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Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht

Titel: Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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Stimmung.«
    »Dürfte ich Ihnen den Brief zeigen! Bonaparte hat ihn empfangen nicht wie einen Abgesandten, sondern wie einen alten lieben Bekannten, den er endlich von Angesicht zu Angesicht sieht. Er saß auf dem Sopha und las. Was denken Sie? Den Ossian. Nachdem er Lombard die Hand gereicht, recitirte er ihm eine Stelle voll der tiefsten Empfindung für Menschenwohl. Er fragte ihn, ob er Ossians Gefühle theile? Lombard war nicht ganz vertraut, da las er ihm selbst die Scene vor, wo Malvine im Mondenschein über das Schlachtfeld eilt, und süße Betrachtungen ausgießt darüber, daß Mord und Schlachten die Geschicke der Menschheit reguliren. Bonaparte schlug das Buch zu und wandte sich schnell ab, um seine eigene Bewegung zu verbergen. Und diesen Mann gefallen sich unsere Fanatiker einen Blutmenschen zu nennen! Wer gebietet der Parteienwuth! Das warf auch Bonaparte im Gespräch hin. Sire, erwiderte Lombard, Europa kennt den Sieger des 18ten Brumaire. Der Kaiser schüttelte mit gesenktem Blick den Kopf: Ach, das war für die Straßen von Paris, für Frankreich vielleicht, aber der Genius muß noch geboren werden, der Europa wieder in seine Fugen richtet. Lombard citirte eine Stelle aus einer Schrift des jungen Ancillon. Napoleon schien sie zu kennen, aber mit einem schlauen Augenaufschlag fiel er ein: Mich dünkt, der Sinn ist weit schlagender in den Worten ausgedrückt, – Und was citirte er? Eine Stelle aus einem von Lombards Trait
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    »Sollte Bonaparte Lombards Schriften gelesen haben?« rief der junge Rath mit einem ungläubigen Lächeln.
    »Dieselbe Frage stellte Lombard, natürlich nur mit andern Worten, und sein Gesicht mag auch dabei geglänzt haben, denn, wir wollen es nicht leugnen, er ist etwas eitel. Eitel sind wir Alle, lieber Fuchsius. Napoleon sah ihn mit seinen schönen klugen Augen vielsagend an, und griff dann nach einem Buche, das neben ihm auf dem Tische lag. Es war Pariser Druck und Band, Sie werden es sehen. Kaum, daß er darin geblättert, schlug er eine Seite auf und reichte sie dem Gesandten. Es war Lombards Dictum. Unverdiente Ehre, wenn mich ein französischer Schrifsteller citirt hat. – Sie sind es ja selbst, lächelte Napoleon und wies ihn auf den Titel. Kurzum, es waren Lombards Trait
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s, in einer Pariser Ausgabe, prachtvoll gedruckt. Und mit einem Wort, es kam heraus: Der Kaiser hat Lombards Abhandlungen, weil sie ihm so sehr zusagen, in einer Prachtausgabe für sich und seine vertrauten Freunde drucken lassen. Napoleon Bonaparte, sage ich Ihnen, der Genius des Jahrhunderts, kann sich von Lombards Schriften nicht trennen, er führt sie mit sich in seinem Feld-Necessaire, er blättert täglich, er findet Zerstreuung, Erholung, Erquickung darin, wenn die Sorgen ihn drücken. Mit französischer Artigkeit bat er ihn um Entschuldigung wegen des Nachdrucks, den er in seinem Reiche streng bestrafen würde, denn jeder Arbeiter müsse die Früchte seiner Arbeit genießen können. Aber die deutsche Typographie sei noch so weit zurück, es thue seinen Augen wehe, einen schönen Gedanken grob auf deutschem Papier zu sehen. Ach, fügte er hinzu, was könnte aus Deutschland, ich meine aus Ihrem Preußen werden, wenn ein Genius die Industrie belebte! Lombard erwiderte in galanter Weise die Artigkeit: er fühle sich in seinem Interesse durch den Nachdruck so lädirt, daß er auf eine große Entschädigung Anspruch mache. Er fordere nicht weniger als das Exemplar, welches durch des Kaisers Hand geweiht sei. Ich gebe es ungern, es ist mir lieb geworden, sagte der Kaiser, aber Sie sind im Recht, und nun ist es nicht mehr meines. Er hatte rasch seinen Namen mit einer verbindlichen Zeile hinein geschrieben.«
    Der Geheimrath war nach dem verschlossenen Schrank geeilt, von wo er einen in saubere Hüllen verschlossenen Band holte, und auf dem Tische enthüllte: »Lombard hat ihn voraus geschickt. Doch das ist nur für uns. Um Himmels Willen davon keine Mittheilungen. – Da ist sein Name. Schöne, feste Züge, der Charakter des Genius.
Ex ungue leonem.
– Hier ist auch mein Bericht, den Lombard die Güte hatte in seinem Traité aufzunehmen, mit abgedruckt.«
    Der Geheimrath umhüllte das Buch wieder mit einer Geschickslichkeit, die einem Buchbinder Ehre gemacht, und stellte es auf einen Ort zurück: »Was sagen Sie nun. Ist der Mann, wie seine enragirten Feinde ihn uns darstellen wollen?«
    »Das sind allerdings überraschende Kombinationen.«
    »Sie haben an eine Atrappe gedacht. Sehen Sie,

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