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Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht

Titel: Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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– »Dann schreib ich's Ihnen.« – »Und wenn Sie mir nicht schreiben?«
    Da hub das Schluchzen von Neuem an; aber es war nur Charlotte. Der Wachtmeister hatte seine Handschuh angezogen, den Pallasch in die rechte Lage gebracht und sich grad aufgerichtet: »Demoiselle Charlotte, wozu hilft das Greinen! Sie müssen bedenken, der Soldat ist Soldat. Ist's nicht so, so ist's so. Sterben müssen wir Alle, und wenn's uns noch so gefällt in einem Quartier, einmal ziehen wir raus. Drum sagt unser Obristwachtmeister: Kerle, Ihr müsst denken, daß Andere nach Euch kommen, die wollen auch was finden. Und warum nicht! Sie sind ja auch Menschen. Und so ist das ganze Leben, sagt er, wir ziehen aus einem Quartier ins andere. Und wem's sein letztes war, das weiß Keiner nicht, denn 's kommt auf einmal, auf den Plutz. Da steht der Tod vor ihm roth und blaß auf der Mauer und kräht ihn an, und eh es ausgekräht« –
    Charlotte schrie auf. Es krähte ihn ja an. Auf der Hecke stand ein Kalekuter, seine rothen Lappen von der Sonne beschienen, seine Augen funkelnd vor Angst oder Zorn. Und eine Pute flog auch über die Hecke und ihr gar in die Arme. Aber auch die Trainknechte flogen den Gang herauf, schreiend, fluchend, die bösen Trainknechte, mit so zornfunkelnden Augen als der Hahn. Charlotte hatte sich wirklich die Pute nicht aneignen wollen, die sie unwillkürlich an ihr liebebedürftiges Herz gedrückt. Charlotte war selten um eine Antwort verlegen, aber kaum, daß sie über die Lippen war, musste sie es mit eignen Ohren hören, daß der Knecht sie anschrie: »Selbst Pute, sie!« und mit eignen Augen musste sie es sehen, daß der Wachtmeister, statt ihr beizuspringen, mit nach dem Kalekuter haschte. »Es sind ja Excellenz Möllendorfs eigene Truthühner!« rief ein Anderer, um sie zu Respekt und Raison zu bringen.
    Der Puter und die Pute waren längst fort, denn als Charlotte die Arme öffnete, hatte die letztere es vorgezogen, einen Satz in die Luft zu machen, als in die Arme des Knechts zu fliegen. »Bestien ihr, wartet!« war das letzte Wort, das sie hörte, und leider war ihr die Stimme sehr bekannt. Das wilde Heer war verschwunden, und das war der letzte Abschied von ihrem Wachtmeister. Die Frau Hoflackir, die herbeikam, fand Charlotten in Thränen. Der Herr Hoflackir, der seiner Gemahlin die beiden jüngsten Kinder auf den Armen nachtrug, derweil das Aelteste an seinem Rockschooß ging, fragte, warum die Cousine weine. – »Das frägt er noch!« sagte die Frau Hoflackir. – »Es frägt sich vieles,« sprach Charlotte mit einem Blick gen Himmel. »Ach, lieber Cousin, die Militärs in Ehren, aber ihnen geht doch das ab, was ein empfindungsvolles Gemüth bedarf, wenn es sich über das Gemeine des irdischen Daseins erheben soll. Die Montur und die Uniform sind etwas sehr Schönes für König und Vaterland, aber mehr Gefühle für Frauenwürde findet man doch beim Civil – selbst bei meinem lieben Geheimrath.«
    Und daß Puter und Pute, dieselben, noch ein zärtliches Paar aufschrecken, noch einen Abschied stören mussten! Den Obristwachtmeister Stier von Dohleneck und die Baronin Eitelbach, die in der einfachen Allee am Rande des Gartens promenirten. Es war die süße Verständigung nach so langen, langen Zweifeln. »Und nun grade uns trennen müssen!« Seltsam! war es doch hier das Widerspiel der anderen Abschiedsscene. Er schien der Geknickte und strich über die Augenwimpern. Thränen waren es nicht, aber ein Jucken und Drängen an den Augen, als fürchte er sich vor ihnen.
    »Wissen Sie, mir ist's manchmal, als wären wir Alle nur da, um uns zu trennen,« sprach die Baronin und sah in den blauen Himmel. »Und wir lebten nur, damit wir uns darauf vorbereiteten.« Er blickte sie verwundert an. »Die zu einander gehörten, müssten sich ihr Leben lang suchen, und wenn sie sich gefunden haben, wäre es nur, um von einander Abschied zu nehmen. Da geht Mamsell Alltag mit ihrem Vater in den Salon. Das ist doch ein kreuzbraves, schönes und gescheites Mädchen. Was hat die ausstehen und sich versuchen müssen, darüber ist doch nun alle Welt im Klaren, und nun's ihr endlich gut geht, und die schlechten Zungen schweigen müssen, und die Königin sich ihrer angenommen hat, und sie Den nun endlich heirathen soll, den sie von ganzem Herzen lieb hat da – da muß er den Tag vor der Hochzeit spornstreichs auf und davon.« – »Nur auf einer dringenden Mission vom Könige. Er wird wiederkommen.« – »Wenn sie ihn nun als Spion

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