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Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht

Titel: Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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aufnähmen. Auch in Sammet und Seide würden sie Dich kleiden, aber nicht aus Liebe zu Dir, nur aus Feindschaft gegen mich, mir einen Possen zu spielen. Nimm Deine ganze Vernunft zusammen, Adelheid. Mir spielten sie den Possen, aber Du müsstest zuletzt doch bezahlen. Wer so oft eine Rolle spielt und mit sich spielen lässt, hat den Kredit verloren.«
    Die Thür klinkte hinter ihr zu. Adelheid stand eine Weile regungslos: »Das Weib! das Weib!« rief sie. »Das Weib vergiftet mich!« und warf sich schluchzend auf das Bett.
     
Neunundvierzigstes Kapitel.
     
Auch Vater und Sohn.
    Wenige Minuten nach dieser Scene erhielt Walter van Asten ein Billet von seiner Braut, so geeignet ihn aus seiner Ruhe aufzureißen, als es von Adelheids äußerster Unruhe Zeugniß ablegte. Er erkannte in den wild hingesprühten Worten seine besonnene, klare Freundin nicht wieder. Er verstand das ganze Bittet nicht, denn zu Anfang sprach es von einem Abgrunde, an dem sie schaudernd stünde, sie strecke vergebens die Arme nach Hülfe aus, dann entzifferte er in den von Thränen ausgelöschten Worten, daß er sie retten könne, aber die Schlußworte widerriefen das Vorangehende. Sie sei in einem Fieberzustand, er möge nicht auf sie hören, sie lassen wo sie sei, sich selbst ihrem Schicksal überlassen. Wenn sie unterginge, sei es vielleicht das Beste für ihn und sie. Gewiß, gewiß, sie werde sich auch dann erholen, die Geheimräthin habe sie nur prüfen wollen, hinter dieser Medusenmaske schlüge vielleicht ein gefühlvolles Herz. Sie drang in ihn endlich, nicht zu kommen, sich durch nichts stören zu lassen, was er höre. –
    Wenn sie das gewollt, warum nur die Nachschrift? Warum hatte sie den Brief nicht zerrissen, einen neuen geschrieben, oder die Absendung ganz unterlassen? Sie befand sich also in einer Aufregung, welche ihr die Besinnung geraubt, und in diesem Zustande hatte ihr Herz nach ihm verlangt. An ihn hatte sie zuerst gedacht, als sie nach Rettung aufschrie. Die Resignation war erst nachher gekommen. Er war aufgesprungen, sein Entschluß gefasst, nur ihrem ersten Willen zu gehorchen, und eben hatte er den Ueberrock vom Nagel gerissen, als ein zweites Billet von unbekannter Hand ihm überbracht ward. Der Bote war verschwunden, das Wirthsmädchen hatte nicht nach dem Absender gefragt, und der unterzeichnete Name, als er es aufgerissen, war ihm fremd. Jemand, der sich einen Sekretär des neuen Ministers nannte, forderte ihn auf, sich morgen in einer Frühstunde bei demselben melden zu lassen, indem Se. Excellenz ihn kennen zu lernen wünsche. Auch hier ein Postscript des Inhalts, daß der Minister bereit sei, ihn schon heute Nachmittag zu empfangen. Die Stunde war benannt, und Walter hätte eben nur Zeit gehabt, seine Toilette darnach einzurichten, wenn er der letztern Weisung, die fast wie ein Befehl klang, Folge leisten wollen.
    Was wollte der Minister von ihm? – Natürlich! er hatte seine Schrift gelesen, seine Ansichten hatten ihn angesprochen, er wollte mit dem Verfasser – »Endlich!« brach es von seinen Lippen, und seine Stirn klärte sich auf, aber der Glanz verschwand schnell wieder. Nach so vielen Enttäuschungen vielleicht eine neue! Hatte ihm nicht ein ängstlicher Freund aus der Schulzeit zugeflüstert, daß er aus höheren Kreisen gehört, wie man seine Vorschläge für naseweis halte, daß seine Anmaßung eigentlich eine Rüge verdiene? Und bedurfte es für ihn solcher Zuflüsterung, nach der eigenen Erfahrung, die er bei einem befreundeten Minister gemacht? Zwar, nach seinem Ruf im Publikum, war er den neuen Ideen zugänglich, er hege selbst großartige Pläne, aber er sei eigensinnig, hieß es, dringe damit nicht durch, darum verdrießlich, und jetzt so gut wie ohne Einfluß. Auch er mochte ihn nur warnen wollen. Aus dem Zweifel, ob er den Ueberrock oder den Frack anziehen solle, riß ihn ein neues Klopfen, eine neue Ueberraschung Sein Vater trat in die Stube. Er war noch nie hier gewesen, aber auf seinem Gesicht ersah man nichts von der Verwunderung, welche sich auf dem des Sohnes ausdrückte, weder eine freudige, noch eine betrübte. Er reichte dem jungen Manne die Hand: »Ich muß doch auch mal sehen, wie's Dir geht,« und setzte sich, »wie ermüdet vom Wege, auf einen Sessel.«
    »Ein unerwarteter Besuch, mein Vater.«
    »Da Du nicht zu mir kommst, um zu sehen, wie's bei mir aussieht, muß ich zu Dir kommen, um zu sehen, wie's bei Dir aussieht. Wir kommen ja sonst ganz auseinander.«
    »Das habe ich nie

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