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Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht

Titel: Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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Besucher des Hotels werden an jedem Abend verzeichnet und dann nach Paris telegraphirt.«
    Bovillard lachte auf, indem er jetzt erst die Serviette fortwarf: »Wissen Sie, wer am meisten bei der Gargazin gesehen wird? – Laforest! Konspirirt er vielleicht gegen Napoleon? Vielleicht aber ist er auch nur da um der Mamsell Alltag willen, oder um Comtesse Laura. Die ist jetzt auch ein Schooßkind der Fürstin. Duroc war auch bei ihr. Wissen Sie, was ich rausgebracht habe? Sie will die Alltag zu etwas machen, entweder zu einer Pompadour oder zu einer Heiligen. Sie erwartet nur Ordre deshalb aus Petersburg. Werther Freund, unter Freunden reinen Wein, was kümmert Sie mein Sohn bei der Gargazin?« – »Nicht der Sohn, nur die Auslegung, welche man seinen Schritten geben könnte.« – »Sind Sie so sehr um die Auslegung besorgt, welche die Leute den Schritten distinguirter Personen geben?« sprach Bovillard, ihn scharf fixirend. »Wissen Sie, wie man Ihre Schritte hier auslegt?« – »Ein unbedeutender Privatmann, der neben seinen wissenschaftlichen Studien nur als Dilettant in die politischen Kreise dringt, entgeht wohl der Ehre dieses Skrutiniums.« – »Haugwitz schreibt mir konfidentiell aus Paris. Für schweres Geld hat er eine Kopie der Personalbemerkungen über Berlin erwischt. Hören Sie, da sind doch Dinge drunter! – Haugwitz wird sich hüten und es drucken lassen. Laforest selbst weiß das nicht alles; es stecken Andere dahinter. Liaisons decouvrirt, die wir nicht ahnen konnten. Sie standen doch mit Eisenhauch in keiner Verbindung?« – »Es bedurfte keines Seherblicks, um die feuerfangende Nähe zu erkennen.« – »Man weiß in Paris, was er vorm Zubettgehen mit seinem Bedienten sprach, seine Lektüre vorm Zubettgehen, seine Briefe, die er schrieb und wieder zerriß. Ein wahres Glück, daß wir ihn los sind, aber – wissen Sie, was von Ihnen da steht?« fragte Bovillard mit einem schlauen, scharfen Blick.
    Wandels blaßgelbes Gesicht verfärbte sich nicht, nur ein flüchtiger Glanz belebte das dunkle, kleine Auge, um sofort in ein moquantes Lächeln überzugehen: »Vielleicht ist es entdeckt, daß auch ich die Zirkel der Gargazin besuche?« – »Pah! Drei Reihen Chiffren, die Haugwitz's Sekretär nicht dechiffriren konnte, und dann mit anderer Hand imperatorisch flüchtig daneben geschrieben: ›Wie viel würde er kosten?‹« – »Sie wollen mich doch nicht stolz machen, Bovillard! Um die nackte Klippe des Ehrgeizes ist mein Lebensschiff gesegelt.« – »So lange sie nackt aussieht. Wenn man aber im Vorbeisegeln zwischen den Riffen eine fette Trift entdeckt, legte Mancher wieder bei.« – »Es ist für mich eine durchaus sterile Insel.« – »Wohin denn? Das ist die Frage.« – »Ich verstehe die Legitimation derselben nicht.« – »Ich frage als Freund. Wo hinaus. Man muß doch endlich mit Ihnen ins Reine kommen. – Ich wiederhole Ihnen: mich täuschen Sie nicht. Sie sind kein Saint Germain
etcaetera.
Sie sind von unserm Fleisch und Blut. Halb nur wie ein Lebemann, halb wie ein Karthäuser in einem Schneckenhaus. Das Leben in Berlin ist theuer, auf Gold sitzen Sie nicht und Gold machen Sie nicht. Sie mögen ein vortrefflicher Oekonom sein, aber Ihre Thüringischen Güter verbessern Sie nicht in der Apotheke des Herrn Flittner. Die Delicen der Wissenschaft gönne ich Ihnen; wer aber den Champagner wie Sie über die Zunge schlürft, will sie nicht wie die Pedanten um ihrer selbst, er will etwas daraus für sich präpariren. Sie greifen nicht nach dem Monde, aber Sie erscheinen wie er aus der Wolke, um wieder dahinter zu verschwinden. Das ist hübsch um Kinder zu erschrecken und zu amüsiren, ein Mann will etwas anderes, als Laterna-Magica-Bilder auf die Wand werfen.« – »Meine Vermögensumstände, die Niemand kennt, erlauben mir –« »Sie schweifen ab. Auch ein Krösus will noch mehr. Was wollen Sie? – Daß man das nicht weiß, wirft ienen Schatten auf Sie. Wie lange sind Sie schon in Berlin? Ihr
parait et disparait
verstärkt den Verdacht; glauben Sie mir, alle Ihre Gefälligkeiten werden um deshalb falsch ausgelegt, und das ist es, was Haugwitz, ich will nicht sagen zu Ihrem Feinde macht, aber er hat eine Scheu vor Ihnen, er fürchtet Sie. Mein Gott, wir sind ja unter uns. Wollen Sie sich Napoleon verkaufen, haben Sie sich schon verkauft?
Tant mieux,
er bezahlt gut. Auf meine Diskretion können Sie hoffen. Es sind viele erkauft und doch gute Patrioten. Sie haben nicht einmal eine Pflicht

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