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Ruhe Sanft

Ruhe Sanft

Titel: Ruhe Sanft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Meyers
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Wetzon. »Zumindest noch nicht, nicht jetzt.« Und vielleicht nicht zu dir, fügte sie im stillen hinzu. Warum wollte Smith immer jeden Gedanken und jedes Gefühl mit ihr teilen? »Ich habe Hazels Arzt angerufen und sie nach Lenox Hill gebracht. Er wollte sie zur Beobachtung überweisen.«
    »Meine Güte, dann muß sie in einem schlimmen Zustand gewesen sein.« Das Kaugeräusch hielt an.
    »Smith, sie hatte einen Schock. Peepsie Cunningham war eine ihrer besten Freundinnen — sag mal, was futterst du eigentlich?«
    »Kartoffelchips. Peepsie, was für ein Name ist das überhaupt? Mädchenschulsprache der Jahrhundertwende?«
    »Smith, du bist so gefühllos. In dreißig oder vierzig Jahren versuchen wir vielleicht, uns umzubringen.« Durchgefroren zog sie die Wolldecke über sich.
    »Kaum, Wetzon. Ich habe nicht vor, aus meinem Fenster zu spazieren, schon gar nicht in einer kalten Nacht. Und du genauso wenig.« Wetzon hörte es rascheln, als Smith das Zellophan zerknüllte.
    »Aber was wäre, wenn wir krank und allein wären und nicht wüßten, was wir tun?« Ein komischer kleiner Puls ließ ihr Augenlid flattern. Sie war deprimiert, weil das mit Peepsie passiert war.
    »Wetzon«, drängte Smith, »du hattest gerade von der Frau erzählt, die bei ihr war und sich um sie kümmerte.«
    »Richtig. Ida. Eine sehr sonderbare russische Dame, die tat, als gehörte sie zur Familie. Sie zog doch tatsächlich die Schuhe aus und trank Tee mit uns.« Wetzon hatte Ida völlig vergessen. Wo war Ida überhaupt gewesen, als Peepsie Cunningham sprang? »Ich weiß nicht, wo sie war, und in dem Durcheinander habe ich sie nicht mehr gesehen.«
    »Hast du nicht mit der Polizei gesprochen?«
    »Uns hat niemand angesprochen, und Hazel ging es furchtbar schlecht. Viele Hausbewohner kamen nach unten und standen herum, weil sie sehen wollten, was los war. Es wurde immer voller in der Halle. Deshalb rief ich eine Taxizentrale an, nachdem ich mit Hazels Arzt gesprochen hatte, und wir gingen weg.«
    »Das war alles?«
    »Das war alles.«
    Bis auf eines, dachte Wetzon. Als sie Hazel beim Einsteigen geholfen hatte, war ihr Blick auf den kleinen dunkelblauen Gucci-Straßenschuh mit den goldenen Bügeln im Rinnstein gefallen. Ohne nachzudenken, hatte sie sich danach gebückt und ihn in ihre große Ledertasche gesteckt. Warum sie das getan hatte, hätte sie nicht mehr sagen können. Es war instinktiv gewesen. Und in ihrer Sorge um Hazel hatte sie es bis zu diesem Augenblick vergessen.
    »Ich begreife einfach nicht, daß dich niemand aufgehalten hat«, fuhr Smith fort.
    »Ich glaube, die Leute haben gesehen, daß es Hazel schlecht...« Sie schluckte. »Ach, Smith, es kommt noch Was dazu. Hazels Krebs ist wieder ausgebrochen. Sie bekommt Chemotherapie, und sie kann kaum gehen.«
    »Es tut mir wirklich leid, Wetzon. Ich weiß, wie dir 1 zumute ist, aber sie ist nun einmal alt...«
    »Vergiß es, Smith. Sag kein Wort mehr.«
    »Also wirklich, Wetzon, was habe ich denn jetzt gesagt?« Smith hörte sich verletzt an. »Du wirst immer empfindlicher.«
    Wetzon wußte nicht, warum sie sich so aufregte. Sie und Smith würden in den meisten Fällen niemals völlig einer Meinung sein. »Schon gut, Smith, ich bin wohl einfach durcheinander wegen dieser Geschichte. Ich lege mich hin und versuche, mich zu erholen.«
    »Halt, bevor du auflegst, du hattest ein paar Anrufe...«
    Wetzon sah auf die Uhr. Es war fünf. Sie stöhnte auf. »Okay, ich höre.«
    »Evan Cornell.«
    »Er sieht sich etwas im Management um. Er ruft alle paar Monate an. Das kann bis morgen warten.«
    »Mary Ann Marusi. Ich hoffe, sie hat dort keine Probleme. Kidder hat uns noch nicht mal bezahlt.«
    »Glaub’ ich nicht. Sie sagte, sie wollte mich auf einen Drink oder zum Lunch einladen, sobald sie sich eingerichtet hat.«
    »Hoffen wir’s, aber in Anbetracht ihres Rufs...«
    »Was ist mit ihrem Ruf, Smith? Ich weiß wirklich nicht, warum du es auf Mary Ann abgesehen hast. Sie hat nichts verbrochen.«
    »Nein, bloß ihre Leistungen bei Sontheimer und Co. frisiert.«
    »Das stimmt nicht. Das hast du von Don Schwartzman, und du weißt ganz genau, daß Don ein Lügner ist. Er hat uns über die Jahresleistung jedes einzelnen, den wir dort untergebracht haben, belogen. Er hat uns bemogelt. Das ist der Grund, falls du dich erinnerst, warum wir nicht mehr mit Sontheimer Zusammenarbeiten.«
    »Wie konnte mir das entfallen. Ich lasse anscheinend nach.« Smith lachte sorglos.
    »Sonst noch Anrufe?«
    »Ja.

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