Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht
gehämmert, Funken geschlagen bis wir das innere Feuer in der schönen Bildsäule entzündet! Seht doch den dicken Iffland auf der Scene, wenn er als Pygmalion Leben in seine Galathee schwatzt und klopft. Was, sollen wir ungeschickter sein? Gluth soll durch ihre Adern strömen, sterblich soll sie sich verlieben, interessant werden, rührend, sie soll uns Thränen entlocken! Kinder könnt Ihr Euch denn ein pikanteres Schauspiel vorstellen, als die Eitelbach in rasender Leidenschaft?«
»Bovillard rast!«
»Du willst sie doch nicht selbst in Dich verliebt machen?« sagte der Minister.
»Nichts davon, es muß etwas ganz Absonderliches dabei sein.« Er zog den Rock aus und warf ihn auf die Erde. Auch das Halstuch folgte. Die Toilette des Ministers entsprach allerdings diesem Negligé, nur der Kammerherr blieb zugeknöpft.
»Unser Geheimrath ist im Zustand der Divination.«
»Etwas Frappantes,« rief Bovillard, »daß man drei Tage vor lautem Gelächter die Glocken nicht hört. – Wenn's irgend einen berühmten Kanzelredner gäbe –«.
»Warum nicht gar!«
»Du hast Recht! Da machte man sie zu einer Schwärmerin. Es muß gar keine Erklärung für die Neigung geben. Etwas Originelles, ein Flügelmann von der Garde oder ein Zwerg. Ein grundhässlicher Kerl, ein Bucklichter, ein Weiberfeind, ein Trunkenbold, ein Weiser. Wenn der alte Gundling noch lebte, oder Moses Mendelssohn.«
»Ich schlage Johannes Müller vor.«
»Er müsste sich doch auch in sie verlieben können.«
»Und am Ende hieße es, sie hätte sich nur in seine Schweizergeschichte verliebt,« sagte der Minister, und mit niedergeschlagenen Augen flüsterte er: »Ich wüsste schon Jemand –«
Das stille Gelächter, die verkniffenen Lippen, die blinzelnden Augen der Anderen bekundeten, daß der Minister verstanden war. In jovialen Kreisen solcher Freunde versteht man sich an Zeichen. Ein »Schade, schade!« ging wie der Hauch des Abendwindes über ein Aehrenfeld.
»Da uns hier eine höhere Magie entgegenarbeitet, bescheide ich mich, wiewohl ich das Verdienstliche des Vorschlags vollkommen würdige,« schmunzelte Bovillard.
St. Real schüttelte den Kopf: »Es kann doch nicht immer so dauern.«
»Das Reich der Tugend! Hört den grauen Sünder, der es nicht mal von dem göttlichen Schiller weiß: Und die Tugend sie ist kein leerer Wahn. Sein Himmel hängt nicht voll Geigen, sondern voll lauter Pompadoure. Er ist ein Kryptokatholik, sein Heiligenkalender fängt an mit der Sanct Agnes Sorel und hört auf mit der heiligen Baranius.«
»Bovillard merkt nicht, daß St. Real einen Einfall hat.«
»Wenn wir den Witz ausgeschüttet, kraucht ihn immer einer an. Heraus damit! Sollten wir etwa Namen aufschreiben und würfeln? Auch das; ich parire jede Wette; wen das Loos trifft, in den will ich die Eitelbach verliebt machen.«
Der Kammerherr spiegelte sich im Glase, das er dicht ans Gesicht hielt: »Herr von Bovillard, ich zweifle, wenn ich den nenne, der mir eben einfiel.«
»Nenne den Namen, ich will ihn beschwören.«
»Daß er davon läuft, das will ich glauben, er hat mehr Schulden als Haare auf dem Kopf.«
»Nein, auch er soll kleben wie eine Klette. Und sie verliebt sein, wie – ein verliebter Maikäfer. Das ist das Einzige, was mir aus einer tollen Tragödie kleben blieb, aus der Iffland uns neulich Abends zum Jokus vorlas, von dem verrückten Kleist.«
»Auch in den Herrn Rittmeister Stier von Dohleneck? Getrauen Sie sich auch mit dem eine Liaison zu Stande zu bringen?«
Der Geheimrath sprang auf: »Was gilt die Wette?«
»Bovillard, sein Sie nicht unsinnig,« sagte der Minister.
»Ich frage, wer wettet!« fuhr der Erhitzte fort. »Aber dazu andern Wein, feurigern!« Er schleuderte das Glas hinter sich. »Vom Spanischen her, einen Pedro Ximenes! Die Eitelbach und Dohleneck, eine
liaison tragique,
eine
liaison dangereuse,
ein Turtelpärchen, was Ihr wollt! Wer hält die Wette, auf was es sei! Christian parire!«
»Bovillard weiß nicht –«
»Alles weiß ich, daß sie wie Katze und Hund sind, eine Aversion fühlen, eine gegenseitige Idiosynkrasie, die stadtkundig ist. Desto besser; je schwieriger die Aufgabe, so ehrenvoller der Succeß.
Va-t-en,
Christian, wettest Du?«
»Meinethalben.«
»Auf was? Nicht Geld, nicht Champagner, etwas Abnormes, was den Appetit reizt.«
»Excellenz könnten eine Geliebte abtreten,« kicherte der Kammerherr.
»Ich und eine Geliebte!«
»So sinne etwas Sinnreiches aus, was Du gegen Dein Gewissen
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