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Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht

Titel: Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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Diesen hier muß man derb, Schlag auf Schlag, die Nothwendigkeit vors Auge führen. Da ist ein guter Passus, aber die Worte auch wieder viel zu gehobelt. Und wie sollten sie die Anspielung verstehen? Mit der Trompete ihnen ins Ohr blasen, es ist noch immer sanftere Musik als die Kanonen.«
    Walter äußerte etwas davon, daß die Stellung eines Anfängers, der kaum in das Geschäftsleben geblickt, ihm nicht erlaube, sich so fort in die Stellung des Ministers gegen seine Kollegen, oder gegen die Majestät des Königs zu finden. »Das glaube ich gern,« sagte der Minister, der, sichtlich erschöpft und mit andern Gedanken beschäftigt, sich auf das Ruhebett geworfen. »Man muß Vieles erst lernen.«
    Walter wartete noch immer auf das Zeichen der Entlassung. Der Minister blätterte in einem Notizbuch. Hatte er ihn vergessen? Plötzlich sprach er: »Setzen Sie sich und schreiben!« Walter folgte mechanisch. »Nein, hier neben mir; ich will Ihnen ins Gesicht sehen.« Der Minister sah ihm, kaum zwei Schritte entfernt, ins Gesicht. War das wieder eine seiner eigenthümlichen
réparations d'honneur
oder sollte es eine Prüfung sein? Der Minister dachte an beides nicht. Er übersann ein Thema, mit dem er nicht fertig werden mochte, er steckte das Gedenkbuch wieder in die Tasche: »Es ist gut, ein ander Mal.«
    Was sollte das heißen? – Er bestimmte ihm einen anderen Tag. Nein, morgen: überhaupt erwarte er ihn jeden Tag um die und die Stunde. Weshalb? Wozu?
    »Die Form Ihrer Anstellung wird sich später finden. Die Branche, für die Sie sich eignen, muß sich erst ermitteln.«
    Walter sah ihn mit stummer Verwunderung an: »Eben war ich auf das Schmerzlichste in meiner Ehre gekränkt –« »Das ist ausgeglichen,« fiel der Andere ein. »Sie wollen Ihre Freiheit aufgeben, sich dem Staatsdienst widmen. Ich nehme Ihr Anerbieten an. Wie gesagt, bis sich etwas Bestimmteres findet, betrachte ich Sie als meinen Privat-Sekretär. Ich kann in vielen Dingen Ihre Feder gebrauchen.« – »Ich bin noch nicht gereinigt. Nach einer so schweren Anklage muß der Angeschuldigte auf einen klaren Richterspruch bestehen.« – »Sind Sie so punktiliös? Ich sprach mit Fuchsius. Die Sache klärt sich einfach auf. Während er in der Bearbeitung meines Entwurfs war, kam ihm Ihre Schrift zu Händen.« – »Er räumte ein –?« »Daß er sie benutzt hat.« – »Wer gab ihm ein Recht dazu?« – »Er hielt die Schrift für eine preisgegebene, verschollene – machen Sie das mit ihm aus.« – »So entblödete er sich nicht, eine fremde Arbeit für die seine auszugeben.« – »Er entnahm Ihnen nur die Entwicklung der Gründe, die Ausführung –« »Dreiviertel seiner Schrift –« »Unter anderen Verhältnissen auch würde ich es nicht gut heißen. Hier galt es, eine schwierige Arbeit bald und zum Zwecke tauglich herzustellen. Die
suprema lex,
das
salus reipublicae.
Warum doppelt schreiben, was einmal zum Zweck genug ist?«
    Der Minister wollte den Regierungsrath gerechtfertigt sehen, es wäre von Walter thöricht gewesen, jetzt mit Hartnäckigkeit auf seiner Meinung bestehen. Er gab sie nicht auf, aber er schwieg, weil er auf des Staatsmannes Stirn andere Gedanken gelagert sah. »Ich brauche Jemand, auf den ich mich verlassen kann, der, offenen Kopfes, fähig ist, im Umgang, in der Gesellschaft sich geltend zu machen. Verstehen Sie, Jemanden, der nicht mit de Thür ins Haus fällt, was man mir wohl zum Vorwurf macht der das Metall der Gesinnung in eine gefällige Form zu schmelze weiß. Nicht ein Haarbreit darf er abgeben, aber den Widerstößen soll er eine gewisse Elasticität entgegensetzen. Ich muß ihn brauchen können, nicht zu förmlichen Missionen, für die Form ist Vorrath die Fülle, aber zu gelegentlichen. Keinen Spion, aber er soll die Sinne wach haben. Keinen –« der Minister hielt inne, und als er Walters sich röthende Stirn bemerkte, kam er schnell dem Mißverständniß entgegen. »Er muß von Geburt sein, einen Namen haben, der ihm überall Eingang verschafft, auch am Hofe. Das ist das Traurige, daß die Minister nie mit voller Kraft nach außen und nach innen wirken können, daß sie der Vermittler, Unterhändler bedürfen, nennen Sie's immerhin Kundschafter, die sie mit dem Hofe, den höchsten Personen in Rapport setzen und zugleich Kabinetsräthen aufpassen. Jammervoll, unnatürlich ist es, ein Kraftzersplittern, was die besten Intentionen erlahmt, aber es ist nun mal so, und gegen ein Gift braucht man ein

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