Ruhe Sanft
zu bewegen, gegen seine Firma auszusagen. Er steckte bis über die Ohren drin. Er wußte, wenn er durchdrehte, würde er vielleicht nicht mehr lange leben. Er dachte, bei mir wäre er besser aufgehoben. Wenn er im Fernsehen auftreten könnte, wäre er vielleicht so sichtbar, daß sie nicht riskieren würden, ihn umzubringen.«
»Teddy, Investmentbanker ermorden einander nicht. Sie lassen sich nur gegenseitig im Stich. Es ist eine andere Art von Tod.«
»Nein, dahinter steckt mehr, Wetzi. Es ist eine Riesenbetrügerei...«
»Also gut.« Alle hatten den Kaffee vergessen. Sie wurde müde und brauchte etwas, Essen oder Kaffee. Sie rutschte auf die Sofakante vor und füllte die Tassen mit dem heißen Getränk. »Ich sagte euch, daß ich jemanden habe, der mir nahesteht und dem ich vertraue. Er ist Detective bei der New Yorker Polizei.«
Diantha gab ein komisches Geräusch von sich.
»Was? Das glaube ich nicht, Wetzi. Du doch nicht.«
»Warum nicht? Er heißt Silvestri, und ich möchte, daß du mit ihm sprichst. Ich würde ihm mein Leben anvertrauen.« Ihr wurde plötzlich klar, daß sie das ernst meinte, mochte zwischen ihr und Silvestri geschehen, was da wolle.
»Aber was ist mit meinem?«
»Auch deines.«
»Das sagt sich leicht für dich, Wetzi.« Teddy fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. »Ich weiß nicht. Diantha?«
»Ich mißtraue jedem.« Diantha nippte an ihrem Kaffee und beobachtete Wetzon mit zusammengekniffenen Augen über den Tassenrand.
Wetzon fragte sich, ob »jeder« ein Euphemismus für »Bulle« war. »Er ist nicht irgendein Polizist. Ich kann es nicht erklären. Ihr müßt euch auf mich verlassen. Er ist anders.«
Es hupte auf der Straße. Diantha zuckte zusammen. Sie stellte die Tassen auf die Truhe und trat neben das Fenster. Sie drückte die Lamellen der Jalousie ein bißchen auseinander und blickte auf die Straße. Müde ließ sie die Jalousie los und wandte sich wieder an sie. »Ich bin nicht dafür.«
»Ich glaube, euch zweien bleibt nichts anderes übrig.« Wetzon war überrascht, wie streng sie sich anhörte. »Ihr müßt irgend jemanden außer mir vertrauen. Gibt es jemand beim Kanal acht?«
Beide schüttelten den Kopf.
»Dann laßt mich Silvestri anrufen. Ich bitte ihn, mich hier zu treffen. Ich sage ihm nicht, worum es sich handelt.«
Teddy sah Diantha an, die ins Feuer starrte. Er stand auf und begann hin und her zu gehen, wobei der Boden unter seinen Füßen knarrte. Schließlich sagte er: »Okay. Aber eins mußt du wissen, Wetzi. Wir haben es mit Leuten zu tun, die hilflose alte Menschen wegen ihrer Aktien und Obligationen um die Ecke bringen, und mit anderen Leuten, die genau Bescheid wissen, was da läuft, und sich einen Dreck darum kümmern. Sie spielen mit, weil es um Prozente geht, um Dollar. Millionen. Es ist ein Riesenbetrug, und es steckt mindestens ein Privatpflegedienst mit drin, dazu Anwälte, Makler, Buchhalter und Maklerfirmen. Es ist ein Faß ohne Boden.« Er hielt im Schritt inne und stieß mit dem Finger nach ihr. »Wenn sie schon harmlose alte Menschen und sich gegenseitig umbringen, gibt es nichts, was sie aufhält, wenn sie beschließen, mich zu töten — noch einmal — oder dich — oder auch deinen edlen Silvestri.«
Durch die Gegensprechanlage summte das Signal — zweimal kurz, einmal lang. Alle drei sprangen sie beim ersten Laut auf und verstummten, während sie im Geist zwischen den Signalen auf zehn zählten. Dann kam es noch einmal: zweimal kurz und einmal lang.
Wetzon stand auf. Sie war äußerst gespannt; nervöse Energie floß durch ihre Glieder. Sie blickte auf ihre Hände, zwei Krallen, angespannt. »Ich lasse ihn lieber herein.«
Diantha glitt auf Zehenspitzen, lautlos wie eine Katze, neben das Fenster, drückte die Jalousie kaum merklich auseinander, sah auf der Straße nach. »Schwarzer Toyota?«
Wetzon nickte, die Hand auf dem Treppengeländer. »Ja.« Ihre Stimme klang rauh. Sie machte Anstalten, die Treppe hinunterzugehen.
»Warte! Denk daran, kein Wort über mich von euch beiden, bis ich okay sage.« Teddy ging rasch auf die zweite Treppe zu, rannte mit sicheren Füßen hinauf und verschwand in der Dunkelheit des oberen Stockwerks. Der Boden knarrte, dann war alles still.
Die Frauen sahen einander an, und Diantha nickte. Wetzon schlich lauschend die Treppe hinunter. Sie öffnete die Tür langsam nach innen und blieb dahinter. Niemand trat ein. Mit der Hand an der Tür spähte sie hinaus in den kleinen Vorplatz. »Silvestri?«
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