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Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht

Titel: Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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zu brechen, und – wie gesagt, mich geht's nichts an.
L'amitié surpasse la trahison. Enfin,
wir sind ja auch Napoleons Freunde.«
    Der Legationsrath hatte die Stirn in Runzeln gelegt. Er stand wie in sich versunken, mit verschränkten Armen, den Blick, der in weite Fernen zu streifen schien, von dem Manne abgewandt, welcher eben so eindringlich zu ihm gesprochen. Es schien ein Selbstgespräch: »Wer dieses Meteor ergründete! Ob er wirklich der Wandelstern, der im Kreislauf der Aeonen wiederkehrt, wenn seine Zeit kam, die unsere Schwäche nur nicht ermisst, oder – nur die blitzende Nachterscheinung, der Komet, der seinen Schweif betäubend über unsere Häupter rasselt. Wir stehen gebeugt unter dem Hagel seiner Meteorsteine und –« Er hielt inne und athmete tief. »Und wer sich selbst getreu blieb, wird auch hier sich nicht betäuben lassen. – Nein – nein – auch diese Sonne von Austerlitz hat trübe Flecke. Groß und strahlend, aber je mehr sie der Mittagshöhe sich nähert, um so mehr sehe ich sie schwanken, zittern vor sich selbst. Auch er wird untergehen, indem er sich selbst überhebt. Nur wer fest und bewusst –. Ach, mein Gott,« fuhr er fort, wie aus seiner Träumerei erwachend. »Ich vergaß mich da in Gedanken, die nicht hierher gehören. Groß ist er, aber – sicherer Der, der sich an keine Größe lehnt, nur auf sich selbst.«
    Der Legationsrath hatte sich verrechnet, wenn er gemeint, auf den Geheimrath damit einen Eindruck zu machen. Dieser hatte sich ruhig ein neues Glas eingeschenkt, und mit derselben Behaglichkeit ließ er es über die Zunge gleiten, die er vorhin an Wandel gerügt oder gerühmt.
    »Sie wollen also mit Napoleon nichts zu thun haben?
Votre plaisir!
Aber, merken Sie sich, Haugwitz ist ängstlich inquietirt. Er giebt Winke, wie man Sie beobachten soll. Wenn Sie also keinen
Passe par-tout
von Napoleon in der Tasche haben, –« »Die Aufmerksamkeit, welche Herr von Haugwitz meiner unbedeutenden Persönlichkeit schenkt, möchte mir schmeicheln, wenn –« »Sie keine andere Absichten hätten. Gehen Sie mit sich zu Rathe, entscheiden Sie sich, aber bald. Wir sind nun ganz wieder in unserer Aisance, wenn er zurück ist. – Haugwitz bleibt. – Der König ist seelenfroh, wenn er nichts zu ändern braucht. Es stiefelt sich fort, sagen die witzigen Berliner, und eines Morgens könnte Haugwitz etwas einfallen, – das passirt auch manchmal an einem Feiertage – der Polizeikommissarius klopft an Ihre Thür mit der Bitte, sich schnell anzuziehen, und Sie werden eingepackt. – Da haben Sie die Bescherung. Man titulirt's höhere Staatsrücksichten, im Grunde genommen ist's nur eine Indigestionslaune. Sie sind ein Mann von großer Klugheit –« »Der indeß bei Verbindlichkeiten, die er eingeht, den Charakter und sein Gewissen immer berücksichtigt –« »
Etcaetera,
bravo!« sagte der Geheimrath und klopfte ihm auf seine Schultern. »Wozu noch Flausen. Das Uebrige wird sich finden. Es müsste doch mit dem Teufel zugehen – Excüs! – wenn er uns nicht hülfe, die Antipathie zu beschwören. Haben Sie nicht sympathetische Tropfen?
A propos!
da fällt mir unser Mirakel ein, unser Liebespaar. Haben wir's da nicht durchgesetzt? Das verloren wir ganz aus den Augen. Wie steht es? – Das ist der Fluch eines Staatsmannes, sein Liebstes muß er opfern dem Dinge, was das dumme Volk – wie steht's, Legationsrath?«
    »Der
Dépit amoureux
ist eine passagere Erscheinung. Die Gargazin, die uns aus Gefälligkeit beistand, ist der Sache überdrüssig.« – »Die gute Fürstin möchte alle Welt glücklich sehn. Aber Haugwitz – das ist's, was ich sagen wollte. Der arme Haugwitz muß jetzt eine Recreation haben, nach so viel Verdruß! Ein, zwei Fliegen stören uns nicht, aber das Fliegengebrumm, wenn wir schlafen wollen, ist fatal. Recht was Exquisites! Strengen Sie Ihren Scharfsinn an, etwas zum Todtlachen, bedenken Sie, es gilt fürs Vaterland. Also, theuerster Mann, Ihren ganzen Scharfsinn darauf, fädeln Sie was Neues ein. Man sagt, sie hätte Scheidungsgedanken.« – »Pfui! das ist unmoralisch. Ich meine, man könnte ihr das Unsittliche einer solchen Handlung vorstellen lassen.« – »Wenn nur ein Duell zwischen dem Rittmeister und dem Baron zu ermöglichen wäre!«
    Der Legationsrath schüttelte den Kopf. »Wer dem Baron eine Kugel vor den Kopf schösse, was ich natürlich nur im Scherz sage, thäte übrigens dem Staate einen rechten Dienst.« – »Im Ernst?« – »Sein Tuch, 'sist

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