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Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht

Titel: Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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aus der wunden Brust, ein heißer Strom, vorbrechen wollten, gerannen durch die Eiskälte der Rede zu Eis: »Sie haben mir erklärt, warum die Bande, welche Sie an mich fesseln, von Ihnen nicht gelöst werden können, Frau Geheimräthin; aber warum ich sie nicht lösen darf, wenn ich weiß, daß meine Gegenwart für Sie eine störende ist –«
    »Das habe ich Dir allerdings nicht gesagt,« fiel die Lupinus ein, »weil ich es nicht für nöthig hielt. Die Sache ist so einfach. Kann man Liebe erzwingen? Du liebst mich nicht und hast mich nie geliebt. Das glänzende Leben in meinem Hause ist Dir nicht mehr neu, oder nicht mehr glänzend; es zieht Dich nicht mehr an. Die Huldigungen, die Du empfängst, würden Dir auch sonst wo nicht entgehen. Hättest Du Dich klug von Anfang an benommen, so wäre Deine Stellung jetzt gesichert, vielleicht eine so glänzende, daß Du auf Die mit stillem Mitleid herabsehen könntest, die Du noch jetzt so gütig bist, Deine Wohlthäterin zu nennen. Dein übler Stern hat es anders gewollt. Du folgtest einer sentimentalen Regung, und aus einem Gefühl, das Du Dankbarkeit nennst, gabst Du Dich dem Manne zu eigen, an den Dich eine doppelte Täuschung knüpft. Du glaubst ihm Deine geistige Ausbildung zu verdanken, und Du glaubst ihn zu lieben. Mein Kind, wer der Dankbarkeit huldigt, ist schon verloren; die Undankbaren sind die Glücklichsten, weil sie die Freiesten sind. Gutes thun ist nichts als eine Berechnung; die Einen thun es, um einst im Himmel belohnt zu werden, die Anderen, um hier einen Vortheil zu haben, mit einem kleinen Einsatz spekuliren sie auf einen großen Treffer. Auch sie sind Thoren! Sie täuschen sich immer in dieser Berechnung; wenn die Undankbarkeit des Geschöpfes sie längst belehrt haben sollte, hegen sie dafür noch immer ein Interesse und meinen in einer Art stillen Wahnsinns, ihr Geschöpf werde doch noch einmal in sich gehen, und es ihnen lohnen, was sie dafür gethan.«
    Die Geheimräthin hielt einen Augenblick inne, es schien, als wolle sie sich an der Wirkung ihrer Rede erfreuen; aber Adelheid stand wie ein Steinbild vor ihr. Darauf hatte sie nichts zu sagen Dann fuhr sie fort: »Ueber diese Illusion, mein Kind, bin ich wenigstens hinaus. Auch Du stehst auf einem Wendepunkt. Du bist selbst so klug, daß Du fühlst, wie Dein Herr van Asten eben nur that, was ein geschickter Lehrer soll, den man dafür bezahlt. Er erkannte Dein Talent, und führte Dich auf den rechten Weg. Du hättest ihn, auch ohne Walter, vielleicht später, vielleicht besser gefunden. Deine Bildung ist nicht sein Werk, und noch weniger bist Du sein Geschöpf. Das siehst Du jetzt mit jedem Tage mehr ein, und um deswillen fängst Du Dich an zu schämen über das Uebermaß von Dankbarkeit, mit dem Du Dich ihm in die Arme warfst. Du liebst ihn auch nicht. Das aber gestehest Du Dir noch nicht ein, und lullst Dich vielmehr immer tiefer in die Selbsttäuschung, daß Du ihn lieben müsstest. Etwas Berechnung ist indeß auch dabei. Du möchtest gern von mir loskommen, aber zu Deinen Eltern willst Du auch nicht zurück. In der vornehmeren Stellung, in welche sie gerückt sind, und welche Dir allenfalls den äußern Glanz bietet, an dem Du Dich nun gewöhnt hast, würdest Du Dich noch weniger behagen; ihre neuen Kräfte sprechen Dein ästhetisches Gefühl nicht an. Du bemerkst vielleicht schon manches, Lächerliche in den Prätensionen, die sie machen. Als gutes Kind giebst Du Dir Mühe diese Regung zu unterdrücken, aber Du würdest sehr unglücklich sein, sowohl in den alten beschränkten Verhältnissen, als in den ausstaffirten neuen. Um aus diesem Dilemma zu kommen, von mir los, und nicht zu Deinen Eltern zurück, drängt es Dich, und Du drängst vielleicht auch ihn, daß Walter eine Stellung bekomme, wo er Dich heirathen kann. Mit einer fieberhaften Angst hast Du Dich auf dies Thema geworfen, und machst ihm immer neue Vorschläge, wie er es anfangen soll. Du quälst Dich, ihn, Deine Eltern, seinen Vater, uns Alle. Das weißt Du auch recht gut, denn Du weißt, daß Walter an ganz Anderes denkt. als an Dich und sich, aber Du thust es doch, weil Du in einer Art Fieber bist. Du betrachtest es als eine Destination, Dich als ein Opferlamm, und mit allerhand hochherzigen Vorspiegelungen schilderst Du dann als ein erhabenes Ziel der Selbstverleugnung, was doch nichts ist, als der Nothhafen, wohin der Schiffer in seiner letzten Verzweiflung steuert. Und wenn Du ihn nun geheirathet hast –«
    »So traue ich

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