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Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht

Titel: Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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ihn nicht wieder gesehen?«
    »Gott bewahre, was denken Sie? – Heute morgen zuerst, da war ich nicht zu Hause, er auch nicht. Und kommt wieder! Ich war wie aus den Wolken gefallen! Na, ich habe ihr denn aber auch das Kapitel gelesen. Jetzt, wo der Herr Vater sich wieder nobilitiren lassen, – wir haben noch nicht das neue Schild an der Klingel, aber ich hab's bestellt. – Jetzt untersteht sich das ausverschämte Mädchen, meinen Herrn in Disreputation zu bringen. Jetzt, mein Kind, wenn er so was will, wird er sich anderwärts suchen, sagte ich.« – »Und sie?« – »Na, Sie können wohl denken. Thränen haben die immer parat.« – »Nicht Alle. Was wollte sie?« – »Was wird sie wollen! – Lieber Gott, man hat doch auch ein Herz, wenn's auch solche Menschen nicht verdienen, und da ließ ich sie denn hier am Tische kritzeln. Da liegt ja das Schnitzel. Aber ich ließ sie nicht aus den Augen. Stibitzt hat sie nichts, obgleich ich ihr nachsagen muß, reine Finger hatte sie immer.«
    »Sie sah wie eine Unglückliche aus.«
    »Das mag schon sein, mein Herr van Asten, muß man aber Andere darum unglücklich machen wollen, wenn man's selbst ist! Jetzt kann man wohl davon sprechen, unser junger Herr ist ein Bräutigam; wenn's auch noch nicht deklarirt ist, das weiß jedes Kind. Freilich, der alte Geheimrath wollen nicht recht dran, denn die Mamsell hat Nichts, das ist wahr, und sie sagen auch, er könnte sie nicht gut ansehen, weil sie bei der Lupinus Kind im Hause gewesen, und da überrieselt's ihn immer, weiter die nicht ausstehen kann.«
    »Die Per – meine das unglückliche Mädchen macht doch nicht etwa selbst Ansprüche?« – Ein unbeschreibliches Erstaunen malte sich auf dem Gesichte der Frau Wirthin. Worte fand sie nicht sogleich, bis die ganze Wucht ihrer Gedanken in der Silbe Die! sich konzentrirte. Walter war beruhigt, wenn er überhaupt der Beruhigung bedurfte; aber er wollte Ruhe haben, nämlich von der Gegenwart des geschwätzigen Weibes befreit sein. Sie ging in einen weinerlichen Ton über, indem sie ihren Drahtleuchter ergriff.
    »Viele haben schlecht von ihm gedacht, das weiß ich, denn die Welt ist auch schlecht, und Iugend muß austoben; und wer weiß, wer besser ist, ob der alte Herr, oder mein junger. Und wie's bei den vornehmsten Geheimräthen aussieht, Herr Jesus, lieber Herr van Asten, bei diesen vornehmen Herrschaften, da ist ja eine Zucht, daß mal der Gottseibei uns drein schlagen möchte. Er thut's auch noch, glauben Sie's mir, und die Julchen, die wir auf der Straße nicht ansehen mögen, ist nicht schlechter, als viele von den vornehmen Damen in Brüsseler Spitzen. Wenn die sich schämen wollten, man sieht's nur nicht, weil sie so dick geschminkt sind. Jugend muß austoben, sonst kommt's nachher, aber dann einen Strich gemacht. So hab' ich's auch meinem Seligen gesagt: nu sei zufrieden, was Du hast, und um was rückwärts ist, da hast Du Dich nicht zu kümmern. Mein guter Herr, nun ja, tolle Streiche genug. Nüchtern ist er nicht immer nach Haus gekommen, und ist allerdings auch sonst nicht immer nach Haus gekommen, und den Regenschirm hat er im Theater aufgespannt, dafür ward er arretirt und er ist oft arretirt worden, aber wenn sie Alle ins Prison bringen wollten, die's verdient haben, da ist der König nicht reich genug, um Gefängnisse zu bauen. Und wenn ein Armer kam, da blieb kein Groschen in der Tasche. – Und nun hat er sich gebessert, und ich wollte ja Jeden die Treppe runter schmeißen, der sich mausig machte und ihm vorhielte, was sonst geschehen ist. Das ist jetzt vorbei, mein Herr! würde ich sagen. Und alle seine Freunde müssten das sagen, denn ich bin nur eine arme Frau, und verstehe mich viel darauf, wie sie da parliren und mit den Augen zwinkern. Aber Freundschaft ist Freundschaft. Und wer ein rechter Freund ist, der muß seinem Freunde Alles hingeben, auch sein Liebstes. Das ist Freundschaft, und wenn Alle so thäten, dann wäre die Welt gut.«
    Ob sie dann wirklich gut wäre! dachte Walter, als er allein war. Wenn wir den Egoismus ausgerottet, wie die Raubthiere, wie ein schädlich Unkraut, ob sie die vollkommene würde, von der wir träumen! – Sprang der erste Schiffer in den schaukelnden Kahn, um den Vater zu retten, wie die Idylle erzählt, oder war's ein Kaufmann, ein Verfolgter, ein Räuber, der sein Leben retten, der Früchte, Gold, Mädchen, Sklaven von den reichen, im goldnen Meere dämmernden Inseln holen wollte? Und fing das Menschengeschlecht

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