Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht
gesponnen,
Verrinnt beim Licht der Sonnen.«
»Der Kerl aber, der Grenadier, ist nach Warschau in ein Regiment gesteckt,« sagte der Offizier. »Und er war nicht von Mondschein gewebt, das versichere ich Sie.«
»
Monsieur le comte,
die Erscheinung im Zimmer ist auch schwarz von Kopf bis Fuß, ordentlich spectre-artig,« nahm der Geheimrath wieder das Wort. »Das blasse Gesicht in der weißen Hand, ruht er auf dem Sopha, den Clacque auf dem Schooß, die Beine unnachahmlich hingestreckt, die andere Hand im Knopfloch am Herzen, als wenn er eine tiefe Wunde verstecken will. Soll ich Ihnen noch das schwarze Haar beschreiben, in dem zuweilen diese selbe Hand wühlt? – Nein, die Augen sind noch dunkler. Schade nur, daß sie nicht ein einziges Mal nach der Thürritze gerichtet sind, um die andern schwarzen Augen zu sehen, die sehnsüchtig durchblicken.
Je vous assure,
wenn die sich begegneten, die einmal Funken zusammen schlügen, Stahl und Feuerstein –«
»Hol' Sie der Kukuk, Geheimrath, wer ist's?« – »Impertinent!« sagte eine herzutretende Dame.
»C'est affreux,«
die andere. –
»Il joue l'Anglais!«
erwiderte Jene. Beide kamen durch die bewusste Thür; die Baronin aber, am Arm die schöne Laura führend, mit ihnen zugleich.
»Warum ereifern Sie sich, meine Damen! Mir und Comteß Laura ist's vorhin auch so passirt. Er merkte uns erst, als wir uns neben ihm aufs Sopha setzten, und dann redete er uns für Andere an. Nicht wahr, Comteß?« – »Er ist zerstreut,« sagte die Comteß und war es selbst.
»Haben wir's ihm übel genommen? – I Gott bewahre. Wenn mich Einer nicht sehen will, lass' ich ihn stehn.«
»Aber, gnädige Frau, wer ist er denn, daß er sich so etwas herausnehmen darf?« – »Ach Gott, vom jungen Bovillard ist man weit mehr gewohnt. Erinnern Sie sich noch –« »Doch werden Sie mir zugeben, daß Damen in einer Gesellschaft wie diese mehr Conduite von Herren voraussetzen dürfen, wenn sie dahin gehören. «
Der letzte Satz ward von den seinen Lippen sehr scharf betont.
»Wen die Fürstin eingeladen hat, der gehört doch her.«
»Mein Mann meinte,« erwiderte die Andere, die noch nicht Lust hatte, von ihrem hohen Pferde zu steigen, »es gehöre doch ein eigner Tic dazu, einen Menschen von der Renommée ihrer Société aufdringen zu wollen. Mein Mann ist sonst gar nicht skrupulös, und gegen unsre erlauchte Wirthin fällt es mir auch nicht im entferntesten ein, damit etwas gesagt zu haben. Sie wird wohl ihre Gründe haben, warum sie Leute zusammen bittet, die nicht zusammen gehören.«
»Beste Frau Staatsräthin,« erwiderte die Eitelbach, »wozu wären denn die Gesellschaften, als daß sich Die zusammenfinden, die noch nicht zu einander gehören. Wenn man immer nur alte Bekannte sähe, das wäre ja langweilig.«
»Philosophie, wie sie auch ist, im Munde einer schönen Frau,« erwiderte die Staatsräthin mit süßem Lächeln, »ist immer liebenswürdig. Nur begreife ich nicht, wenn der junge Herr von Bovillard so viel zu denken hat, warum er seinen Pensées gerade in einer Gesellschaft nachgeht.«
»Wissen Sie, wie mir eine Gesellschaft vorkommt?« entgegnete die Eitelbach. »Als wie eine Komödie, wo Jeder anders aussieht und anders spricht, als ihm zu Muth ist. Uns werfen sie vor, daß wir uns putzen und schnüren und auflegen und ausstopfen – Ihr Herren mögt immer laut lachen, ich seh's doch, wie Ihr's innerlich thut. Das genirt mich gar nicht, denn die Männer spielen mehr Komödie als wir. Ach Gott, wenn sie sich präpariren, liebenswürdig zu scheinen, um Einer die Cour zu machen, wo sie's gar nicht so meinen. Und wenn Einer vornehm thut, als hätte er eine Elle verschluckt, oder gelehrt redet, als wär's ein Buch, da möchte ich ihn immer fragen: warum quälst Du Dich denn? Wenn Du raus bist, stöhnst Du doch auf und schlenkerst mit den Armen, als wenn Du den engen Rock aufreißen wolltest und denkst: Gott sei Dank, daß es aus ist. Warum hast Du denn angefangen, warum bist Du nicht gekommen, wie Du bist, und hast gesprochen, wie Dir der Schnabel gewachsen ist?«
Der Baron Eitelbach rieb sich vergnügt die Hände: »Was sagen Sie zu meiner Frau, Frau Staatsräthin?«
»Sie wird doch Ausnahmen machen. Sie ist nicht so grausam, uns Alle zu verdammen.«
»Da ist Einer wie der Andere. Jetzt merk ich's erst, aber ich habe es längst gewusst.«
»Ihren Herrn Gemahl werden Sie wenigstens ausnehmen?«
Die Baronin schien sich zu besinnen, indem sie ihn anblickte, Ihre
Weitere Kostenlose Bücher