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Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht

Titel: Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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ich aber könnte Dem nie vertrauen, der stets Herr ist über sich. Wer alle Gefühle und Leidenschaften kostete, wie Mithridates die Gifte, um sich ihrer zu erwehren, hat den göttlichen Menschen in sich ertödtet. Wer den Ausdruck für Liebe, Haß, Furcht, Ehrgeiz, Lüsternheit und Habgier bis zum unkenntlichen Schattenspiel überwunden hat, scheidet für mich aus der Reihe der sinnlichen Geschöpfe. Ohne Sinnlichkeit kann ich mir aber keine Sittlichkeit denken, und keinen Charakter, der nicht die Sitte zum Fundament hat.«
    Der Minister sah ihn eine Weile an. Die Schärfe seines Blickes ging in Wohlgefallen über. Er klopfte ihm auf die Schulter: »Wir werden uns näher kennen lernen. – Aber – ich will ihn doch noch nicht aufgeben. Ich glaubte indeß, das in ihm zu entdecken, was ich hier nirgend finde. Dies unausstehliche Sich spreizen und Knistern, um vornehmer scheinen zu wollen, als man ist, macht für mich diese Menschen um zehn Prozent schlechter, als sie sind. Wir wollen ihn auf die Probe stellen, Sie sollen behüflich sein.« – »Als Kundschafter!« – »Ihr Vater steht mit ihm in Relation, wie Fuchsius mir mittheilte. Ein guter Kaufmann giebt nur Kredit Dem, der Kredit hat.« – »Auch ein Kaufmann ist Illusionen unterworfen.« – »Das sollen Sie ermitteln, mit Fuchsius sollen Sie sich darüber verständigen. Fuchsius hat Antipathieen gegen Wandel. Das muß ein Staatsbeamter sein lassen, ich meine persönliche Antipathieen. Aber er will Renseignements haben, erinnere ich mich recht, aus den Niederlanden, daß hässliche Schatten ihm folgen. – Irgendwo hat ein Glücksritter – es ist ein Entführungsroman, mit Tod, Erbschleichers und so weiter gekuppelt, – – für Romane habe ich keinen Sinn, Fuchsius wird Ihnen das Nähere mittheilen. Aber auch er mag in seinem Argwohn zu weit gehen. – Haben Sie Bedenken?« – »Ich kenne bis jetzt weder den Roman, noch die Wahrheit.« – »Oder wissen Sie ein taugliches Subjekt? Ein seiner Beobachter, oder ein blitzendes Talent. Auch Sarkastik oder Humor wären treffliche Eigenschaften, Feuer, wenn auch mit etwas Qualm, daß die Salonmenschen hinreißt. Mag er auch sonst ein verlorener Sohn sei, wenn er nur kein verlorener Sohn vom Vaterland ist. Es giebt viele verlorene Söhne, die nur eines Impulses bedürfen, damit das erstickte Feuer aus der Schlacke auflodere. Englands erste Staatsmänner gingen diesen Weg, aus einem Rouné ward ein Charles For. – Sie denken an Jemand. Sinnen Sie nach. Er darf nicht scheuen, die Stellung anzunehmen. Es ist ein Sort. Den Rathcharakter, mit einem ansehnlichen Gehalt, habe ich, um der Form zu genügen, für ihn bereit; die eigentlichen Dienste ergeben sich mit der Zeit. Morgen sehen wir uns wieder. – Jetzt gehen Sie ins Bureau, und besprechen sich mit Herrn von Fuchsius.«
    Walter trat einen Schritt zurück: »Excellenz. eine erste Bitte, und wenn sie mir abgeschlagen würde, meine letzte, erlassen Sie mir diese Konferenz. Ich kann nicht mit Herrn von Fuchsius – dienen.« – Die Brauen des Freiherrn zogen sich zusammen, die Augen wurden kleiner, ohne die Schärfe ihres Blickes zu verlieren. Er warf einen Gegenstand, den er in der Hand hielt, auf den Tisch. »Soll ich etwa ihn um Sie aufgeben! – Herr, ihn kenne ich, Sie noch nicht.« Er wandte sich wieder, um nach einigen Schritten zurückzukehren. Das Ungewitter war verzogen und die Stirne war heiterer, als er zum zweiten Mal die Hand auf Walters Schulter legte: »Junger Mann, Sie müssen noch viel lernen. Glücklicherweise nur, was jeder Fant, der ein Jahr in der Routine ist, an den Fingern weg hat. Ist ein Staatsmann ein Gott, ein Deukalion. daß er seine Menschen sich machen kann, wenn ihm die nicht gefallen, die ihm das Schicksal zuweist? Er hat genug gethan, wenn er Jeden an den Platz stellt, den er füllt. Findet er nur das heraus, ist er schon weise. Den er zum Steineklopfen braucht, von dem darf er nicht fordern, daß er Nähnadeln spitzt. Und wen er zum Schatzmeister gemacht, und seine Läden bleiben verwahlt, soll er ihn fortjagen, weil er sich einmal einfallen ließ, in seines Herrn Sonntagsrock auf der Promenade zu stolziren? Hab' ich etwa hier Vorrath, daß ich nur zu wählen brauche? Wollte ich Alle um solches Vergehen fortjagen, so könnte ich vom Thürsteher bis zum ersten Geheimrath die Geschäfte allein übernehmen. Herr von Fuchsius ist ja jung, und sieht in die Zukunft, er denkt ans Vaterland und denkt richtig, soll ich ihn zum Teufel

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