheiten gestimmt waren, ergriffen die Gelegenheit sich zu entfernen. Auf der Treppe sagte Fuchsius: »Der Frömmigkeit der Gargazin wäre es genehm, wenn ganz Deutschland in Brand und Flammen aufginge.«
    »Damit Rußland es erlösen kann!« setzte der Major hinzu. »Es fragt sich da eben nur, wo die Scylla und wo die Charybdis ist.«
    Das Familienereigniß, welches den Aufstand verursachte, war auch für die näher Angehörigen kein eben interessantes. Die Lupinus'schen Kinder, bei der Aufmerksamkeit, welche Prinz Louis und die Retter verursachten, sich selbst überlassen, waren über die Reste des Chocoladentisches hergefallen. Knabe und Mädchen hatten um die Wette »gestopft«, um die Zeit zu nutzen, wo man sie nicht beobachtete, und Fritz es angemessen gefunden, auf die Chololade und das viele Zuckergebäck einige Gläser süßen Weines zu gießen. Mit der Schilderung der Wirkungen, die sich hier zeigten, verschonen wir unsere Leser. Charlottens Aufschrei galt dem traurigen Anblick, den Malwine verursachte, die leichenblaß mit blauen Lippen, gläsernen Augen und krampfhaften Bewegungen auf dem Stuhle lag. Fritz saß, als die andern eintraten, noch wie ein Kobold auf dem Tisch, und machte den Versuch, mit grinsendem Gesichte aus der Flasche, die er in der Hand hielt, das Glas in der andern zu füllen, was ihm aber nicht gelingen wollte. Der süße Wein floß auf die Dielen. Was

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