Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht
die Köpfe noch näher zusammen. Comteß hatte während des Gesprächs nochmals durch die Thürritze geblickt. »Das muß man doch rauskriegen. Welcher Magnet steckt in der andern Stube?«
Wie der Zunächststehende sich auch auf den Spitzen seiner Schuhe erhob, konnte er doch nur einen Theil des Zimmers übersehen. Da kam plötzlich ein anderer Gegenstand aus demselben, und mit vielen Verbeugungen durch die beiden Damen schlüpfend, erreichte er die beobachtende Gruppe.
Der Geheimrath Lupinus von der Vogtei war gewiß nicht gefährlich, für das Auge keiner galanten Dame, die noch auf Jugend Anspruch macht; aber je schärfer das Auge der Liebe ist, um so blinder wird es für die Gefahr, die von Beobachtern droht. Das schlaue Gesicht des Geheimraths verrieth, daß er Neuigkeiten geangelt, nnd seine freudige Miene, daß er den Markt erreicht, wo er sie absetzen konnte.
»Rathen Sie!« sprach er, sich die Hände reibend. – »Das lohnte noch der Mühe.« – »Ein neuer Gegenstand?« – »Funkelnagelneu.« – »Raus mit der Sprache, was wissen Sie?« – »Sehr viel. Die letzte Aventure wird nur vertuscht, aber
parole d'honneur,
Sie können sich drauf verlassen, sie ist so –« »Sie meinen die mit der Schildwacht – der Kerl kann doch nicht hier sein!« – »Ist eingestiegen, Herr Baron, so gewiß ich vor Ihnen stehe. Herr Graf verziehen die Miene, in der Garde hat man sich das Wort gegeben, nicht davon zu sprechen. Nun, ich schweige in Devotion, wenn's verboten ist.« – »Was geht's mich an,« sagte der Offizier mit einem nicht zu unterdrückenden Schmunzeln, »und wenn der Grenadier dafür Spießruthen laufen müssen, so wüsst' er doch wofür.« – »Dazu ist's aber nicht gekommen. Die Disciplin hat aus Galanterie ein Auge zugedrückt.« – »Sie hat ihn wirklich ins Fenster gewinkt?« fragte der dritte Intimus. – »In den Communs, Sie wissen doch in Potsdam die kleinen holländischen Häuschen neben dem Marmorpalais.« Der Geheimrath sprach es, mit vorgehaltener Hand, dem Fragenden fast ins Ohr. Er musste es aber mit solcher Kunst accentuiren, daß es auch den beiden Andern nicht entging. »Ja, warum hat man für Kavaliere und Hofdamen so niedrige Fenster gebaut,
ça ne coûte qu'un pas!
Warum dufteten die Linden so süß in der lauen Nacht? Warum schlugen die Nachtigallen so verführerisch? Warum stellt man einen jungen Grenadier, sechs Fuß hoch wie ein Apollo, vor das Kammerfenster einer schönen Hofdame? Warum schien der Mond so sehnsüchtig und beleuchtete den jungen Mars. Da ist gar nichts bei zu verwundern, und eigentlich trägt Niemand die Schuld, denn Gott bewahre, daß er ins Fenster geklettert wäre, so ein sechsfüßiger Kerl braucht nur den Fuß hochzuheben, so ist er drin.« – »Und?«
»Das einzige Unglück war, daß die Uhren in Potsdam nicht stimmten, denn als die Ablösung kam, hatte es drinnen noch nicht voll geschlagen.« – »Dem Glücklichen schlägt keine Stunde.« – »Superbe Bemerkung des Herrn Domherrn. Die Esel – verzeihen Herr Graf, es war wohl nur der betrunkene Unteroffizier, machten Lärm, und – wie gesagt, wenn nicht glücklicherweise der junge Prinz Hohenlohe bei der Patrouille gewesen wäre – Man deckte den Mantel der Liebe über die Affaire, schmiß den Unteroffizier, weil er in der Betrunkenheit einen falschen Rapport gemacht, auf achtundvierzig Stunden ins Cachot, seine Kerls waren Stockpolen, die nicht deutsch hören und sehen können, man zeigte ihnen den Bambus, wenn sie sich einfallen ließen, etwas auszuschwatzen, was sie nicht verstehen, übrigens ein Paar Louisd'or Schmerzensgeld Ah, Prinz Hohenlohe hat wie ein Kavalier gehandelt.« – »Und doch wusste man's, ehe der Morgen graute in Potsdam, schon in allen Wachtstuben.«
»Meine Herren,« sagte der Garde-Offizier in vertraulich offiziösem Ton, »Diskretion! Man wusste es auch schon am andern Morgen in Berlin, aber auf der Wachtparade gab man sich das Wort – Ich rathe auch Ihnen –«
»Discretion pour jamais!«
rief der Geheimrath, den Finger an den Lippen. »Ihro Majestät die Königin darf nichts davon erfahren,« wandte er sich zu den Andern. »Die liebe Comteß, es ist doch ein gar zu charmantes Kind, und bei Licht besehen, was ist es denn? Eine Vision, die Phantasie einer lauen Juninacht –« –« »Aber nicht die erste,« schmunzelte der Baron, »in der Dragonerkaserne wissen sie auch davon zu erzählen.«
»
Mon cher baron, l'amour règne partout,
aber
Was bei Mondenlicht
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