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Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht

Titel: Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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Voigteien? Ich konnte sie immer nur als den Abdruck unserer Sittenverderbniß betrachten.«
    »Nun, so studire ich in ihnen das Schattenspiel unser selbst.«
    »Aber wo unter hundert Fällen neun und neunzig nur die Verwechselung des Mein und Dein zum Gegenstand haben.«
    Fuchsius sah ihn lächelnd an: »Ist das nicht die große Frage, die Alles regiert! Nur daß die Groben für Andere die Feinen für sich einen Mantel darüber hängen. Von meinen Verbrechern wollen die Wenigsten sich selbst täuschen, es ist daher viel leichter, die Bemäntelung abzureißen und der Sache auf den Grund zu kommen. Uebrigens versichere ich Sie, daß ich die interessantesten Studien vorhabe. Wir stimmen darin, wenn Sie in der Verbrecherwelt nur einen andern Abklatsch der höheren Stände erblicken. So zergliedere, arrangire ich sie mir; ich finde die Erklärung für Vieles, was oben im Licht geschieht, in meinem Schattenreich. Ich dringe in manchen intrikaten Dingen bis in die Familien, auch in recht angesehene, und finde immer den Abdruck desselben Stempels. Die Zerlassenheit, das laxe Wesen, die Maximen, Prinzipien dringen von oben nach unten durch wie eine ätzende Säure. Hier verschenkt man freilich nicht Staatsgüter, die Hunderttausende werth sind, zur Erinnerung für gute Compagnieschaft bei einer Orgie, noch schwarze Adlerorden an Roués für eine Galanterie; man giebt am Sterbebette eines Monarchen keinen Judaskuß seiner Maitresse um eine letzte Gnadenbezeugung und um sie desto sicherer zu machen, damit, wenn er die Augen geschlossen, man sie auf die Wache schickt. Noch trifft man auf vornehme Damen, die, wenn die Sünde sie verlässt, doch von der Sünde nicht lassen können, und unbescholtene Töchter guter Familien in ihre Zauberkreise verlocken, nicht aus Eigennutz, rein aus Vergnügen, und noch weniger verstehen meine Schelme, Betrüger, Galgenvögel, darüber den Schleier von Philosophie und Humanität zu breiten, aber – Sie werden vielleicht nächstens Dinge sehen, die Sie nicht erwarten, und die Gesellschaft wird die Augen aufreißen. Leben Sie wohl – Excellenz verkehrt mir zu lange mit Herrn von Bovillard.«
    »Sie scheinen wichtigen Entdeckungen auf der Spur.« Fuchsius nickte. »Dann müssten Sie eilen. Mich dünkt, das große Ungeheuer Krieg verschlingt die kleinen.«
    »Falsch geschlossen, Herr van Asten. Die Kriminalistik hat die Beständigkeit vor der Politik voraus. Wer auch siegt, das Jagdrecht der Justiz und Polizei auf die gemeinen Verbrecher bleibt unangetastet. Spitzbuben, Räuber und Giftmischer liefern die Kriegführenden sich mit gegenseitiger Kourtoisie aus, und der Strick ist der sicherste Orden für den, der eine Expectanz darauf erwarb.« Der Rath schien doch noch etwas sagen zu wollen, als er den Thürgriff langsam aufdrückte, Walter kam ihm zu Hülfe. Wenn er aus seiner Wissenschaft ihm etwas mittheilen könne, möge er kommandiren; er glaube nicht zu versichern nöthig zu haben, daß er auf seine volle Verschwiegenheit rechnen könne.
    »Fand in letzter Zeit eine Communication zwischen dem Minister und dem Legationsrath Wandel statt?« – »Ich glaube, es positiv verneinen zu können.« Der Rath schien zufrieden: »Sie selbst kamen nie mit ihm in nähere Berührung?« – »In keine andere, als welche die gesellschaftlichen Beziehungen im Hause der Geheimräthin Lupinus mit sich brachten.« – »Mit der schien er in Relation zu stehen –« »Welche das Geklätsch zu andern machte, als sie vielleicht waren. Sprach man doch auch, daß die Geheimräthin sich scheiden lassen und ihn heirathen wolle. Da, so viel mir bekannt, ihre Verbindung seit dem Tode des Geheimraths sich gelöst hat, so war auch das gewiß ein falsches Gerücht.« – »Um so mehr, als jetzt verlautet, daß Herr von Wandel auf Freiersfüßen bei der reichen Braunbiegler aus und ein geht.« – »In der That?«
    Der Rath fasste freundlich Walters Hand und mit demselben Tone sagte er: »Herr van Asten, verzeihen Sie die Indiskretion, an der Börse meint man, daß Ihres Herrn Vaters Angelegenheiten schlimm stehen. Er hat sich in einer Spekulation verrechnet –«
    »Und wird hoffentlich, wenn sie fehl schlägt, der Mann sein, der seinen ehrlichen Namen mit dem Letzten, was er besitzt, löst.«
    »Daran zweifle ich nicht, und wünsche ihm, daß er ohne dieses Opfer sich aus der Klemme zieht. Aber er steht in Geschäftsverkehr mit Wandel, er hat Wechsel von ihm, er hat Mittel gefunden, während man glaubte, daß Wandel auf

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