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Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht

Titel: Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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machen,« sprach Büsching. »Darüber hab' ich mich keinen Augenblick getäuscht. Aber das dürfen wir um Gottes Willen nicht sagen. Hingenommen das Gold, und einen Heiligenschein daraus geschlagen. Zum Zweck ist's dasselbe.« »Es wird mit dem Schein manches Heiligen nicht besser sein,« assentirte Köls. »Was meinen Sie, Gerresheim?«
    »Weiß der Geier, in der Frau ist etwas, was mich anzieht, und abstößt. Als ob ihr Auge mich aushöhlen wollte und ich fühle mich gedrungen, dann immer tiefer hineinzusehen, um sie wieder auszuholen.« »Ei, ei, Gerresheim, doch nicht wieder verliebt?« »Das wäre denn nur wie der Inquirent in seinen Inkulpaten, den er zum Geständniß bringen will. Ich kann die Vorstellung nicht los werden, daß ich die Frau einmal vor mir sitzen hätte am grünen Tisch, in einem Glorienschein von erhabener Tugend und philosophischer Resignation. Da steht mir der kalte Schweiß auf der Stirn, wie sie auf meine Fragen antwortet. Sie redet sich aus und in mich drein, daß ich an mir irre werde. Glauben Sie mir, das könnte die Frau in solcher Lage, mit ihrem züngelnden Blicke, voll Sanftmuth und doch in die Seele bohrend, mit ihrem feinen Lächeln, mit der unendlichen Milde, die um ihre blassen Todtenlippen schwebt Sie bedauert mich, sich, die ganze Welt, und Gott weiß was hinter dem Bedauern lauert, Hohn und Haß, Gift und Tod.« »Gerresheim, ich bitte Sie, ein Mann wie Sie, ein Richter, Kriminalist, und solche Phantasieen!« »Ich weiß es, es ist unrecht, aber wer kann dafür! Sie ist die reputabelste Frau in Berlin, und doch –« »Was steckt dahinter?« »Nichts weiter, Büsching, als die Warnung, daß man die Leute nicht zu klug werden lassen darf. Stellen Sie sich das Elend vor, wenn jeder Dieb so fein, gewitzigt, gelehrt und gebildet wäre wie die Geheimräthin Lupinus! Da möchte der Teufel Richter bleiben.«
    Während dieses Gesprächs stand Diejenige, von welcher die Rede war, am Fenster und hatte der fortrollenden Kutsche nachgesehen. Das Fenster war geschlossen und die Scheiben belegten sich vom Hauche ihres Mundes. Sie konnte nichts mehr sehen, und nach den Gesetzen der Natur, die wir kennen, nichts hören, als das Fortrollen der Räder. Wer aber ihr Physiognomiespiel beobachtet, hätte glauben mögen, daß sie das Gespräch im Wagen angehört. In ihren Augen stand geschrieben: ich weiß, was Ihr über mich denkt! Ich kann's nicht ändern, aber Ihr könnt und sollt mich nicht anders machen als ich bin. Dann flog ein eigenthümliches Lächeln über die Lippen, welche die Magistratsperson so treffend gemalt hatte.
    »Der Herr Legationsrath von Wandel lassen ihren Respekt vermelden!« sprach der eintretende Diener, nachdem ein Zug an der Thürglocke sie aus ihren Gedanken aufgeschreckt.
    »Ich lasse dem Herrn Legationsrath für seine unerwartete Attention danken.«
    Der Bediente ging aber noch nicht, obgleich die Dienerschaft gewöhnt worden zu schweigen, wenn die Geheimräthin mit einer ihrer scharfen Bemerkung eine Rede abschnitt. Es hatte sich manches in dem Hause verändert, die Geheimräthin schnitt viel öfter, rascher die Reden ab; sie sprach am liebsten mit sich, und man sah ihr an, daß sie in der Unterhaltung den mit ihr Redenden nur äußerlich Aufmerksamkeit schenkte, während ihre Gedanken andere Wege gingen.
    »Ist's noch etwas, Heinrich?« fragte sie, als der Bediente nicht ging. Er hieß eigentlich Johann, hatte aber beim Eintritt in den Dienst diesen Namen ablegen müssen.
    »Herr Legationsrath –« sagte der Bediente und stockte vor dem Blick der Geheimräthin.
    »Hat mir seinen Respekt durch seinen Bedienten vermelden lassen,« wiederholte sie rasch. »Weiter hat Er mir doch nichts zu sagen?«
    »Sie lassen der Frau Geheimräthin sagen, Frau Geheimräthin möchten doch heute Abend ja nicht versäumen in die Komödie zu kommen. Es wäre nämlich was los. Es wäre nicht um der Komödianten willen, sagte der Mensch, sondern weil die Herren Garde du Corps und von den Gensd'armen die Logen gemiethet, und man wüsste nicht, was draus werden könnte. Frau Geheimräthin möchten aber ja nichts zu Andern von sagen, denn es sollte es nicht Jeder wissen.«
    »Das sagte Ihm alles der Mensch? Vermuthlich schrie er es Ihm von der Treppe zu.«
    »Nein, Frau Geheimräthin, der Mensch des Herrn Legationsraths waren nur sehr eilig, weil er's noch vielen ansagen sollte. Sie standen Alle auf einer Liste. Darum –«
    Die Geheimräthin schnitt diesmal das Gespräch nicht durch ein

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