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Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht

Titel: Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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was Sie nicht lieben, die Harmonie der Seligkeit.« – »Ein Nebelbild!« –
    Wandel blickte dabei scharf aber ruhig auf Louis Bovillard, der in sich versunken im Fauteuil saß, und die Theetasse mit einem verstohlenen Kuß auf die Hand hinnahm, welche sie ihm reichte. Die Beiden hätten das Gespräch kaum gehört, auch wenn es laut geführt worden. Wer sich aber wundert, den Legationsrath auch in dem kleinen Kreise zu erblicken, in dem Louis Bovillard ihm gegenübersitzt, dem sagen wir, daß in der Stadt ein Gerücht umlief, daß zwei Kavaliere neulich in der Jungfernhaide ihre Pistolen versucht; es sei kein Blut geflossen, aber einige dürre Zweige wären abgefallen. Was ging Louis der Legationsrath noch an? auch der Legationsrath hatte an anderes zu denken. Er war heut nur auf eine Viertelstunde gelegentlich angesprochen, nachdem die Familie aus dem Thiergarten zurückgekehrt.
    »Was geht Sie das an?« replicirte die Fürstin, ihre Stickerei wieder vornehmend. – »Alles Leben ist ein Traum!« rief der Legationsrath nach einer Pause.
    Die Fürstin hielt die Nadel an: »Fallen Sie nicht aus der Rolle, Herr von Wandel?« – »Welcher?« – »Die Sie die Güte haben, vor sich selbst aufzuführen.
A propos,
ich bemerke, Sie fangen an, wenig zu essen und vom Glase nur zu nippen. Das ist für Berlin zu spät, man kennt Sie einmal als Gutschmecker. Sparen Sie sich die Rolle des St. Germain für Sibirien. Sie können sich dort mit einem Schamanenzauberer associiren. Vielleicht kommen Sie in einer ganz neuen Incarnation nach Europa zurück.«
    Wandel bewunderte die Laune der Fürstin und die Farben ihrer Stickerei. Sie stieß halb muthwillig seine Hand fort. – »Mir ist immer bange, wenn Sie etwas anfassen, daß die Farbe ausgeht. Haben Sie nicht wieder eine chemische Tinktur an der Hand kleben?« – »Erlaucht vergessen, daß die Chemie die schönsten Farbestoffe präparirt.« – »Bis sie nicht die Schminke erfindet, die einen Todten lebendig macht, geb' ich nichts auf Ihre Wissenschaft.« – »Sie fordern zu viel. Den Schein des Lebens herzustellen, gilt doch für das höchste –« »Was sie geleistet hat,« fiel die Fürstin ein, »und eben darum hasse ich sie. Eine scheinbare Tugend, ein scheinbarer Reichthum, ein anscheinend blühender Staat, und Alles übertünchte Gräber – durch Ihre Chemie. – Was fixiren Sie Adelheids Freund?«
    Wandel senkte die Augen: »Hippokratische Züge.« – »
Qu'importe!
Schmeckt der Blumenhonig den Schmetterlingen darum weniger süß, weil sie nur ein Schmetterlingsleben führen?« – »Der Schmetterling weiß freilich nicht, wie lang sein Lebensfaden ihm zugemessen ist, aber –« der Legationsrath beugte sich näher zur Fürstin – »aber, ich kann Ihnen nicht verhehlen, man begreift meine erlauchte Freundin nicht. Sie begünstigten das Verhältniß, und thun nichts, ihm eine Zukunft zu sichern.« – »Was heißt Zukunft?« – »Der alte Bovillard stellt sich auf die Hinterfüße. Seit er die Flasche alten Weines, die seinen provencalischen Adel enthält, entkorkt, ist der Duft ihm ins Gehirn gestiegen. Er will nichts für seinen Sohn thun. Mamsell Alltags Vater ist eben so närrisch von seiner neuen Würde benommen. Am Hofe hat man noch einen Degout gegen den jungen Wüstling. Wenn Niemand etwas für sie thut! Verschaffen Erlaucht ihm bei Ihrer Legation eine Stellung, und er ist vernünftig genug geworden, um zu wissen, was der Begriff Vaterland werth ist.« – »Haben Sie für nichts Anderes zu sorgen?« sagte die Füistin, wieder mit ihrer Arbeit beschäftigt.
    Der Legationsrath griff gedankenlos nach dem Hut. Es kam zwischen Seufzen und Gähnen heraus: »Wenn man nur nicht so viel Gefälligkeiten übernommen hätte!« – »Und sich nicht so rücksichtslos für seine Freunde und Freundinnen opferte!« fiel die Gargazin ein. – »Spotten Sie nur! Mir wird der Kopf zuweilen wüst.« – »Dafür haben Sie ja Arkana zur Hand.« – »Die larmoyante Liebelei des Rittmeisters und der Baronin ennuyirt die Freunde.« – »
Les Georges Dandins l'ont voulu.
« – »Nun soll ich die Platoniker wieder auseinander bringen, oder vielmehr aneinander. Man wünscht ein Gezänk, wobei sie sich in die Haare geriethen, einen Eclat, einen
coup de main,
eine Pulverexplosion.« – »Ich auch,« sagte die Fürstin. »Die Luft wird unerträglich schwül.« – »Der Mann, der Baron, ist zu gar nichts zu gebrauchen. Das ist das Schlimme.« – »Die Baronin scheinen Sie seit

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