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Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht

Titel: Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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für die knifflichen Sachen, für die andern sind Ochsen ausreichend.‹«
    »Ochsen mögen eine Weile die Tretmühle treiben, wie Exzellenz das selbst am besten wissen, im Uebrigen meine ich, daß Ochsen noch nie eine Mühle in Gang gebracht haben.«
    »Woran ging Josephs II. Schöpfung unter?« fuhr die Excellenz fort. »Und was meint Ihr, daß aus unserm Staat würde, wenn irgend ein Zufall Prinz Louis Ferdinand auf den Thron brächte?«
    Nach einer kleinen Pause hob der Geheimrath an, den Weinrest in seinem Glase schüttelnd:
    »Ich meine, zuerst würde er unsern verehrten Wirth zur Thür hinaus komplimentiren. Dann ging's an Lombard, Beyme, Lucchesini, an uns Alle. Es würde aufbrausen wie tausend auf ein Mal entkorkte Champagnerflaschen. Da man sie aber nicht alle auf ein Mal austrinken kann, würde der Wein bald schaal werden. Und wie er seiner Maitressen satt wird, würde er's auch der Genies. Dann kämen die unermüdlichen Geschöpfe dran, die man nun Zuträger nennen kann, oder Sykophanten, oder Gelegenheitsmacher, Kuppler, oder auch Ochsen, wie man will, die immer für neue Stoße in Wein, Ideen und Liebe sorgen. Diese bleiben endlich seine Gesellschaft, eben weil sie sich zur Thür hinauswerfen lassen und immer wieder kommen. Endlich gewöhnt man sich an sie, weil man ihrer bedarf, weil sie zu Allem zu brauchen, man verachtet sie, aber sie bleiben doch unser Umgang, weil sie immer gefällig, unsere Freunde, weil wir keine besseren finden, und schließlich – es blieb auch unter Louis Ferdinand Alles beim Alten. Christian, wir blieben auch!«
    Der Minister drohte mit dem Finger.
    »Ach was! wir sind unter uns. Wein und Wahrheit. Betrachten wir hier unseren würdigen Kammerherrn. Verzog er die Miene, ward er nur einmal roth, als ich von Kupplern sprach?«
    »St. Real kann ja nicht mehr roth werden.«
    »Excellenz! Dieser echte Philosoph beschämt uns. Sein purpurn Antlitz brennt, wenn er so viel Flaschen aussticht wie nur Fleck und der Prinz, nicht röther, als wenn er eine Tasse Thee nippt. Wenn wir wankend aufstehen, sagen sie: er hinkt ja immer. Er kennt die Liebe nicht mehr, aber sein liebebedürftiges Gemüth schafft sie für Andere. Wir kamen überein, daß er, ohne Schmeichelei, unter uns das Minimum von Verstand hat, aber wie weiß er den Ueberfluß an Mangel zu cachiren, daß Jemand, der jetzt durchs Fenster sähe, doch schwören könnte, er hätte die meiste Raison. Und, Excellenz, sehen Sie seine Lippen und Manchetten, er hat immer noch etwas
in petto
uns zu überraschen.«
    »Nein; er scheint mir melancholisch, weil er die Laura beim Prinzen nicht anbringen kann.«
    »
A propos,
St. Real, wie ist's mit der junonischen Gans?«
    »Aha, der schönen Eitelbach,« sagte der Minister.
    Der Kammerherr schüttelte den Kopf: »Geben Sie die Hoffnung auf, meine Herren. Königliche Hoheit exprimirten sich in drastischer Kürze: ich sollte die Tugend nicht der Versuchung aussetzen. Uebrigens wisse ich ja, daß Sie Gänsebraten nicht liebten.«
    Glich der muntere Frühstückstisch doch auch auf Augenblicke einem Secirtisch. Alle Qualitäten der schönen Frau wurden von Experten zergliedert und abgewogen, wobei der Witz die leichte Vergleichung mit den Ingredienzien der Pastete nicht verschmähte. Das Resultat war, daß man alles in ihr fand, nur keine Seele, keinen Verstand und keine Passionen. Ja es sei Hopfen und Malz verloren, erklärte der Kammerherr, ihr eine Inklination beizubringen. »Es ist nichts unmöglich,« trumpfte Bovillard.
    Der Minister bemerkte, daß seine Augen von einem eignen Feuer strahlten. Das könnte allerdings vom Weine sein, er goß schon die fünfte Flasche an, als er die Stimme erhob:
    »Jeder Humanitätsbürger hat die Pflicht das Seine zu thun zur Vervollkommnung des Menschengeschlechts, und ist ein Weib, meine Freunde, vollkommen, hat es eine andere Bestimmung als die Liebe! Seid Ihr denn Kannibalen, oder habt Ihr Herzen von Stein, daß Euch das schöne Weib nicht rührt, daß in ungeheurer Langenweile mit ihrer
bête noire
von Mann ihre Rosentage verträumt? Christian, und Sie, St. Real, waren unsere Vorfahren nicht Ritter, die ihre Lanze für die gefangene Schönheit einlegten? Und ist sie nicht gefangen, gleichviel ob von einem brutalen Ungeheuer, oder von einem Alp von Apathie! Welche Schätze liegen da wüst in dem schönen Tempel, und Ihr wollt zaudern Hand anzulegen! Nein, Ihr Ritter, Schatzgräber, Maurer, sinnt auf ein Zauberwort, das ihren Bann löst. Angefasst,

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