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Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht

Titel: Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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zu gönnen!«
    Als der Beamte die Hand vorm Gesicht, um die Sonnenstrahlen abzuhalten, den jungen Mann erkannt hatte, machte er eine lebhafte Bewegung. »Aber war ich denn blind!« Fast schien es, als wollte er ihn umarmen. »Herr Jemine, und das war Ihr Bekannter!« rief der Ober-Kastellan, um ihm doch einen Titel zu geben.
    Herr Nähtebusch winkte und rief umsonst; der Major hörte nicht, oder wollte nicht mehr hören, und es wäre zuviel vom Ober-Kastellan verlangt gewesen, ihm nachzulaufen. Er hatte eine Konstitution, die das nicht ertrug, und er kam aus der Stadt! Was das sagen wollte, werden wir hören. Nicht der Aerger hatte sein Gesicht geröthet; es war die Freude, vielleicht auch der Wein. Herr Nähtebusch hielt auf Konnexionen. Sollte die Fama, die ihm nachsagte, daß er ihnen seinen Posten verdankte, jetzt von ihm sagen, daß er einen Bekannten vom Sohne des reichen van Asten fortgewiesen wie einen Vagabunden? Einigermaßen beruhigte es ihn, als er erfuhr, daß Walter den alten Offizier hier zum ersten Mal gesehen, es beruhigte ihn aber wieder nicht, daß Walter ihn nicht kannte, nicht einmal seinen Namen wusste, daß er aber vermuthete, er sei ein ausgezeichneter Offizier gewesen. Aber wieder beruhigte es ihn, daß er pensionirt sei. Ein Pensionirter hat selten noch viel Konnexionen!
    Herr Nähtebusch trocknete jetzt den Schweiß von seiner Stirn und athmete auf: »Lieber Herr Pathe, lassen Sie sich das eine Warnung sein. Man muß sich mit Niemandem in ein Gespräch einlassen, den man nicht kennt. Man weiß nicht, in welche Verlegenheiten es uns nachher bringt, und junge Leute, erlauben Sie mir's zu sagen, schließen gar zu gern ihr Herz auf.«
    Man sah's dem Herrn Ober-Kastellan an, daß er das Bedürfniß fühlte, auch seines aufzuschließen; ja, er war in der Stadt gewesen, im Schlosse, man hatte ihn an die Thür gelassen, als die hohen Herrschaften speisten. »Nicht Jeder hatte das Glück gehabt,« sagte er mit einer stillzufriedenen Miene. Er hatte sie essen gesehen. Nach Tische, als der König mit dem Kaiser Arm in Arm umherging, und dieser vor Huld und Güte gegen Jeden strahlte, hatte der König ihn, den Glücklichen, dem Erhabenen vorgestellt. Denn war es das nicht, als er sagte: »Und das ist der Mann, der in Sanssouei zur Ordnung sieht!« Alexander hatte darauf etwas französisch erwidert, was, hatte Herr Nähtebusch nicht verstanden, aber es war gewiß etwas sehr Gnädiges; die Melodie der Worte summte ihm noch in den Ohren.
    Aufmerksamer hatte Walter dem Schluß der Mittheilungen zugehört. Herr Nähtebusch sprach viel. Wem verdanken Gesandte oft ihre wichtigsten Nachrichten? Nicht Räthen und Ministern, dem feinen Ohr der Kammerdiener.
    »Sie glauben also, es ist Alles regulirt und abgeschlossen?«
    »Alles!« entgegnete Herr Nähtebusch, und um sich vollständig zu erholen, nahm er eine lange Prise. »Bis aufs Kleinste. Morgen in der Vormittagsstunde fahren die hohen Herrschaften nach Berlin zurück in einem Ensemble. Im Rittersaal ist große Tafel. Wissen Sie wohl, es wird vom goldenen Service gespeist. Das kommt aber erst nachher in die Zeitungen. Abends besuchen Höchstdieselben im Nationaltheater die Vorstellung der Oper Armida. Bei ihrem Eintritt in die Mittelloge werden Höchstsie durch einen Tusch von Trompeten und Pauken aus den Balkonlogen begrüßt, und das ganze Publikum erhebt sich mit einem Vivat, das nicht enden will. Dasselbe wiederholt sich beim Schluß der Oper. Folgenden Tages ist große Wachtparade auf dem Lustgarten. Alsdann besehen Majestäten in zwei achtspännigen Equipagen die Stadt. Mittags ist Diner beim Prinzen Ferdinand in Bellevue. Eine Denkmünze auf die glorwürdige Zusammenkunft ist bereits unter dem Prägestock. Der Medailleur, Herr Loos, ist der Verfertiger, und wenn ich übermorgen in die Stadt komme, hat er versprochen, sie mir zu zeigen. Aber das, lieber Pathe, bleibt unter uns.« Sie waren dabei auf der Terrasse auf und ab gegangen. »Und nach dem Diner bei Prinz Ferdinand?«
    »Reisen Seine Majestät Kaiser Alexander ab. Die Pferde sind schon bestellt.«
    »Und weiter nichts?« Mit einem ungemein schlauen Lächeln klopfte Herr Nähtebusch auf seine Dose: »Man spricht auch noch von einer kleinen Attrape.«
    »Einer kleinen –«
    »Wie man's nehmen will! Wenn Majestät der Kaiser auf nächster Station, man sagt in Vogelsdorf, eine Erfrischung fordern, wird's im Kruge heißen: die Leute sind alle auf dem Felde und im Stalle. Der Kaiser wird sich dann

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