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Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht

Titel: Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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Mythologie auswendig. Venus, das war die Mutter vom Cupido oder Amor, und ihr Vater war Jupiter und sie war aus Meeresschaum geboren, und die Kinder vom Amor waren Amoretten. Wenn der Herr Kammerherr die Amoretten anzog, das war zum Todtlachen; Kinderchens, nicht größer als so, mit Papierflügeln, einem Gürtel um den Leib, und Alle an einem langen Strick gebunden, der so hing, und wenn sie artig blieben, und nicht zappelten, kriegte Jede nachher einen Honigkuchen. Ich selbst war mal ein Cupido, na, Engelchen, das war eine Geschichte, wenn ich daran denke! Sehn Sie, so stand ich mit einem silbernen Pfeil und sollte ihn Jemand ins Herz stoßen, versteht sich nur von Pappe und Schaumsilber; aber wenn ich Ihnen den Jemand nennte, da würden sie Augen und Ohren aufsperren! Es war ein sehr reicher und vornehmer Herr, und wurde nachher noch vornehmer und reicher. Ach, und ein Herz und ein Gemüth, so gut wie ein Kind. Da gab ein Jeder gern sein Liebstes hin, wenn dem guten Herrn eine Freude damit geschah. Und wie generös! Da wurden die Goldstücke nicht gezählt; nur so in der Hand gewogen. Und einmal, es war nämlich in einer kleinen, engen Gasse, da neben der Spandauerstraße, zwei Stock hoch, in einem finstern Hause, Treppen so grade rauf, wie 'ne Leiter, und stockduster, daß man sich Hals und Bein bricht, da kommt der Herr eines Abends rauf. Gott bewahre, er wird nicht allein ausgehen, Einer in Livree vorauf, und zwei Herren begleiten ihn, Alle in großen Mänteln. Nämlich er hatte in Dresden ein Bild gesehen, von einem gewissen Titus oder Tilian, darauf kommt's nicht an. Es stellte eine Venus vor, die auf einem Kanapee ruht, und es hatte ihm so gefallen, daß er gar nicht die Augen wegkriegen konnte. Da hatte Jemand zu ihm gesagt: ›Gnädiger Herr, ich weiß in Berlin ein Original dazu; das hier ist ihm wie aus den Augen geschnitten.‹ Wie der vornehme Herr dazu den Kopf schüttelte und meinte, das halte er für ganz unmöglich, denn so was gebe es gar nicht lebendig, sagte der Andre: ›Wenn gnädigster Herr sich dafür interessiren, so käme es ja nur auf die Probe an. Ich weiß, der Mann, dem es gehört, würde es sich zur größten Ehre schätzen.‹ Sehen Sie, so war der Hergang.«
    Adelheid wollte nach Hut und Handschuh greifen. Warum wusste sie nicht, aber sie war unruhig geworden. Die Obristin fasste sie am Ann: »Engelchen, liebes, Sie ängstigen sich doch nicht? Das war nur, was sie lebende Bilder nennen, lassen Sie sich's nur von Herrn van Asten erklären, und der hat sie auch gar nicht gesehen, Gott bewahre, der Vorhang ist gar nicht aufgegangen von wegen der silbernen Leuchter, denn darin hatte er's versehen. Die Stube sah Ihnen doch wie ein Paradies aus. Da hatte er Blumen und Bäume von Winkel-Bouchés bringen lassen, und Wachslichter hinter die Büsche, und oben hatte er sich vom Theater eine Lampe geborgt, ganz blaß, die sah wie Modenschein aus, und hinten war die rothe Gardine zum Zurückschlagen, und davor zwei große Bäume, das waren aber Tannen aus dem Thiergarten, und da huckten oben zwei Amoretten, sie waren angebunden, aber nicht ganz fest. Und Räucherpulver war auf ein Kohlenbecken gestreut, das war so verdeckt, daß es wie ein Altar aussah, und die kleine Stube roch Ihnen süß und schön. Ich musste nun dahinter kauern, und wenn er einträte, sollte ich vorspringen, und ihm den Pfeil auf die Brust halten, und die Worte sprechen:
     
    O edler Menschenfreund, Dein tugendhaftes Herz,
    Wenn dieser Pfeil es trifft, so sei es nicht zum Schmerz,
    Wenn dies ihr Tempel war, ist er von jetzt ab Dein,
    Und sei Du Phöbus nun in diesem Mondenschein.
     
    Nu können Sie sich vorstellen, Engelchen, wie mein Herz schlug, als ich ihn die Treppe raufkommen hörte; Herr Jesus, ich glaubte doch, mir würde es in der Kehle stecken bleiben. Und der Mann von der Frau, der stand auch so und japste an der Thür; er war auch baumgroß mit einem Tressenrock, und weißseidenen Strümpfen. – Und die weißen Handschuhe zitterten nur so, wie er die Armleuchter hielt. Und wie der Herr draußen die letzte Treppe rauf steigt, – wir hörten ihn husten, – er nun, mit dem Fuß die Thür zurückgeschmissen, und raus, da sinkt er beinah in die Kniee und leuchtet runter: ›Mein gnädigster Herr, das ist zu viel Sonnenschein in mein armes Haus!‹ Der Herr nun, der nicht weiß wie ihm ist, hält den Arm vor's Gesicht, und stolpert just, wie er ruft: ›Verfluchter Kerl!‹ Das hab ich selbst gehört; das andre

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