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Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht

Titel: Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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Gegengift.«
    »Unter den Männern von Geburt werden Excellenz eine reiche Auswahl haben.« Der Staatsmann verstand den kleinen Parirhieb, aber mit einem vornehm leichten Aufzucken ging er über etwas hinweg, was zu beachten er nicht für werth hielt.
    »Die besten sind geschulte Puppen, wenn redlich, steif wie ein Wegweiser. Sie machen Front dahin, wo sie vor zwanzig, dreißig Jahren den Feind sahen; daß die Dinge sich verändert, daß er jetzt von den Flanken, vom Rücken droht, ist ihnen nicht begreiflich zu machen. Friedrichs Schule hat sich schlecht bewährt. Über das Militär rede ich nicht, nur vom Civil. Da stehn die Posten, wo man sie hingestellt, sich brüstend, daß sie die Stelle nie um einen halben Fuß breit verlassen, aber unaufmerksam, wenn die Contrebande drei Schritte von ihnen bei hellem Tage über die Grenze dringt. Was geht es sie an, sie thun ihre Pflicht! Wenn die dumpfe Tugendtreue, eigentlich nur Bequemlichkeit, sie auszuhalten drängt, so wäre ihre höhere Tugend und Treue, ihre Befehlshaber aufmerksam zu machen, daß man ihre Kräfte besser verwende. Vor dieser Anmaßung, Überschreitung ihres Dienstes, erschrecken diese Menschen wie vor einer Sünde gegen den heiligen Geist. Mag das Vaterland untergehen, wenn sie nur an ihrem Schilderhaus präsentiren. So nicht Einer, nein, Alle, keine Freiheit des Urtheils, keine selbsteigene Bewegungskraft. Je besser die Normalpreußen geschniegelt, gebürstet und geschnürt sind, so kleiner der Kern des Menschen darin. Ja, in Manchem, wenn man ihn aushülst, ist's hohl, das Mark in die Rinde geschossen.«
    »Die Klage der Patrioten ist doch, daß von dieser Schule sich nur zu Viele frei gemacht,« entgegnete Walter. –
    »Wo aus dem Leibe die Seele längst entwichen ist, was wundern wir uns über die Überläufer zum andern Extrem? Diese Ungebundenheit, Frechheit, Lascivität in der Meinung und den Sitten, preise man sie immerhin als Geistesfreiheit, Aufklärung und Liberalität, es sind nur die Symptome einer Auflösung –« »Vor der Gott uns bewahre!« fiel Walter ein. – »Und nicht bewahren wird, wenn wir nicht selbst etwas dazuthun, wenn wir nicht –« Der Minister war aufgesprungen, er unterbrach sich selbst gewaltsam. Daß er so weit in der ersten Stunde des Vertrauens gegen seinen neuen Bekannten gegangen, schien diesem ein besseres Zeichen der Ehrenrettung. – »Kennen Sie den Legationsrath Wandel?« fragte der Minister plötzlich. – »Er ist ein Ausländer.« – »Ausländer!« – Mit einem Lächeln fuhr der Minister fort: »Scheint doch dieser Staat destinirt, von Ausländern seine Impulse und seine ausgezeichneten Männer zu empfangen. Schwerin war ein Schwedisch-Pommer, Keith ein Brite, Derfflinger ein Österreicher; auch ist der wackere Blücher ein Mecklenburger, Hardenberg ein Hannoveraner. Moses Mendelssohn stammt auch nicht aus den Marken, und die Väter eines guten Theils unserer Diplomatie, unserer Staatsmänner und Offiziere wussten vor den Dragonaden in ihrer Normandie und Provence kaum von der Existenz eines Landes, das Brandenburg heißt. Vergessen Sie auch nicht, junger Mann, daß die Hohenzollern aus Franken oder gar aus Schwaben sind. Eingewanderte, wenn Sie wollen, ich hielt sie für mehr, für Eroberer, – wie der Nilstrom Ägypten erobert hat.« – »Man sagt, Herr von Wandel sei im Thüringischen angesessen. Noch Andere geben ihm die Niederlande oder eine dänische Kolonie zum Vaterlande.« – »Meinethalben Island oder Teneriffa, wenn – man muß sich gewöhnen, Preußen anders zu betrachten, als nach dem Naturprozeß. Nation und Staat waren hier nicht eins, sie wurden es. Es kostet auch mich zuweilen Mühe, von den mitgebrachten Vorstellungen zu lassen. Aber es geht nur so, nicht Anders, oder Alles zerfällt. Es war allein der Geist dieser großen Fürstin, der das Verschiedene, Fremdartige aneinander kittete, einen Hauch hineingoß. Diesen Geist muß man lebendig erhalten, immer wieder wärmen die junge Tradition, damit sie nicht alt wird. Finden wir innerhalb unserer Grenzen nicht den Licht und Wärmestoff. so greifet nach draußen. Was anderwärts Verbrechen, hier ist es erlaubt, Gebot der Notwendigkeit, der Selbsterhaltung.«
    »Ich habe nicht die Ehre, Herrn von Wandel näher zu kennen.«
    »Das Mysteriöse, womit er sich umgiebt, schreckt die Menschen zurück. Ich mag Die nicht tadeln, welche sich hier vor den Blasirtenen verschließen. Eine eiserne Maske vors Gesicht, um die warmen Pulsschläge

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