Ruhe Sanft
Ich bin mit ihnen einer Meinung.«
»Probiere Curtis Evans. Sie verrechnen über Bear. Sag ihnen, er vermittelt große Geschäfte. Bitte, Smith.«
»Stimmt das?«
»Was?«
»Daß er große Geschäfte vermittelt.«
»Selbstverständlich. Würde ich dich anlügen?«
»Hm.«
Zwanzig Minuten später rief Wetzon Maurice Sanderson an und hatte für ihn einen Termin am nächsten Tag hei Bob Curtis von Curtis Evans.
»Na, bitte, fühlst du dich da nicht wie eine Heilige, Smith?« stichelte Wetzon, die aufgestanden war und in den schneebedeckten Garten hinaussah.
»Nein.«
»Es schneit immer noch. Man sieht nicht einmal den Himmel. Es kommt mir vor, als säßen wir in einem Iglu.« Sie fröstelte und schloß die Jalousien.
»Ich gehe nach Hause, um alles vorzubereiten«, sagte Smith. »Versuch bitte, zeitig zu kommen. Ich brauche dich. Du weißt, daß ich mich auf dich verlasse.«
»Was soll das, Smith? Ist denn Leon nicht da? Und Mark natürlich.«
»Das reicht nicht.« Smith umarmte sie noch einmal. »Ich brauche meine kleine Freundin.«
»Ich muß Kevin De Haven so um vier treffen, und ich möchte bei Hazel vorbeischauen. Dann gehe ich nach Hause, ziehe mich um und komme zu dir.«
»Du ziehst immer andere Leute vor, sogar Fremde«, schmollte Smith. »Ich bin deine treue und bewährte Freundin.« Sie setzte sich, um die Stiefel anzuziehen.
Manchmal bist du das, dachte Wetzon und beobachtete sie. Du bist mit Sicherheit meine anspruchsvollste Freundin. Aber sie sagte: »Das ist nicht fair, Smith. Du weißt, wenn du mich wirklich brauchst, bin ich da.«
»Hm. Und wen führst du heute abend an meinen Tisch? Silvestri vielleicht?«
»Nein, er hat Dienst«, log Wetzon, wagte aber nicht, Smith dabei anzusehen.
»Ich brauche dir ja nicht zu sagen, daß dieser ekelhafte Perverse in meinem Haus nicht willkommen ist«, sagte Smith.
»Smith.« Wetzons Stimme hatte einen warnenden Unterton. »Ich dulde nicht, daß du so von Carlos redest, und falls du so weitermachst, siehst du auch mich nicht auf deiner Party. Und übrigens erwarte ich, wenn er anruft, daß du es mir ausrichtest. Er ist mein ältester Freund.«
»Es ist einfach ein wenig, als hättest du die Pest zum freund, meinst du nicht?« Smith stampfte hinaus und knallte die Tür zu, während Wetzon wütend und frustriert zurückblieb. Der Krieg zwischen Smith und Carlos War von Smith vom Zaun gebrochen worden, wenn Carlos auch ein williger Teilnehmer war. Sie — Smith ganz besonders — ritten nun bei jeder Gelegenheit ihre Guerilla-Attacken, und immer befand sich Wetzon im Kreuzfeuer.
Sie setzte sich wieder an den Schreibtisch und trug Maurice Sandersons Termin bei Curtis Evans in den Kalender ein.
Es war bestürzend, daß die Firmen keine älteren Makler einstellen wollten, es sei denn, sie hatten dicke Auftragsbücher und ein sehr reges Geschäft, was nicht gerade wahrscheinlich war. Wenn ein Börsenmakler älter wurde, hörte er normalerweise auf, seinen Kundenstamm zu erweitern; er wandte weniger Energie auf. Sein Kundenstamm alterte mit ihm. Für die Firmen war das alles eine Geldfrage. Immobilien waren teuer, laufende Geschäftskosten waren eine teure Last, Raum stand hoch im Kurs. Das Management hielt es für effizienter, die Schreibtische jüngeren Maklern zu geben, die dabei waren, einen Kundenstamm aufzubauen. Von Rechts wegen war es Smith und Wetzon nicht erlaubt, einen Kandidaten nach seinem Alter zu fragen, aber ihre Kunden wollten es wissen, also taten sie es — auf Umwegen. »Auf welchem College waren Sie, Joe? Ach, tatsächlich? In welchem Jahr haben Sie Examen gemacht?« Mit dieser Auskunft war es nicht schwierig, auf das Alter des Kandidaten zu schließen.
Der ältere Makler war zum Dinosaurier geworden. Er hatte gewöhnlich ein tadelloses Geschäft, drängte seine Kunden nicht, pries nur Aktien an, die er bequem verkaufen konnte, etwa die Dow-Aktien, und fungierte im allgemeinen wie ein Hausarzt, indem er seinen Kunden Vertrauen einflößte. Aber die größeren Firmen hatten ihren Stil geändert: Sie setzten jüngere Makler unter Druck, ihre Bruttoproduktion zu erhöhen, verkaufen, verkaufen, verkaufen. Die jungen Makler erkannten schnell, daß das Hauptgewicht darauf lag, das Produkt der Firma zu verkaufen, ob es gut war für den Kunden oder nicht.
Wetzon hatte beobachtet, wie sich die Maklerbranche während der letzten Jahre radikal gewandelt hatte. Die großen Firmen drängten den Makler, firmeneigene Produkte zu verkaufen, und
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