Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht
ist es nichts.«
»Es stände in Bovillards Willen?«
»Seine Braut ist die schöne Person, die neulich die Geschichte mit Ihrer Majestät hatte. Ich weiß es bestimmt, die Königin ist, wie hohe Personen sind, für das Mädchen enthusiasmirt; wenn er den Vortheil benutzte –« –«
Der Minister hielt inne; nicht weil er die Röthe auf Walters Gesicht bemerkte, sondern weil er selbst etwas von Erröthen fühlte. Ein ernster Staatsmann darf auch die Intrigue spielen lassen, weil leider keine Staatskunst ohne sie bestanden hat, aber schon der Schein ist gefährlich, daß er im Ernst sich in ihr Spiel verliert. Der Minister griff nach den Skripturen auf dem Tisch und schien von der Lektüre absorbirt, während Walter mit einem wehmüthigen Lächeln einer Erinnerung nachhing.
* * *
Der Vorfall, auf den der Freiherr angespielt, war eine bekannte Stadtgeschichte, die vor einigen Tagen sich ereignet. Wir müssen mit unsern Lesern aus dem Hotel des Ministers einen Seitensprung nach einem öffentlichen Ball thun, den eine Korporation zu Ehren der Majestäten veranstaltet hatte. Die Königin Luise hatte das schöne Mädchen bemerkt und ein Dienstthuender mochte aus Unkenntniß eine mißverstandene Vorstellung gemacht haben, als sie im Vorübergehen die Frage an Adelheid gerichtet: »Was sind Sie für eine Geborne?« Die Baronin Eitelbach, welche neben Adelheid gestanden, wollte, erschrocken, dem jungen Mädchen zu Hülfe kommen, und hatte die historisch gewordene Antwort gegeben: »Ach, Ihre Majestät verzeihen, sie ist gar keine Geborne.« – Nur die Gegenwart der Königin hatte ein Gelächter zurückgehalten, was wie ein Gewitterschauer auf den Gesichtern der Umstehenden drohte. Ihre ganze Huld und Majestät hatte die Fürstin zusammengenommen, um jene strafenden Worte zu sprechen, die ebenfalls in die Geschichte übergegangen sind, und nach verschiedenen Berichten am wahrscheinlichsten so lauteten: »Ei, Frau Baronin, Ihre naiv satirische Antwort sollte gewiß das junge Mädchen nicht kränken. Von Geburt sind wenigstens alle Menschen ohne Ausnahme gleich. Ist es auch ermunternd und erhebend, von Eltern und Vorfahren abzustammen, die sich durch Verdienst und Tugenden auszeichneten, und wer wollte den Werth nicht anerkennen und sich nicht selbst geehrt fühlen durch de Ehre, aus einer guten Familie zu sein! Aber Gott Lob, das gilt für alle Stände gleich und aus den untersten sind die größten Wohlthäter des Menschengeschlechts hervorgegangen. Stand und Würde kann man erben, aber innere persönliche Würdigkeit, worauf am Ende doch Alles ankommt, muß Jeder sich selbst erwerben. Der Weg dahin ist die Selbstbeherrschung, und ich bin überzeugt, wenn ich in den Zügen des jungen Mädchens lese, daß ihre Seele diesen Weg längst gefunden hat. – Ihnen, liebe Baronin, danke ich, daß Sie mir Gelegenheit gaben, den Anwesenden meine Meinung darüber zu sagen. Es ist die Meinung, welche auch im Herzen meines Gatten, des Königs, lebt.« Der strafende Blick der Königin, der leichthin über die Reihen flog, hatte sich in den huldvollsten verwandelt, als er Adelheid wieder traf. Sie wechselte einige Worte mit ihr, die nur die Wenigsten hörten, aber Beider Augen verriethen den Sinn. Mit dem gnädigsten Nicken war sie vorüber geschwebt.
Die Scene hatte sich im Augenblick verwandelt. Die moquanten Mienen von vorhin waren zu langen Gesichtern geworden. Das junge Mädchen war noch eben als ein Eindringling in diese Kreise betrachtet und gemieden worden; fast isolirt hatte sie neben der Eitelbach gesessen, kein Tänzer sich ihr genaht. Welche Urtheile waren hinter ihrem Rücken gefällt worden! Ach, selbst ihre Jugendgeschichte hatte man hervorgezogen. – Ist das die ! hatten zwei Hofdamen sich erschreckt angeblickt, mit dem Versuch, über die Erinnerung zu erröthen, der indeß unter dem dicken Karmin erstickt war.
Und nun, wie Nebel bei einem Sonnenblick, war Alles anders geworden. Woltmann berichtet von der Königin Luise, daß, wenn sie mit Häßlichen gesprochen, auch diese allmälig den Umstehenden schön gedünkt; solchen Zauber strahlte die Fülle ihrer Anmuth aus. Eine ähnliche Magie hatte Luise hier geübt. – Nein, wie schön sie ist! hörte die Eitelbach jetzt hinter sich flüstern. Welcher Anstand! – Es ist etwas Geborenes darin! – Die Eitelbach war ohne Neid; mit Vergnügen sah sie die Lorgnetten auf ihren Schützling gerichtet. Sie lächelte die Dame an, die sich an ihren Arm hing: »Nein,
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