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Ruhe Sanft

Ruhe Sanft

Titel: Ruhe Sanft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Meyers
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das Gleichgewicht, als sie versuchte, die Türen zur Terrasse zu schließen.
    Sgt. E. D. O’Melvany von Manhattan North sagte, daß die Glastüren, die von Mrs. Cunninghams Schlafzimmer auf die Terrasse führen, offen waren und daß die Brüstung niedrig ist. Er sagte, es sei möglich, daß ein starker Windstoß sie über den Rand geweht habe.
    Die Ermittlungsbeamten suchen eine Frau namens Ida zu befragen. Sie wird als Russin beschrieben, etwa 1,65 groß, blondes Haar, ungefähr 35-40 Jahre alt, und arbeitete als Krankenschwester oder Hilfsschwester bei der Verstorbenen. Sie suchen auch Auskünfte über zwei Frauen, die Mrs. Cunningham kurz vor ihrem Tod besuchten, eine Ms. Osborn und eine Ms. Whitman.

    Wetzon legte die Zeitung ab. Ihre Hände ließen nasse Flecken auf dem Papier zurück. Sie starrte in den Kaffeebecher. »Hochhackige Sandaletten?«
    »Hazel«, sagte sie laut und stellte den Kaffeebecher energisch hin. Heißer Kaffee schwappte über die Platte und ihre Hand. Geistesabwesend hielt sie die Hand unter kaltes Wasser und wischte den verschütteten Kaffee von der Theke. Und jetzt? Es war Viertel vor sieben. Sie mußte sich fertigmachen.
    Im Bad drehte sie ihr Haar zu einem Knoten mitten auf dem Kopf zusammen, wie sie es als Tänzerin getragen hatte, und legte grauen Lidschatten auf. Eine Spur Lippenstift und die mit Diamanten besetzten Ohrringe. Ihre Bewegungen wurden schneller.
    Nachdem sie die Zeitung in die Einkaufstasche gesteckt hatte, hüllte sie sich in den langen schwarzen Mantel und den Schal mit dem Leopardenmuster, zog die lavendelfarbene Baskenmütze über die Ohren und war bereit, den Elementen zu trotzen.
    Stirnrunzelnd blieb sie an der Tür stehen, überlegte einen Moment, dann machte sie kehrt und ging in das Schlafzimmer zurück. Sie nahm den kleinen dunkelblauen Gucci-Straßenschuh von dem Fernsehapparat und steckte ihn in die zusammengefaltete Zeitung in ihrer Tasche.
    »Morgen, Ms. Wetzon.« Larry, ihr Portier, saß neben dem Heizkörper und rauchte. Asche sprenkelte seine Uniformjacke. »Ihr Wagen wartet.«
    »Wagen? Was für ein Wagen?« Wetzon blinzelte in den trüben Morgen. Draußen sah alles tiefgrau aus. Schneeflocken schwebten und wirbelten in kleinen Böen.
    Silvestri lehnte in roter Daunenjacke und Pudelmütze an seinem Auto, das in der zweiten Reihe vor ihrem Haus geparkt war. Er blies in seine behandschuhten Hände, um sie zu wärmen.
    »Was machst du denn hier um diese Zeit?« Sie taumelte auf ihn zu, als ein plötzlicher Windstoß sie packte.
    »Du hast ausrichten lassen, daß ich nicht anrufen soll.« Er grinste sie jungenhaft an. »Aber ich habe dir trotzdem eine Nachricht dagelassen.«
    »Ich habe keine bekommen.« Sie sah ihn prüfend an. Er machte einen müden Eindruck und hatte einen dunklen Stoppelbart. Aber seine Augen, die wie Schiefer waren, wenn er unpersönlich und im Dienst war, und türkis, wenn er seine Gefühle zeigte, strahlten jetzt im tiefsten Türkis.
    »Du schreibst keine Briefchen, du rufst nie an. Du tauchst einfach auf.«
    »Ach, hör mit dem Gebrummel auf«, sagte er und hielt ihr die Tür auf. »Was lag heute auf deiner Fußmatte neben den blöden Zeitungen?«
    Die gelbe Rose. Natürlich.
    »Du überraschst mich immer wieder, Silvestri«, sagte sie wahrheitsgemäß.
    Er legte die Hände auf ihre Schulter, und sie spürte den vertrauten kleinen Schock, den sie immer fühlte, wenn er sie berührte, sogar durch sämtliche Schichten der Kleidung, die sie trug. Sie drückte ihr Gesicht an seine weiche, kalte Jacke und umarmte ihn.
    »Guten Morgen, Les«, sagte er.

»Weil ich nicht nachdachte. Ich wollte zu Hazel nach Lenox Hill. Ich sah sie. Ich hob sie einfach auf.«
    Silvestri stellte den Pappbecher mit Kaffee auf die schmale Leiste vor der Windschutzscheibe und ließ den halben Krapfen in die Pappschachtel auf dem Sitz zwischen ihnen fallen. Er wischte seine Hände an den Jeans ab und machte weiße Flecken.
    Wetzon öffnete ein Päckchen, zog ein gefaltetes nasses Reinigungstuch heraus und reichte es ihm. »Semper para-tus«, sagte sie.
    »Donnerwetter, Les, stets auf Draht«, sagte Silvestri, während er sich die klebrigen Hände abwischte und dann den dunkelblauen Gucci-Straßenschuh aus ihrer Hand nahm. »Woher weißt du, daß er dieser Frau...«
    »Peepsie Cunningham. Ich meine Evelyn Cunning-ham.«
    »Egal, wie sie heißt. Wie kannst du so sicher sein, daß es ihr Schuh ist? Es gibt an der Upper East Side jede Menge Pfauen, die Gucci-Schuhe

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