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Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht

Titel: Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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Trommelwirbel, das erste Pfeifen der Kugeln. Es waren viele schöne Augen in den Logen, und viele junge Offiziere observirten.
    »Sie schminkt sich aber nie,« sagte ein Kürassier. »Sie ist geschminkt!« rief der Kornet. »Sie ist echauffirt. Sieh doch, wie ihre Arme zittern. Ihre Finger hämmern ja wie im Krampf auf die Brüstung.« »Ihre gelben Locken fangen schon an wie Bindfaden runter zu hängen. Ist das etwa auch ein Beweis, daß sie nicht geschminkt ist?« Der Andre observirte schärfer mit dem Ausruf: »Donnerwetter, sollte ich mich irren! Sie changirt nicht Farbe, und doch zuckte sie zusammen, als die Lupinus ihr etwas ins Ohr sagte.« »Was gilt die Wette?« wiederholte der Kornet. »Besser, wer entscheidet sie,« fiel der Andre ein, »wer schafft den Beweis?« »Schicken wir eine Untersuchungs-Deputation an sie,« sprach ein Dritter. »Wolfskehl wäre dabei, in den Schminkangelegenheiten hat er gründliche Studien bei Komteß Laura gemacht.« »Stellt Einen Posto,« rief der Kornet, »drüben hin, der sie nicht aus dem Auge lässt, und einen Andern hinter ihr. Wenn die Rührung losgeht, dann Attention! Der drüben, ob's unter dem Auge weiß, der hier, ob das Tuch roth wird.« »Ein trefflicher Operationsplan! Wolfskehls militärisches Genie entwickelt sich immer mehr.« »Am Ende fangen die Weiber gar noch an zu weinen?«
    »Und wozu das Alles,« sagte der Kürassier. »Da müsst Ihr Euch doch den Mund wischen. Die Person hat nun mal was, daß man nicht weiß, was es ist; zudem Beschützer an allen Ecken. Man weiß nicht, wo man anstößt, wenn man zugreift.« »Grad das könnte mich tentiren,« rief der Kornet. »'s ist nur, sie ist nicht nach meinem Gout.« »Wolfskehl liebt nur das Bornirte. Da oben sitzt die Neuste, die er auf den Zug hat.«
    Man schaute nach der Loge im zweiten Range, nicht aber mit Diskretion, wo Walter van Asten hinter seiner Cousine stand.
    »Wer ist denn ihr Beschützer?« »Sieht mir grad aus wie Einer, der Lust hat, sich einen sanften Rippenstoß appliciren zu lassen, wenn ich Lust bekäme, dem Mädel den Arm zu bieten. Wollt Ihr pariren, er dankt mir nachher an der Treppe –« »Wofür?« »Die Ehre, daß ich seinen Schatz geführt. Hol' mich der Geier, er soll's!«
    Der zornfuukelnde Blick eines älteren Offiziers in militärischem Reitüberrock, der mit verschränkten Armen an einem Pfeiler stand, begleitete das »Pst!«, welches er den Schwätzern zurief, ohne seine Stellung zu verlassen. Sie schwiegen unwillkürlich. Nur der Kornet ließ seinen Säbel klirren: »Wer ist denn der Bramarbas?« Beide Begleiter zischten ihm ein bedeutungsvolles »Pst!« in die Ohren. »Mit dem ist nicht gut Kirschen essen!« »Aus der Provinz Einer! So ein Kommandant aus Krähwinkel vielleicht. Soll der sich unterstehen, einem Offizier von der Garde Raison zu lehren?« »Der unterstände sich noch mehr,« flüsterte der Kürassier. »Um Gottes Willen sei still, Fritz, 's ist der Oberst York aus Mittenwalde. Der hat selbst mit dem alten Fritz angebunden.«
    Nicht alle Pulse schlugen gleich.
    »So in sich versunken, Herr Geheimrath?« fragte Herr von Wandel, der in eine nebenstehende Loge trat, den Geheimrath Bovillard, welcher sein Opernglas erhob, um es wieder abzusetzen und mit dem Taschentuch zu wischen.
    »Ich bin nicht disponirt.«
    »Das werden Sie doch nicht zeigen wollen!«
    »Ich zeige mich. Was kann man in meiner Lage Besseres thun.«
    »Sie hatten in letzter Zeit vielen Verdruß? Herr von Fuchsius hat Sie verlassen, sich angeschlängelt an die neu aufgehende Sonne –«
    »Wohl bekomm' es ihm. Wenn die Sonne ein Stein ist, hört sie auf zu glänzen.«
    »Haben Sie Nachricht von Ihrem Herrn Sohn?«
    »Haugwitz hat ihn aus Wien mit einer Depesche um Verhaltungsbefehle hierher geschickt; das wissen wir aus anderer Quelle. Er scheint unterwegs aufgehalten oder aufgefangen zu sein.«
    »Was den Vater allerdings nicht gut disponirt; indeß wird der Sohn des Geheimrath Bovillard vor Napoleons Auge immer Gnade finden.«
    »Auch wenn er von dieser Komödie hört!« sagte Bovillard noch leiser. – »In welchem Winkel mag sich Laforest versteckt haben?«
    »Sie wollen doch nicht das Theater verlassen? – Ich bitte Sie, Geheimrath. Was ist's! Ein bischen Trommeln, Singen und Geschrei werden Sie ertragen können –«
    »Wenn nur nicht da drüben die Lupinus säße! Ich kann das Gesicht nun einmal nicht ausstehen. Ist denn das 'ne Larve oder ein Gesicht? Diese kleinen, feinen, stechenden

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