Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht
mittheilten.
»Was hat sie denn heut für ein Roth auf,« sagte ein Garde-Offizier. – »Wer?« – »Comteß Laura. Das blinkert ja wie eine Karmoisinmuschel.« – »Neueste Josephinenschminke, liebster Graf,« drängte sich der Baron Eitelbach an sein Ohr. »Bei Herrn Arnous vorige Woche frisch aus Paris. Die von der Oper sind außer sich, ist ihnen zu theuer. Was kann der Schönheit zu theuer sein, sage ich.« – »Und greifen in die Tasche.«
Der Baron hielt allerdings beide Hände in den Seitentaschen, und es klimperte etwas von Geld, aber er zuckte die Schultern: »Fürs ganze
Corps de Ballet!
Na, hören Sie, das bringt mir ein ganzes Regiment nicht auf. Alles was recht ist.« – »Sie sparen's für Ihre Frau Gemahlin.« – »Ein sublimer Einfall von Ihnen, Graf, wahrhaftig, ein sehr sublimer. Wie sie blaß aussieht gegen die Laura! Aber sie will sich nicht schminken. Partout nicht mehr.« – »Hat's auch nicht nöthig,« sagte ein dritter Intimus.
»Meinen Sie? – Ich sage Ihnen, die Schminke bringt 'ne Revolution hervor. Das ist ein Geschicke zu Arnous, aber – die alte Voß und – na warten Sie nur, ich kann sie Ihnen alle nennen, die schon von haben. Sind ihrer nicht viel: aber passen Sie acht, eh' vierzehn Tage um sind –« »Wenn die Männer die Thränen auf den Wangen sehen,« sagte der dritte Intimus, »greifen sie doch in die Tasche, und wenn das Roth pures Gold wäre.« – »Gold, ein charmanter Einfall!« rief der Baron. »Wenn's Mode würde, echtes Gold auf die Backen! Bei Gott, ich gäbe was drum: wie die Weihnachtsäpfel. An den Backen sähe man's den Frauen an, was ihre Männer sind.« – »Eine Taille, auf Ehre doch, wie 'ne Wespe,« sagte der Garde-Offizier. »Ich sollte meinen, wer sich so schnürt, braucht sich gar nicht zu schminken.« – »Und Füßchen, 'ne Pariserin könnte sie beneiden,« meinte der Dritte. – »Das tänzelt nur so auf dem Boden.« – »Was für welche hat meine Frau dagegen! Sehn Sie mal,« rief der Baron und nahm eine Prise. – »Eine Heroine muß nicht auf Tänzerfüßen stehn.« – »Heroine! charmanter Einfall. Meine Auguste eine Heroine. Wie sie mit einander parliren! Ich versichere Sie, auf Ehre, meine Frau spricht jetzt wie ein Buch. Immer Schiller im Munde.
Und die Tugend, sie ist kein leerer Schall,
Erzeugt in dem Hirne des Thoren!
Damit weckt sie mich alle Morgen. Bei Gott 's ist wahr. Macht Alles die unglückliche Liebe.« – »Schade, Baron, daß Sie sich nicht auch unglücklich verlieben können.« – »Warum kann ich's nicht?« – »Weil Sie zu reich sind. Wer Geld klimpern lässt, ist immer glücklich in der Liebe.« – »Sie sind ein charmanter Mensch, aber was soll mir die unglückliche Liebe?« – »Sie könnten dann auch einmal mit der Tugend in Berührung kommen.« – »Was hab' ich von der Berührung?« – »Tugend vermehrt den Kredit.«
Der ganze Körper des Barons zuckte in der nicht wohl zu beschreibenden Bewegung eines Gesättigten, welcher gleichgültig eine Schüssel vorüber gehen lässt, an der die Blicke der Hungrigen noch verlangend schweben. Er bedurfte nicht mehr Kredit, als er besaß. Aber auch der Satte lächelt, wenn seine Gäste die Speisen loben, die er ihnen vorgesetzt. Der Baron von Eitelbach lächelte wohlgefällig über die Bewunderung, welche man der Schönheit seiner Gemahlin zollte, während man ihre Reize mit der Comteß verglich. Zum Vortheil der ersteren, es waren Kenner, die hier urtheilten. Auf den Hacken sich wiegend, die Hände noch immer in den Taschen, die breite Unterlippe aufgeworfen, hatte er gleichgültig die Gesellschaft im andern Zimmer gemustert, während sein Ohr doch bei der Unterhaltung blieb, als er es für schicklich hielt, eine Diversion zu machen: »Sehn Sie mal, wie die Alltag eingepackt hat. Gar nicht wieder zu erkennen.«
Das Kennerauge des dritten Intimus ließ sich nicht täuschen. »Vorübergehende Indisposition. Frisch begossen und die Blume ist wieder in voller Pracht.« Ueber die Indisposition lächelten die Kenner; der Baron fühlte sich geistreich gestimmt; er nannte die unglückliche Liebe eine Klippe für die Schönheit. Lob erntete er dafür nicht, denn die Aufmerksamkeit der Andern war wieder auf die schöne Comteß gerichtet.
»Auf wen mag sie nur vigiliren?« – »Sie ist unruhig.« – »Warum steht sie aber wie eine Schildwacht an der Thür?« – »Muß wohl seinen Grund haben. – Halt! sehn Sie, schon wieder –« Die drei Kenner rückten
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