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Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht

Titel: Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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einiger Zeit wirklich in Affection genommen zu haben.« – »Ich?« –
Pardon!
Ich vergaß, daß Sie keine Affrktionen haben. »Gehen Sie morgen wieder zur Lupinus?« – »Die unglückliche Frau bedarf des Trostes.« – – »Der Mann wohl nicht?« – »Er ist in Momenten so glücklich. Er kann sich über das Geringste, was seinen Phantasieen schmeichelt, wie ein Kind freuen. Ein alter Einband, eine neue Lesart, die er entdeckt zu haben glaubt. Auch., meine erlauchte Freundin würde ihre Lust daran haben, denn man kann sagen, es schwebt gewissermaßen schon die Glorie der Erlösung um seine Stirn. Lange wird er es nicht machen. Da ist es denn Pflicht seiner Freunde, was sie vermögen, die letzten Augenblicke ihm zu versüßen.« – »Die Luft im Krankenhause soll abscheulich sein. Nehmen Sie sich in Acht.« – »Die Geheimräthin ist zu eifrig in ihrer Pflege, zu excentrisch, um immer die gehörige Vorsicht zu beobachten. Sie erinnern sich, bei dem Jean Paulfeste, wie Adelheid beinahe verbrannt wäre.«
    Die Fürstin sah über die Arbeit starr vor sich hin: »Es ist etwas eigenes, das Kapitel von Sympathieen und Antipathieen.« – »Von den Sympathieen haben wir das
corpus delicti
vor uns,« lächelte Wandel, auf das Liebespaar blickend. – »Aber die Antipathieen haben etwas Monströses,« sagte die Gargazin, »weil wir sie mit allem Verstande uns nicht zu erklären wissen. Giebt es einen Gegensatz zum Magnet, einen Stein, der abstößt?« – »Feuer und Wasser mischen sich nicht.« – »Das ist es nicht, was ich meine. Das eine löscht doch, das andere durchglüht das andere. Aber wer erklärt diese innere Seelen- und Körperangst, die ein vernünftiges Wesen oft vom ersten Erblicken an gegen das andere empfindet? den angebornen Widerwillen, den geheimen Schauder, wo gar kein vernünftiger Grund da ist?« – »Doch vielleicht der Kitzel zu Paradorieen! Das häßlich zu finden, was Andere entzückt, fordert der Widerspruchsgeist von selbst auf, der gerade begabten Naturen eigen ist.« – »Warum fürchtet sich Haugwitz vor Ihnen?«
    Wandel schien etwas betroffen. Er wollte von dem Unglück sprechen, von geheimen Feinden verredet zu werden, wo ein Ehrenmann sich nicht veitheidigen kann, weil ihm die Anklage selbst unbekannt blieb. Das war es nicht, was die Fürstin meinte.
    »Warum hat Louis' Vater einen angebornen Widerwillen gegen die Lupinus? Ich weiß, er hat diese Antipathie. Er kann sie weder sich noch Andern erklären. Solch eine magische Scheu zieht sich durchs Leben, unzertrennbar von unsrer Persönlichkeit, wie wir von unserm Schatten. Was ist das nun? Ich, von meinem Standpunkte, könnte es mir deuten; aber ich wünschte Ihre Ansicht zu zu kennen. Sie Rationalist. Ihre Wissenschaft muß wenigstens vor sich selbst Alles zurecht legen können, was in der Natur erscheint.«
    Wandel hub an von den sich anziehenden und den sich abstoßenden Kräften, von den Stoffen, die als Wärmeableiter dienen, er ging zur Electricität über und stand beim Blitzableiter, ohne daß wir wissen, wie weit er sich in die Wolken, und von ihnen herab wieder in die psychische Welt versenkt hätte, als ihn die Fürstin abermals unterbrach. Möglich, daß er nicht ohne Absicht in die Doctrin sich verlor, weil er wußte, daß die Fürstin nie aufgelegt war, Vorlesungen anzuhören, und er in dem Augenblicke noch weniger, sie zu halten.
    »Warum ist sie auch mir zuwider?« – »Zwei Sonnen vertragen sich nicht am Himmel, pflegt man zu sagen. Aber von Rivalität kann nicht mehr die Rede sein, wo die eine unterging.« – »Wenn ich Ihnen auch zugestände, daß ein solches Gefühl einmal da war, das ist es nicht. Es ist etwas Anderes. Ich kann mit ihr Komödie spielen, aber nachher überfröstelt es mich, wie Jemand zu Muthe sein muß, der erfährt, daß er mit einem von der Pest Inficirten Hände geschüttelt. Nach jenem letzten Abende erschien sie mir im Traum. Ihre kostbaren Kleider fielen in Lumpen, eines nach dem andern, ihr vom Leibe. Ich schrie aus, ich floh vor dem scheußlichen Gerippe. Ich war plötzlich aus dem Bette, und es stand noch immer vor mir, ja es dauerte eine Weile, als ich schon die Augen mit Gewalt aufgerissen hatte, bis es in den Boden versank. Was ist das? Erklären Sie's mir.« – »Vielleicht die polarische Attractionskraft der Gegensätze. Wir träumen das Gegentheil von dem, was wir fühlten, dachten, erlebten, liebten. Das ist der Inhalt der Traumbücher. Die Geheimräthin ist immer sehr

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