Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht
nicht Eigennutz.«
»Meine Freundschaft! Sie werden bei Ihrem Lebenswandel noch oft der Fürsprache bedürfen, Sie sollen in jedem Fall auf mich rechnen können.«
»Ich will nichts für mich, sage ich Ihnen ein für alle Mal. – Gehen Sie in sich, St. Real, werfen Sie einen Blick zurück, auf Ihr äußeres, ach, auch auf Ihr inneres Leben. Bedenken Sie, wie oft Sie die Gelegenheit versäumt, die sich Ihnen darbot, Gutes zu thun, und wie oft Sie dem Versucher in die Stricke gefallen sind. Ach! Wurden Sie nicht selbst zum Versucher? Legten Sie nicht selbst Stricke, stellten Sie nicht Netze? Schwirrt Ihnen nicht der schauerliche Klagegesang der unglücklichen Vögel in diesen Netzen um die Seele? Ich höre diese Anklagestimmen. St. Real, noch ist es nicht zu spät! Benutzen Sie wenigstens diese Gelegenheit, hören Sie auf die Stimme und bessern sich. Ihr Haar wird grau, Ihr Athem kurz, mit jedem Tag auch Ihr Leben um einen kürzer; Sie hinken, ach das Podagra kriecht so schnell als der Vogel fliegt, wenn das Ziel das Grab ist. Lassen Sie sich diesen schauerlichen Moment gemahnen, weit sind die Pforten zur Hölle, aber eng die zum Himmel, wie dieses Loch. Geloben Sie, St. Real, Sie wollen Ihr Dasein bessern, wie es Ihren Jahren, Ihrer Geburt, Ihrem Stande entspricht. O, Sie wissen nicht, wie das Ihre Brust erleichtern wird, Ihr Keuchhusten wird nachlassen, Ihr Bein flinker werden, der Burgunder Ihnen wieder schmecken. Retten Sie sich, sich selbst, Ihrem Könige, dem Staate. Schwören Sie mir, Sie wollen tugendhaft werden.«
»Alles, was Sie wollen!«
»Hier, Ihre Hand darauf?«
»Ja, ja, ja – ziehn Sie mich nur 'raus!«
Es war zum Glück still im Hause, und Niemand begegnete ihnen bis sie vor die Thür traten. St. Real hielt es für angemessen, hinter seinem Begleiter zurückzubleiben, der zu theatralisch den rothen Shawl um die Schulter drapirt hatte. Ja, er blieb um mehrere Schritte zurück, als eine Patrouille die Gasse heraufkam.
Auf das Werda! des Gefreiten, welches dem Manne in der rothen Toga galt, antwortete er ein Gutfreund. Der Gefreite wollte Namen und Stand der auffälligen Person wissen.
»Abällino, der große Bandit!«
Die Wache schien sich zu besinnen, was ein Bandit sei. Einer meinte, es sei ein Komödiant.
»Ihr Geschäft?«
»Die Tugendhaften retten, die Schurken entlarven!«
»Auf die Wache!«
Abällino schlang den Mantel vornehm um die Schulter und schickte sich an, schweigend zu folgen.
»Da kommt noch Einer; der scheint zu ihm zu gehören.« – »Ein Hinkepeter.« – »Verstellung« sagte der Gefreite, »nur rasch ran.«
Der Kammerherr klopfte sich auf die Brust, weil der Husten ihm stecken geblieben war. »Kennen Sie Den?« fragte der Gefreite den Rothmantel.
Der Rothmantel schien ihn scharf anzusehen; dann sagte er: »Dieser Mann trägt eine Larve, reißen Sie ihm dieselbe ab, mein Herr Korporal.«
Den Hut ließ der Kammerherr sich abreißen, aber er schwor, Stein und Bein, das sei sein wahres Gesicht. Die Wache schien unschlüssig.
»Schwere –, ich frage Ihn,« rief der Korporal, »ob Er Den hier kennt?«
»Dies ist nicht sein natürlich Gesicht.« Abällino schüttelte den Kopf. »Das ist keine natürliche Röthe. Sehn Sie, mein Herr Wachtkommandant, jetzt wird er blaß.«
»Potz Blitz Millionen, er hinkt. Ist das nicht auch natürlich?«
»Das ist wohl seine Natur,« sagte Abällino mit der größten Ruhe. »Indeß meine Bande ist sehr groß, es hinken Viele. Lassen Sie ihn den Mund aufthun. An seiner Sprache werde ich leichter erkennen, ob er der ist, den ich vermuthe. Fragen ihn Herr Wachtkommandant gefälligst ob er mich kennt.«
»Kennt Er – kennen Sie diesen hier?«
Unter einem Guß von Angstschweiß platzte er heraus: »Ich bin so – ich weiß – ich kenne ihn so – ich kenne ihn so wahr nicht.«
»Jetzt kenne ich ihn, Herr Wachtkommandant, ein sehr gefährliches Subjekt. Wir in der Bande nennen ihn Petrus vom Hahnenschrei. In Wirklichkeit heißt er Judas Ischarioth, ist ein getaufter Jude und handelt mit abgelegten Kleidern und Frauenpuppen.«
»Aber wo kamen Sie mit ihm zusammen?« sagte der Korporal, dessen Augen entweder für die feine Kleidung des Kammerherrn aufgingen, oder für die Bewegung seine Hand in die Tasche.
»Bei einem Krankenbesuch,« stotterte St. Real – »eine unglückliche arme Kranke – im Auftrag einer hohen Mildthätigkeit, die ihre Gaben nicht bekannt wissen will. – Dort hält meine Equipage.«
Das war hervorgestoßen,
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