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Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht

Titel: Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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habe er sich an dem Arm festgehalten und damit durchaus nicht den Rock des Königs attentiren wollen. Die Sache wäre also eine reine Privatsache zwischen dem Kornet und dem Kaufmannssohn, letzterer aber, angesehen, daß in niederländischen Familien, unter dem vorgesetzten van nicht selten alte adlige Abkunft sich cachire, auch der junge Walter nicht erweislich hinter einem Ladentisch stehend gesehen worden, eine Person, von der ein Kavalier, in Anbetracht der Umstände und der Meriten seines Vaters, ohne sich etwas zu vergeben, Satisfaktion fordern möge. Das Zeugniß des Kornets selbst hatte diesen Spruch, an den Niemand vorhin geglaubt, veranlasst. Wer anders als sein Oheim, der Rittmeister, war das bewegende Motiv gewesen!
    »So belohnt sich eine gute That,« raunte ein Freund dem Vater zu.
    »Ein braver Mann, der Rittmeister,« wiederholte der Chor.
    »Na, nu können Sie auch äußerlich lachen, Herr van Asten,« sagte der wieder hinzugetretene Baron – »der Friede, der Schnitt und der Sohn ohne Kriminal und Prison davon gekommen. Was wollen Sie mehr!«
    »Lache ich denn nicht!« rief der Alte und lachte, so laut, daß die Davongehenden noch auf dem Lustgarten sich verwundert umblickten. »Es ist des Glücks nur zu viel! Das Zahlbrett voll zum Einstreichen, ein Friede, der uns genügt, und so viel Patriotismus an der Börse, und alles in Ruhe und lauter Ordnung im Lande, und mein Sohn – mein Sohn kriegt die Erlaubniß, von den Herren Offizieren sich 'ne Kugel durch den Kopf jagen zu lassen! – Verzeihen Sie, meine Herren, wenn ich genug gelacht habe, daß ich auch ein bischen weine, denn das große, unverdiente Glück habe ich alter Esel mir selbst angerichtet.«
     
Sechsundfünfzigstes Kapitel.
     
Ein Mann von zu vielem Sentiment.
    »Was giebt es Neues?« rief der Geheimrath Bovillard dem Legationsrath entgegen, und lud, ohne sich im Frühstück stören zu lassen, durch eine Bewegung den Eingetretenen zum Platznehmen ein. Die Zerlegung eines Kapaunenflügels schien ihm einige Anstrengung zu verursachen. Uebrigens sah Herr von Bovillard gemüthlicher aus als in letzter Zeit; die Runzeln waren gewichen, das Gesicht glänzte, besonders die unteren Theile, das Kinn hatte etwas Charakteristisches, was sich in den Augen widerspiegelte, obgleich die Lippen erst der eigentliche Ausdruck waren. Herr von Bovillard gab heute kein Schauspiel für Andere, sonst würde er die Aermel des Rockes nicht aufgekrämpelt getragen, nicht den Zipfel der Serviette im Halstuch befestigt haben. Er war für sich, der Schmecker mit Bewusstsein, aber der Zutritt eines Freundes, wie Herr von Wandel, störte ihn nicht. Auch dieser nahm mit vollkommener Aisance einen Platz neben dem Esser.
    »Das Neueste hoffe ich von Ihnen zu erfahren.«
    »Da,« sagte Bovillard und goß in ein vasenartiges Krystallglas aus der Weinflasche. »Prüfen Sie, wie schmeckt es Ihnen?« »Es schmeckt wie der beste Champagner, schäumt aber nicht.« »
Non mousseux,
neueste Erfindung. Eben aus Epernay mir zugeschickt. Es hat es noch Niemand hier. Darum Diskretion. Was sagen Sie dazu?« »Der Schaum dünkt mich doch die lockende Fahne, unter der der Champagner die Welt erobert hat. Man soll nie ohne Noth seine Fahne aufgeben.« »Ihre Säuren, Wandel, Ihre Chemie hat Ihnen den Geschmack verdorben. Ihre Zunge fühlt das Richtige heraus, aber über die Kritik ist Ihnen die petillirende Lust daran vergangen. – Sehen Sie mich an, ich kann mich über die Entdeckung wie ein Kind freuen. Woran auch sich halten, wenn man nicht bisweilen wieder zum Kinde würde!«
    »Die Nachrichten lauten übel, Geheimrath. Napoleon ist ein Anderer geworden, seit unsere Truppen in ihre Kantonnements zurückgekehrt. Was er fordert ist nicht mehr der Schönbrunner Vertrag, heißt es. Ja, man spricht, daß Haugwitz wirklich am 15. Februar diesen neuen, noch demüthigerenden Vertrag abschloß. Er liege jetzt dem König zur Unterzeichnung vor.«
    »Liebster, bester Freund, warum hören Sie darauf? Sie brauchen es doch wahrhaftig nicht. Ja, es steht schlimm, sehr schlimm, wir werden noch mehr nachgeben müssen, aber wer ändert es? Sie nicht, ich nicht, Niemand. Man muß laviren und abwarten, bis ein glückliches Changement kommt. Wir sind in einen Sumpf gerathen, je mehr wir strampeln, um so tiefer versinken wir. Nur nicht die gute Laune verloren. Hören Sie draußen den Leiermann:
     
    Es kann ja nicht immer so bleiben
    Hier unter dem wechselnden Mond.
     
    Da, trinken Sie, oder wollen

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