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Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht

Titel: Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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schicken, weil er nebenher auch an sich denkt? Fordere vollkommene Menschen, und Du wirst als Eremit zu Grabe gehen. Kein Wort mehr davon. Die Ehre meiner Beamten, die ich mir bildete, ist meine Ehre. Es kann Ihnen auch einmal zu Gute kommen.«
    Jetzt war Walter entlassen. An der Thür blieb er stehen. »Ich wüsste« – Er stockte; es schickte sich nicht mehr. – »Presst es die Brust, heraus damit« – »Einen Mann« – »Der geeignet. Nennen Sie ihn. Ich sann eben auch nach.« – »Er ist mein Freund« – Walter stockte. – »Desto besser.« – »Ja, ich kann aus vollem Herzen sagen, er ist der Mann, wie Excellenz ihn suchen.« – »Sein Name?« – »Wird ihn hier nicht empfehlen.« – »Wenn es ein guter ist?« – »Der Sohn des Geheimrath von Bovillard.« – »Der Tolle?« – »Louis von Bovillard. Für sein Herz, das fürs Vaterland schlägt, sag' ich gut. Das erstickte Feuer kann aus der Asche zu einer Flamme aufglühen, wenn er an edle Schmiede kommt.«
    Walter blickte zweifelnd auf den Minister, der nachdenkend stand: »Senden Sie ihn zu mir, ich glaube, Sie haben gut getroffen. Er hat seine Wiener Mission mit mehr Eifer ausgeführt, als Haugwitz wünschte. Aber« – »Euer Excellenz Bedenken soll mir Befehl sein.« – »Nein – der alte Bovillard hat ja seinen provencalischen Adel renoviren lassen. Es sind die Bovillard Maitres de Cerise. Ich danke Ihnen, Herr van Asten, daß Sie mich an ihn erinnert haben. Über wen diese Menschen hier entrüstet sind, muß kein gewöhnlicher Mensch sein. – Bringen Sie ihn mir. – Ist er noch mit seinem Vater überworfen? Gleichviel. Die Bovillard de Cerisé waren schon in den Kreuzzügen genannt, und was mehr ist, wahrscheinlich von reiner keltischer Abkunft. Fast unbegreiflich, wie ein solches Mondkalb von Vater da hinein kam. Schicken, bringen Sie ihn bald. – Da erinnere ich mich, dem jungen Mann wird eine fixe Anstellung jetzt sehr gelegen kommen.« – »Um die Aussöhnung mit dem Vater zu erleichtern?« – »Nein, die Gargazin sagte mir neulich, er ist so gut wie verlobt mit einem schönen jungen Mädchen, einer Beauté der Stadt, es wäre aber viel Jammer von beiden Seiten, weil nichts daraus werden kann. Nun kann ja etwas daraus werden. Wie gesagt, führen sie ihn zu mir, und freuen sich, daß Sie Ihres Freundes Glück machen.«
    »Ich freue mich,« entgegnete Walter mit voller Stimme, aber sie klang wie ein Grabesgeläut, und entfernte sich.
     

Siebenzigstes Kapitel.
     
Theorie und Praxis des Egoismus.
    Als Walter aus dem Hause trat, war es nicht mehr so heiß, daß er darum die Weste sich aufreißen musste. Er wollte auch nicht Kühlung, der schwere Athemzug bedeutete etwas anderes.
    Er eilte nach Louis Bovillards Wohnung. Noch eine schwere Last von der Brust und dann war er frei. Die Vorübergehenden dünkte der junge Mann mit der gerötheten Stirn, dem stieren Blick, der nicht um sich sah, nicht auswich, ein Trunkener; sie wichen ihm aus. Er hörte nicht das Rollen der heimkehrenden Wagen, nicht den Tambour, der den Zapfenstreich schlug, er hörte überall nur ein dumpfes Grabgeläut.
    Auch den Wagen der Fürstin sah er nicht, die doch dicht an ihm vorüber fuhr. Er hörte nicht Adelheids Stimme mit einem so schelmischen Silberklang, wie auch wir seit den Tagen ihrer kindischen Lust sie nicht gehört. Es waren Nachtigallentöne mit Lerchengewirbel, in denen sie der Wonne, die die Brust sprengte, Luft machte, nur Accorde, aber wer, der ihr ins Auge sah, verstand sie nicht! So sahen wir es niemals glänzen, lachen; sie neckte den ernsten Geliebten, sie war Muthwillen und Ausgelassenheit. Louis' Auge glänzte auch, dunkel schön, nur auf sie den Blick gerichtet, aber den Zug des Muthwillens. des Übermuths, der seinen Ironie, die sonst um seine Lippen spielten, in seinen Augen blitzten, suchte man umsonst. Die Fürstin, in ihre Wagenecke gedrückt, sah mit stillem Lächeln zu. Walter sah und hörte nichts. Auch Die im Wagen bemerkten ihn nicht. Es war für Beide gut.
    Je näher er dem Hause kam, so langsamer ging er. Nicht daß er unschlüssig geworden, er sann nur über die Weise, wie er dem Freunde sein Glück mittheilen wolle, ohne seinen Stolz zu verletzen, ohne ihn auf immer zum Sklaven der Dankbarkeit gegen sich zu machen. Wusste, ahnte Bovillard, daß er der Räuber grade an seinem Glück war? Er hatte Grund zu glauben, daß es Bovillard bis jetzt verborgen geblieben, und er scheute eine Scene, die das Verhältniß enthüllt. Er

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