Ruhe Sanft
Kessel begann zu pfeifen. Sie bekam das Besetztzeichen und legte auf, dann schob sie die Antenne mit der Handfläche hinein.
»Komm ins Eßzimmer, Zuckerstück«, rief Smith und klang wieder ganz wie die alte. Das war eine Erleichterung. »Mark bereitet Omeletts.«
Wetzon ging durchs Wohnzimmer dem verlockenden Duft nach zergehender Butter und bratenden Eiern entgegen. Ihr Magen knurrte wieder. »Ich esse wahrscheinlich später mit Silvestri zu Abend«, sagte sie. Der Eßtisch war für drei gedeckt. Auf der Anrichte gluckerte die Kaffeemaschine neben einem Stapel von juristischen Papieren.
»Du kannst trotzdem eine Kleinigkeit mit uns essen. Ich kann deinen Magen bis hier hören.«
»Ich muß nur noch Hazel Bescheid sagen, daß ich um sieben dort bin.« Sie sah Mark zu, der auf jeden Teller ein Omelett legte. »Das sieht lecker aus, Mark.«
»Setz dich, Häschen, und iß«, sagte Smith, indem sie einen Kuß auf Marks dunklen Lockenkopf drückte. »Du mußt die Haare schneiden lassen, Schatz.«
»Ach, Mom.« Er verdrehte die Augen. Seine Stimme schnappte über und ging in zwei Silben vom hohen Tenor in ein männliches Krächzen über.
Smith würde bald einen jungen Mann im Haus haben. Wetzon fragte sich, wie sie damit umgehen würde.
Smith gähnte. »Ach, übrigens, First Westchester stellt deinen komischen alten Kauz ein.«
»Das ist mal eine erfreuliche Nachricht, Smith. Freust du dich nicht darüber?«
»Kaum.«
»Ich jedenfalls bin froh.« Wetzon zog die Antenne heraus und wählte wieder Hazels Nummer.
»Ich habe die Kartoffeln vergessen.« Mark wollte aufstehen.
»Bleib sitzen, Schatz, iß. Ich hole sie.«
»Für mich keine Kartoffeln.« Das Telefon läutete dreimal. Wetzon schnitt in das Omelett, und heller geschmolzener Schweizer Käse quoll heraus. »Das sieht köstlich aus, Mark.« Es war köstlich.
»Hallo.« Die Stimme war kaum zu hören.
»Hazel?«
»Leslie...«
»Hazel, ich höre Sie kaum. Wir kommen um sieben.«
»Prima. Ich muß jetzt gehen.« Hazel sprach nun in normaler Lautstärke.
»Warten Sie! Ihre Privatpflege — ist das Tender Care?«
Smith kam mit einer Platte mit Pommes frites ins Eßzimmer. »Mark, Schatz, gib doch jedem eine Portion.«
»Ja.« Hazels Leitung wurde unterbrochen.
»Verdammt!« Wetzon schluckte, was sie im Mund hatte, ohne zu kauen, und würgte.
»Tender Care? Habe ich richtig gehört, Tender Care?« Smith goß Kaffee für Wetzon ein, die zu husten begann, und klopfte ihr leicht auf den Rücken.
»Ja.« Wetzon schüttelte Smith’ Arm ab, stand auf und eilte in die Diele, um ihren Mantel zu holen. Tender Care war die Firma, von der Peter Tormenkov Teddy berichtet hatte. Er hatte besonders Tender Care erwähnt. Was bedeutete, daß Hazel in Gefahr war.
»Wohin willst du so plötzlich, Wetzon?«
»Verdammt, Smith, ich habe Angst um Hazel. Das ist die Firma, die in irgendeinen Aktienbetrug und in Peep-sie Cunninghams Mord verwickelt ist.«
»Oh, das kann aber nicht sein, Schatz.« Smith strahlte. »Das ist Arleen Grossmans Firma.«
Wetzon klammerte sich an den Türrahmen von Smith’ Eßzimmer. »Was?« Ihr Kopf begann sich zu drehen. »Was hast du gesagt?«
»Ich meine, es war Arleens Firma.« Smith sah aus wie die Katze, die den Kanarienvogel verschluckt hat.
»Was? Wovon redest du da, Smith? Das bedeutet, daß Arleen eine Diebin und womöglich eine Mörderin ist.« Wetzons Hand war an der Tür.
»Wetzon, du mußt dich irren.« Smith’ Gesichtszüge verschwammen und lösten sich unter dem Make-up auf. Sie folgte Wetzon in die Diele. »Warte bitte.«
»Was hast du, Smith? Ich muß gehen. Ich mache mir wirklich Sorgen um Hazel.«
»Ich wollte dir nichts davon sagen, Wetzon. Ich versuchte, dich einzubeziehen — wir sind doch Partnerinnen — , aber du bist so übertrieben vorsichtig...« Smith’ Mund war steif und hölzern. »Ich habe die Firma letzten Sommer gekauft. Ich bin die Besitzerin von Tender, Care.«
Wetzon hatte gehofft, den allgegenwärtigen Michael Stewart unten wartend anzutreffen, aber sie wurde enttäuscht. Sie stand unter dem Vordach vor Smith’ Haus, hielt den Mantelkragen am Hals zu und hielt auf der Straße Ausschau nach einem Taxi. »Taxi, Miss?« Smith’ Portier kam heraus und stellte sich neben sie. »Kalte Nacht, was?«
»Ja, ein Taxi bitte, ja, es ist wirklich kalt.«
»Es kommt bestimmt bald eines vorbei.« Er drehte einen Schalter, und vorne an der Markise ging ein Taxiruflicht an. »Um diese Zeit immer.« Er
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