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Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht

Titel: Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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Dienstboten unter die Erde zu bringen, und seine eigne Herrschaft! Das wird Ihnen Gott lohnen. Darüber ist auch nur eine Stimme in der Stadt. Und meine Cousine, die Frau Hoflackir, sagt, solch einen Sarg und von so schönem fettem Eichenholz, hat sie nicht gesehen, als ihr Mann seine Alte begrub, und das war ihr Glück, und ihr Mann versteht's; wenn der den Beutel aufthut, dann hält er nicht den Finger drauf. Aber der Silberbeschlag! Nein, Frau Geheimräthin, das ist es gar nicht. Was ist Silber? Unter der Erde rostet's, wir rosten Alle. Aber die Blumen, nein du mein Himmel Jesus nein. Wie ein Purpurri 'rüber geschüttet, wie ich da in den Hausflur trat, es knickte mir in die Knie, und ich wollt's nicht glauben, und die Menschheit! Vom Gensd'armenmarkt, vom Fürstenhause her, die Polizei konnte gar nicht durch, daß die Leichenträger nur Platz hatten. Und da war doch nur eine Empfindung.«
    »Er war ein treuer Diener, und wir sind alle Menschen.«
    »Aber doch mit Unterschied, Frau Geheimräthin. Und den Kranz von weißen Rosen, den Sie auf seine Todtenlocke gedrückt, und sein bleiches Antlitz! Er war mein Cousin, schluchzte ich, und meine Cousine, die Frau Hoflackir, sprach: Ja das Leben ist doch schön! Nein, Frau Geheimräthin, und wenn Sie mich eine schlechte Person nennen, Sie haben ihn sterben lassen, daß Mancher sagen möchte, so möchte ich auch sterben.«
    Wenn eine Emotion sich in dem halb geschlossenen Auge der Geheimräthin kund geben wollte, so bemerkte es Niemand, Charlotte am wenigsten, denn helle Trompetenstöße lockten jetzt aufs Neue und unwiderstehlich an die Fenster. Jeder stürzte dahin, wo er Platz fand; Charlotte hatte einen, der ihr wohl nicht zukam, eingenommen, Arm in Arm mit der Baronin Eitelbach. Keine sah die Andere, keine gab auf die andere Acht.
    »Ach da reitet er!« rief Charlotte, den Blick auf eine Schwadron der Gensd'armen gerichtet, die um die Ecke schwenkte. Sie gab den durchmarschirenden Dragonern nur das Geleit.
    »Ach da reitet er!« tobte es in einer Brust neben ihr, ohne daß die Lippen sich bewegten.
    »Nein! wie viel schöner sehen doch unsre aus, als die Dragoner!«
    Wunderbare Sympathie! Dasselbe dachte die Baronin.
    »Wem gilt dieser Jubel?« fragte am andern Fenster die Fürstin. »Den neuen Uniformen, Erlaucht,« flüsterte Jemand hinter ihr. »Die bleiben in Berlin?« »Es wäre schade, sie dem Herbstwetter auszusetzen.« »Aber die armen maroden Truppen, die ins Feld müssen, werden es übel nehmen.« »Erlaucht! Das Futter fürs Pulver darf nichts übel nehmen.«
    Plötzlich stieß Charlotte die Nachbarin in ihrer heftigen Bewegung fast zurück: »Er streicht sich den Bart; das gilt mir: ja, ja, ich seh's,« und damit er's wieder sähe, bog sie sich hinaus. Malwine und Fritz waren dafür gestoßen worden. Es war nicht nöthig, daß sie das Umschlagetuch sich abgerissen, der Wachtmeister ritt schon unter dem Fenster, und warf ihr Kusshände zu. Und wie keck schmunzelnd er wieder den Bart strich!
    Die Baronin sah auch etwas, aber – sie ward blaß. Er strich nicht den Bart, nein; aber als er hinaufgeblickt, ihre Augen ihn getroffen, wandte er plötzlich den Kopf. Er setzte die Sporen ein und war zur Generalität geflogen. Sie sah ihn im Gedränge nicht wieder. »Ist Ihnen unpässlich, meine Gnädige?« fragte der Legationsrath, der, jetzt erst eingetreten, die Dame nach einem Stuhl führte. »Es wird bald vorüber gehen.«
    »So ist es recht. Weinen Sie sich aus. Verhaltener Kummer ist für Seele und Leib gefährlich.«
    Die Eitelbach hatte Zeit sich auszuweinen; bis auf die Kinder, welche die Einladung an den Chokoladentisch nicht umsonst vernommen, war kein lebendes Auge im Zimmer. Alle auf das Schauspiel draußen gerichtet. Prinz Louis selbst ritt vorüber, der Jubel hatte seinen Gipfelpunkt erreicht, und brach doch immer wieder von neuem aus. Tücher, Hüte, Mützen flogen. Es wollte nicht enden.
    »Der Krieg ist ja noch nicht erklärt,« flüsterte der Legationsrath; »die Garde bleibt jedenfalls noch in Berlin, wenn Ihr empfindsames Herz vielleicht für einen dieser tapfern Krieger Besorgniß hegt.«
    Die Baronin sprach es nur für sich: »Er sieht mich ja nicht an.« Sie bereute schon den Selbstverrath, als ihr Blick auf das verwunderte Gesicht des Legationsrathes fiel. Er rückte einen Stuhl heran.
    »Theuerste Frau,« hub er nach einer Pause an, »erlauben Sie ein Wort des Vertrauens. Sie waren so gütig, mir jüngsthin Ihres zu schenken, und es ruht

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