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Ruhe Sanft

Ruhe Sanft

Titel: Ruhe Sanft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Meyers
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englischen Tochtergesellschaft gewartet. Ich muß möglicherweise einen längeren Urlaub machen...« Sie nahm die Rechnung, warf einen Blick darauf und zog zwei neue Hundert-Dollar-Scheine aus ihrer dicken schwarzen Ledertasche. Sie überreichte sie mit der Rechnung der Frau im roten Kleid, stand auf und beugte sich über Wetzon, offenbar in der Absicht, ihr einen Kuß aufzudrücken. Wetzon sah es kommen und duckte sich.
    Arleen wirkte belustigt. Sie glättete ihre lackierten Locken mit dicken Fingern. »Sie werden sehen, daß ich Ihre beste Freundin bin, und eines Tages werden Sie mir dankbar sein.« Sie legte den Silberfuchsmantel um die breiten Schultern und segelte wie ein aufgeplusterter Zugvogel davon.
    Wetzon schüttelte den Kopf, um Klarheit in ihre Gedanken zu bringen. Es war verrückt. Arleen und Smith waren sich auf seltsame Weise ähnlich. Smith sagte ständig solche Dinge. »Du wirst sehen, daß ich recht habe« und »Eines Tages wirst du mir dafür danken« und »Ich bin die beste Freundin, die du jemals haben wirst.« Wetzon blieb eine Weile in Gedanken versunken am Tisch sitzen, ohne die Geschäftigkeit im Restaurant wahrzunehmen. Dann sah sie auf die Uhr. Halb zehn. Sie mußte sich beeilen. Als erstes mußte sie Smith anrufen und ihr ausreden, sie zu Teddy zu begleiten.
    Sie ging in den vorderen Teil des Restaurants, um vom Münztelefon im Keller aus zu telefonieren. Bei dem Panoramafenster mit dem halbhohen Leinenvorhang blieb sie stehen und blickte hinaus in die Nacht. Die Straßenlaterne beleuchtete die Fassade des Refuge und warf ihren hellen Schein auf eine große schwarze Limousine. Die Abgase des laufenden Motors in der kalten Luft gaben ihr ein unwirkliches Aussehen, als schwömme sie in einem Wirbel aus weißlichem Rauch. Das Auto bewegte sich langsam vorwärts. Ein schlanker Mann in einem anliegenden Tuchmantel, den Kragen gegen den Wind hochgestellt und eine Pelzmütze russischer Art über die Ohren gezogen, ging auf die Limousine zu. Der Wagen hielt an. Seine hintere Tür öffnete sich. Der Mann sah sich rasch um, wobei seine Brille im Straßenlicht aufblitzte. Wetzon atmete hörbar aus.
    Das Paar am Tisch neben dem Fenster hielt im Essen inne, sah sie an, neugierig, wie nur New Yorker neugierig sein können, und wandte sich dann wieder den wichtigeren Dingen auf den Tellern zu.
    Der große Mann stieg in die Limousine zu Arleen Grossman ein. Die Tür schloß sich, und die Limousine fuhr an.
    Wetzon war sich absolut sicher, wer der große Mann gewesen war. Smith’ Instinkte hatten sich wieder einmal als richtig erwiesen. Es war Leon Ostrow.

Mit einer gewissen Beklommenheit warf Wetzon den Vierteldollar ein und wählte Smith’ Nummer. Es läutete und läutete. Komisch. Vielleicht hatte sie sich verwählt. Sie hängte ein und versuchte es noch einmal. Wieder keine Antwort. Sie hängte ein und blieb nachdenklich stehen. Wo war Smith? Was konnte sie — und Mark — veranlaßt haben, in einer solchen bitterkalten Nacht aus dem Haus zu gehen? Noch dazu, wo sie auf Wetzons Anruf gewartet hatte. Bei Smith wußte man nie, woran man war. Na ja, auch gut, wenigstens war Wetzon dieses Problem los.
    Sie seufzte, denn sie freute sich nicht gerade darauf, Smith von Arleen und Leon zu erzählen. Dieser verdammte Kassettenrecorder. Irgendwie müßte sie löschen, was Arleen über Smith gesagt hatte. Sie seufzte noch einmal. Die Garderobenfrau sah sie fragend an. »Alles in Ordnung, ich habe nur laut gedacht«, erklärte Wetzon. Klar war, daß Arleen versuchte, einen Keil zwischen Wetzon und Smith zu treiben, aber zu welchem Zweck?
    Sie kramte in ihrer großen Tasche nach dem Recorder. Sie würde das ganze Band löschen und Smith im Glauben lassen, das Gerät habe versagt. Smith würde in Rage geraten, würde über sie herziehen, daß sie unfähig sei daß jeder Idiot mit so etwas umgehen könne. Na schön Wetzon würde alles über sich ergehen lassen. Sie würde versuchen, Smith zu schützen und so hilfreich wie möglich zu sein. Arme Smith.
    Wo zum Kuckuck war der Apparat bloß? Ihre Tasche war ein einziges Durcheinander. Sie müßte sie wirklich einmal aussortieren. Wetzon gab auf und ging in die Damentoilette. Stück für Stück leerte sie die Tasche auf den Sims über dem Waschbecken. Es war kein Minikassettenrecorder in der Tasche.
    Arleen hatte ihn herausgenommen. Wer sonst? Wer hätte sich sonst dafür interessieren sollen? Als Smith angerufen hatte, war Wetzon vom Tisch aufgestanden und hatte

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