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Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht

Titel: Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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‹ sein. – Na, wohin denn mit einem Male?«
    »Verzeihen Sie mir, mein Vater, dahin, wo meine Pflicht mich ruft.«
    »Desto besser. Ich begleite Dich. Geht's zur Mamsell Alltag, so bleib' ich vor der Thür, und warte auf Dich. Was gilt die Wette, ich sehe es Dir gleich an den Augen ab, wenn Du runter kommst, ob's oben gut stand oder schlimm.«
    Walter verbiß eine Bemerkung, er fasste des Vaters Hand: »Die Zeit ist nicht zum Scherz angethan. Nicht hier, nicht dort. Wenn das aber, was Sie von der Cousine sagten, Ernst war, so Vater, schnell und deutlich, was hinter diesem Ernste liegt.«
    »Der Ernst, Herr Sohn, daß sie ins Theater will und Du sollst sie begleiten.« Dabei stampfte Herr van Asten wieder den Stock auf die Diele, ein Zeichen, daß es ernster Ernst war. »Und warum? – Bilde Dir nichts ein. Sie macht sich nichts aus Dir. Du sollst sie begleiten, um sie zu beschützen, aus Verwandtschaft und aus sonst was. Sind junge Mädchen nicht neugierig? Werden hübsche Mädchen nicht angegafft? Sind unsere Offiziere nicht nach den Mädchen aus? Sind sie nicht unverschämt im Attacquiren? Und willst Du noch mehr wissen? Ein Kornet, oder ist er jetzt Lieutenant bei den Gensd'armen, ein Herr von Kiekindiewelt, oder wie er heißt, schleicht ihr auf Tritt und Schritt seit letzter Redoute nach. Ein Libertin, ein Taugenichts, ein Verschwender. Minchen ist schüchtern, und hat das Pulver nicht erfunden, das weißt Du auch. Er zieht sie auf, sie weiß nicht zu antworten. Du sollst für sie antworten. Verstehst Du mich? Weißt ja Rath für alles, und wo der Unrath steckt. Nun zeig's mal, nicht mit der Feder, mit dem Maule. Wenn Du spitzig wirft, ist's gut; wenn Du grob wirft, noch besser. 's ist so Einer von denen, die die Beine über die Stuhllehne hängen, und's nicht so genau nehmen, wenn sie einem Bürger auf die Hühneraugen treten. Darum ist es auch für den Bürger gut, wenn er dicke Schuhe trägt. Außerdem hat er sehr viel Geld, also ist er sehr ungeschliffen. Junge, ich bin Dein Vater und verbiete Dir, Dich in Händel einzulassen, Aber wenn Ihr so von ungefähr an einander geriethet, will ich nichts davon wissen. Du hast in Halle eine Klinge geschlagen, in Deinem Stammbuch steht auf jeder Seite ein Kreuz von Hiebern. Außerdem hatte der Herr Schwertfegermeister die Gefälligkeit, seine Rechnung mir nach Berlin zu schicken. Ich erinnere Dich nun nicht daran, daß Du's mir wieder bezahlen sollst, was ich für Dich gezahlt, sondern –«
    Walter lächelte: »Sie besorgen, daß ich in Berlin unter meinen Büchern die Kunst vergaß, die ich in Halle betrieb, die Kunst zu handeln. Ich werde Ihrem Befehl gehorchen und Minchen ins Tbeater begleiten.«
    »Nu begleite ich Dich, wohin Du willst,« sagte vergnügt der Vater. An der Thür hielt er den Sohn beim Rockzipfel: »Walter, 's ist 'ne schlimme Zeit geworden, und sie muß besser werden, oder sie wird noch schlimmer. Sind Die im blauen Rock 'ne andere Rasse Menschen? Stammen nur die Junker von Adam und wir Andern fielen nebenher von der Bank? Jeden Tag wird ihr Uebermuth größer. Darum ein Mal darauf los! Trumpf auf Trumpf. Nicht mit Federkielen, die Feder wird stumpf, je spitzer Ihr schreibt. Sie lesen's nicht, oder sie lachen darüber. Aber –«
    Es blieb ein Gedankenstrich. An der Hausthür setzte er noch etwas hinzu: »Und darum ist's auch gut, daß Friede bleibt. Wenn sie die Franzosen schlagen, dann wär gar nicht mehr mit ihnen auszukommen. Jetzt sprudeln sie vor Uebermuth, aber daß man sie nicht brauchen will, und ohne sie fortzukommen meint, ist ein guter Dämpfer.«
    Der Alte war fort. Als Walter in die Jägerstraße einbog, rollte der Lupinus'sche Wagen heran. An der Seite der Geheimräthin saß Adelheid, geputzt wie ihre Pflegemutter, aber ihre Wangen schienen vor Freude zu glühen, wie er sie nie gesehen. Als die Damen ihn erblickten, lächelte die Geheimräthin ihn schelmisch an, und wandte sich mit einer liebkosenden Bewegung zu ihrer Pflegetochter. Es kam ihm sogar vor, als küssten sie sich; gewiß hörte er, als der Wagen vorüberrollte, ein lautes Gelächter.
    »Was war das!« rief er. »Ein Herz und eine Seele nach diesem Brief! Und sie ruft mich nicht heran, wo sie sehen muß, daß ich zu ihr will.« Er starrte dem Wagen nach, wie in Erwartung, daß er halten, Adelheid sich herausbiegen und ihn rufen werde. Er wartete umsonst. Der Wagen war verschwunden.
    Walter hatte recht gesehen und gehört. Aber man kann als Augenzeuge ein Faktum

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