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Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht

Titel: Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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Kanonen getrieben werden. Darum ist sein Grimm gegen Pitt und die Andern unbeschreiblich. Wenn ihm die Landung gelänge, wenn er England seinen Degen ins Herz bohrte, so würde er vielleicht der Blutmensch, den man aus ihm macht. Aber seine Vernunft regelt seine Begierden. Seine Pläne sind andre. Könnte er den ganzen Kontinent mit einem Netz gegen die fremde Waare umspannen, daß kein Ballen ihrer Manufacte eindringt, könnte er den Gewerbfleiß unter den Kontinentalen anstacheln, daß wir gezwungen würden für uns selbst zu erfinden und zu schaffen, könnte er die Brtten aushungern, daß sie sich den Tod essen an ihren Schlauderwaaren, dann hätte er gesiegt, wie er wünscht, nicht für sich, für die ganze europäische Menschheit. Dann würde wir alle reiche, glückliche, selbstständige Völker. Aber er allein, ein wie großes Genie auch, kann das nicht. Er braucht einen Bundesgenossen. Rußland kann es nicht sein, Oesterreich ist des Gedankens nicht fähig, Preußen allein steht auf der Höhe der Civilisation und Intelligenz, mit Preußen Hand in Hand könnte er den Weltgedanken ausführen. Begreifen Sie nun, warum es in seinem Interesse ist mit uns Freund zu bleiben?«
    »Lombard hat die Propositionen zur Alliance vermuthlich schon in der Tasche?«
    »Bonaparte kennt uns, und darum giebt er fast die Hoffnung auf. Er kennt die Hindernisse. Ich versichere Sie, mit erschreckender Genauigkeit kennt er die Coterien an unserem Hofe, er weiß, was bei der Radziwill, in den Kreisen der Prinzeß Wilhelm über ihn gesprochen, wie er titulirt wird. Er weiß die Ausdrücke, das Treiben in den Umgebungen des Prinzen Louis Ferdinand auf ein Haar, ja er liest die Gedanken, die der Prinz unterdrücken muß. Die Discourse in unsern Wachtstuben, die freien Unterhaltungen unsrer Garde du Corps liegen aufgezeichnet in seinen Akten. Soll ihm das Vertrauen und Hoffnung auf uns einflößen?«
    Der Rath war ernsthaft geworden. »Das ist schlimm. Man sagt, seine Spione kosten ihm viel. Preußen soll ihm überhaupt viel kosten, und das ist noch schlimmer.«
    »Ich sage Ihnen, jene Phantasten und Gelehrten sind Bagatell; diese sogenannte Kriegspartei aber wird uns ruiniren. Die bohrt und drängt und stürmt, bis ein Mal der Widerstand der wahren Staatsmänner zu schwach wird, und das gute Herz des Königs nachgiebt.«

    »Und wir ständen allein,« fiel der Rath ein.
    »
Prenez garde, mon cher,
das auszusprechen. Man muß diesen Fanatikern gegenüber vorsichtig sein. Es freut mich, daß Sie den Wahn nicht theilen, als wären wir allein stark genug, gegen den Strom zu schwimmen. Doch besser, daß man dies für sich behält. Um so mehr, als, denken Sie, auch Napoleon zweifelt. Wie hübsch er das auffasst. Ich bin ja nicht so thöricht, sagte er zu Lombard, um nicht zu wissen, daß, wenn Preußen bei Valmy, Pirmasens, wenn es am Rhein ernstlich gewollt hätte, Frankreich nicht mein Frankreich, und ich nicht ich wäre. Das ist nun allerdings zu viel Artigkeit, indessen ersehen Sie daraus, wie hoch er auch unsre Armee schätzt. Ich weiß, sagte er, Ihres Königs Herz schlägt für Menschen- und Völkerglück, wie nur meines, aber ich würdige vollkommen seine Lage, er ist jung, befangen, zu gewissenhaft, er weiß sich nicht zu helfen zwischen den guten und bösen Rathgebern. Zu viel Blutsbande verknüpfen ihn mit den Ungestümen, Rasenden, und man kann sich keines Augenblicks versehen, daß nicht eine Mine auffliegt und die Feinde der Humanität siegen.«
    »Und wird Mortier Hannover räumen?« fragte der Rath mit scharfer Betonung. »Wird die Sperrung der Weser- und Elbemündungen, worauf Preußen bestehen muß, aufgehoben werden? Unser Handel geht zu Grunde, wenn das nicht geschieht. Das ist schlimm, aber es giebt Schimmeres. Wir verfeinden uns England. Das ist aber noch nicht das Schlimmste. Ganz Deutschland blickt sehnsüchtig und erwartend auf Preußen, als die einzige Macht, die ungebrochen da steht, frei noch von Frankreichs Einfluß, als die einzige Macht, welche die Ehre des Vaterlandes retten, der übermüthigen Gewaltthat eine Schranke entgegensetzen kann. Wenn wir diese Aufgabe nicht erfüllen, nicht rettend einschreiten, attestiren wir unsere Ohnmacht, und wir laden die Schmach auf uns, daß eine Koalition fremder Mächte, die nicht ausbleiben kann, diese Aufgabe übernimmt. Ich wiederhole nur, was die Tausende täglich sagen, die man Biedermänner nennt, mich selbst, wie sich versteht, jedes Urtheils begebend.«
    »So!« sagte

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