Ruhe Sanft
Fußboden auf, schüttelte ihn aus und legte ihn über das am weitesten von Smith entfernte Sofaende.
»Hör bitte auf, Unruhe zu verbreiten«, sagte Smith mit geschlossenen Augen, während ihre Hände über die Karten wanderten. »Du lenkst mich ab.«
Indem sie Smith’ letzte Bemerkung mimisch darstellte, rollte sich Wetzon auf der mit Quasten versehenen Ottomane zusammen und beobachtete Smith beim Kartenmischen. »Streicheleinheiten für die Karten, hm?« Wetzon versuchte, die gespannte Atmosphäre aufzulockern.
Doch Smith war nicht in der Stimmung für lockere Reden. Sie war im Auto ausnehmend still gewesen, nachdem O’Melvany ihnen angeboten hatte, sie mitzunehmen. Und da es zu früh gewesen war, Silvestri bei Hazel zu treffen, hatte Wetzon Smith’ dringenden Befehl akzeptiert, mit ihr nach Hause zu gehen. Der arme Mark war mit der Bemerkung in sein Zimmer geschickt worden: »Jetzt nicht, Zuckerstück. Wetzon hat ein kleines Problem, bei dem Mutter ihr helfen muß.«
»Wetzon hat...?« hatte sie angesetzt, aber Smith war in Trance versunken.
»Etwas stimmt nicht«, murmelte Smith wiederholt, während sie mit geschlossenen Augen fortfuhr, die Karten zu mischen. Sie hielt plötzlich inne, schlug die Augen auf und erhob sich. »Hier!« Sie warf Wetzon die Karten zu. »Halte sie und konzentriere dich.« Sie ging aus dem Zimmer.
»Konzentrieren? Worauf?« Wetzon schaute auf die Uhr. Es war sechs. Sie wollte Silvestri anrufen, sich vergewissern, daß er sie bei Hazel treffen würde. Sie wollte Hazel anrufen...
Smith kam mit einer gedrungenen Vase aus sehr dickem Glas zurück, in der eine kleine weiße Kerze stand. Sie setzte sich wieder und zündete die Kerze mit einem Streichholz an. Die Flamme entwickelte sich. Smith seufzte tief. »Mische die Karten«, sagte sie.
Wetzon mischte.
»Gut. Laß. Gib sie mir wieder.« Smith nahm eine einzelne Karte von dem Packen und legte sie mit dem Bild nach oben mitten auf den Tisch zwischen sich und Wetzon. »Die Schwertkönigin«, sagte sie. »Hebe die Karten nach links ab — linke Hand bitte.«
»Smith...« Smith benahm sich verrückt. Wirklich.
»Bitte, Wetzon. Es ist wichtig. Tu mir den Gefallen.« Tatsächlich schien sich Smith, so nervös sie war, zusammengerissen zu haben. Kein verführerisches »Zuckerstück« und »Schatz«.
Wetzon hob die Karten folgsam mit der linken Hand nach links ab und gab sie Smith, die sie eine nach der anderen zu einem keltischen Kreuz äuflegte. Wetzons Magen knurrte vernehmlich. Smith’ Blick durchbohrte sie.
»Entschuldigung.« Scheiße. Smith machte sie nervös.
Smith wickelte den Rest des Packens in ein quadratisches Seidentuch und legte ihn beiseite. Dann begann sie die Karten umzudrehen. »Nein! Nein...« Sie murmelte etwas anderes, das Wetzon nicht mitbekam, und dann noch einmal: »Nein!«
»Möchtest du mir nicht sagen, was los ist, Smith?«
Smith drehte die Karte über der Schwertkönigin um. Darauf war ein Gerippe, das auf einem Pferd ritt. Die Karte bedeutete Tod. »Die Pokalkönigin, die Stabkönigin deckend, die Münzkönigin über Kreuz und Umwälzung — Tod — in naher Zukunft. Das gefällt mir überhaupt nicht.« Smith sammelte abrupt die Karten ein. »Du bleibst heute nacht bei mir.«
»Hör auf, Smith.« Wetzon stand ärgerlich auf. »Trinken wir eine Tasse Tee und vergessen das. Ich finde es komisch, daß Mark sich in seinem Zimmer verstecken soll.« Auf einmal fühlte sie sich entmutigt und müde. Sie wollte nur noch zu Hazel. Aber es stand außer Frage, daß Smith ihr einen Schrecken eingejagt hatte. »Ich möchte ein paar Anrufe erledigen, darf ich?«
Smith zuckte die Achseln. Sie zog die hochhackigen Stiefel aus und ließ sie auf dem Boden bei einem Stapel von Illustrierten und Zeitungen stehen, die zum gewohnten Bild in Smith’ Wohnung gehörten. »Ich koche Kaffee, wenn du möchtest. Es ist koffeinfreier.« Sie ging hinaus und kam gleich darauf mit einem weißen schnurlosen Telefon zurück, das sie Wetzon gab.
Wetzon setzte sich aufs Sofa und zog die Antenne heraus. Sie wählte Silvestris Nummer beim 17. Revier.
»Metzger.« Artie Metzgers dröhnende monotone Stimme paßte zu seinem an einen Basset erinnernden Äußeren.
»Tag, Artie.«
»Er sagte, wenn Sie anrufen, soll ich ausrichten, daß er Sie um sieben trifft.«
»Gut. Sie haben ihm gesagt, wo?«
»Klar.«
Sie trennte die Verbindung und wählte Hazels Nummer. Sie konnte Marks und Smith’ Stimmen in der Küche summen hören. Der
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