Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht
ist. Und wenn alle Zeugen vernommen sind, die Polizei kreuz und quer fragt und spionirt, Hergang, Wirkung, Ursach, 's ist nichts so fein gesponnen, es kommt ans Licht der Sonnen. Liebster Kammerherr, ich bin im Ernst um Sie besorgt. In diesen Angelegenheiten ist der Monarch sehr irascibel.«
»Wenn ich nur ganz gewiß sein könnte –« sagte gedehnt mit scharfem und schüchternem Blick auf den Plagegeist der Kammerherr, – »von unsern Freunden wird die Sache schon in dem rechten Licht vorgetragen werden.«
Bovillard drückte ihn heftig an die Brust: »Wie Sie mich beruhigen! Offenherzig gestanden, ich bedurfte dieser Beruhigung nicht, ich wollte Sie nur auf die Probe stellen. Ein Thor, wer da sagt, daß die Tugend von der Erde Abschied nahm. Wer noch auf Freunde sein Vertrauen setzt, übt sie. Und Ihre Freunde werden sie ebenfalls üben. O, ich möchte bei dem Vortrage sein, ob nun ein Kammerdiener oder ein Kammerherr ihn übernimmt; wie sie weißbrennen werden, was schwarz ist, und vielleicht anschwärzen, was weiß wie Schnee ist. Ja, so beim Kaffee, so unter der Hand, gelegentlich hingeworfen, erfährt ein Fürst die Wahrheit – von guten Freunden. Sorgen Sie aber auch für einen Sündenbock. Denn wenn nach dem Hofe der officielle Vortrag kommt, muß er doch ergrimmt werden über die falsche Darstellung. Er weiß es ja alles besser, er hat es alles wie selbst erlebt. Wenn der Vortragende da erblasst, stockt, nicht vorbereitet ist, keinen Zornableiter da zur Hand hat, dann wird es schlimm. Lassen Sie den Kommissar opfern, mich, wenn es sei, retten Sie sich nur selbst dem Vaterlande. – Na nu wollen wir uns aber zusammen retten.«
Der Kammerherr sah mit einigem Befremden auf das Messer, welches plötzlich in seiner Hand blitzte: »Seien Sie ohne Sorge; nur im höchsten Nothfall stoße ich es Einem durch die Gurgel!« Er holte noch aus dem Kamin ein altes Ofeneisen. Er musste schon vorher die Gelegenheit geprüft haben. In der alten Ausgangsthür des Vorzimmers war in der unteren Füllung eine Ritze, er vergrößerte sie durch das Messer und lockerte die anderen Fugen bis er das Brecheisen hineinpassen konnte. »Jetzt warten wir, bis ein Wagen vorüberrasselt, dann ein Krach und wir haben ein Mauseloch. Wollen Sie nun den Durchbruch auf Ihre Kappe nehmen, Kammerherr?« – »Ich?« – »Versteht sich, nur wenn wir attrapirt werden. Der Unterschied ist, wenn Sie es auf sich nehmen, ist es nur ein Ausbruch, Sie können beweisen, daß Ihnen die Wohnung und Sie in die Wohnung gehören, außerdem sind Sie ein anständiger Mann, dem die Polizei auf's Wort glaubt. Wenn es aber auf mich kommt, mir glaubt man nichts, außerdem bin ich in Hemdsärmeln, die Polizei könnte es daher leicht unter dem Gesichtspunkt eines Einbruchs fassen, und diese Fassung unangenehme Folgerungen nach sich ziehen, in Betracht dessen, daß man Vieles in diesem Hause vermissen wird, was dazu gehörte, ich meine nicht uns Beide, aber die gestohlenen Sachen.«
»Bovillard, machen Sie keine Faxen! Wie werde ich denn einen Freund in der Noth verlassen!«
»Aber nur der Tod ist umsonst. Was krieg' ich für meine Arbeit? Ich friere, so kann ich mich nicht auf der Straße sehen lassen. Leihen Sie mir Ihren Rock.«
»Dann hab' ich ja keinen.«
»Sie fahren in Ihrer Kutsche, ich gehe nach Hause.«
Man einigte sich, daß Bovillard mit dem Kammerherrn fahren sollte. Die Freunde würden sich schon warm machen. »Was geht über eine echte Freundschaft!« sagte Bovillard, hatte aber schon mit seinen scharf umherspähenden Augen das weggeworfene Umschlagetuch entdeckt, das er jetzt ergriff, um sich damit, wie er sagte, gegen die Kälte zu schützen, bis sie im Wagen säßen.
Ein Wagen rollte endlich über das schlechte Straßenpflaster, die Thüre krachte und Bovillard war hinaus. Als St. Real, auf den Knien heranrutschend, den Kopf durch die Oeffnung stecken wollte, drückte Jener das halbe Brett wieder hinein: »Halt, so ist nicht gewettet. Was geben Sie Zoll?«
»Bovillard, nur jetzt keine Possen.«
»Es ist mein feierlicher Ernst. Ein Narr, wer eine vortheilhafte Situation nicht nutzt.«
»Sie haben geschworen, mich nicht zu verrathen.«
»Richtig! Und Ihren Kutscher zu avertiren. Weiter nichts. Ich klemme die Füllung wieder ein – sehen Sie so – Sie können nicht aufstoßen, denn ich stemme hier das Eisen dagegen. Nun bedenken Sie, wenn morgen die Polizei öffnen lässt!«
»Bovillard, Sie sollen meinen Rock haben.«
»Pfui, es ist
Weitere Kostenlose Bücher