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Ruhe unsanft

Ruhe unsanft

Titel: Ruhe unsanft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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n da, »die Sache auf sich beruhen zu lassen. Ich begreife jetzt, wie gut Sie es meinten. Wir haben trotzdem weite r gemacht – und wo sind wir nun? Es scheint, als hätten wir noch einmal einen Punkt erreicht, an dem wir Halt machen können – wenn wir wollen. Was meinen Sie? Sollen wir aufhören?«
    Miss Marple schüttelte zögernd den Kopf. Ihr Gesicht war besorgt und ratlos.
    »Ich weiß es nicht«, sagte sie. »Ich weiß es wirklich nicht. Es wäre vielleicht das Beste, denn nach der vielen Zeit, die inzwischen verflossen ist, können Sie ja doch nichts mehr tun… Ich meine, nichts Positives.«
    »Sie meinen, nach einem so langen Zeitraum können wir nichts mehr herausbekommen?«, fragte Giles.
    »O nein, das habe ich nicht gesagt – ganz und gar nicht. Neunzehn Jahre sind keine Ewigkeit. Es sind noch gen ü gend Leute da, die sich an manches erinnern und Fragen beantworten können – Angestellte zum Beispiel. Im Haushalt Ihres Vaters waren sicherlich ein bis zwei Dienstboten und ein Kindermädchen und wahrscheinlich ein Gärtner. Man braucht nur etwas Geduld und Mühe, um diese Leute aufzufinden und mit ihnen zu sprechen. Zufällig bin ich schon auf eine Spur gestoßen, nämlich die Köchin. Nein, es geht mehr um die Frage, was dabei Gutes herauskommen soll. Ich möchte sagen: Nichts. Dennoch…« Sie hielt inne. »Ja, trotz allem… Ich bin ein bisschen langsam im Kombinieren, aber ich habe so das Gefühl, dass da etwas ist, etwas noch Ungreifbares, das der Mühe wert wäre, sogar gewisse Risiken… Wenn ich nur sagen könnte, was es ist!«
    »Ich glaube…«, fing Giles an und stockte.
    Miss Marple bedachte ihn mit einem dankbaren Blick.
    »Männer können immer alles so logisch ordnen«, sagte sie. »Sicher sind Sie schon zu einem Schluss gekommen?«
    »Das nicht, aber ich habe mir überlegt, dass es nur zwei mögliche Schlussfolgerungen gibt. Die eine habe ich schon früher vertreten: dass Helen Halliday nicht tot war, als das Kind Gwennie sie in der Diele liegen sah. Helen ist kurz danach wieder zu sich gekommen und mit ihrem Liebhaber, wer es auch sein mochte, verschwunden. Das würde mit den Fakten, die wir kennen, übereinstimmen, auch mit Kelvin Hallidays Wahn, er habe seine Frau e r mordet, ferner mit den fehlenden Kleidern, dem fehle n den Gepäck und dem Abschiedsbrief, den Dr. Kennedy im Papierkorb fand. Dennoch bleiben gewisse Punkte ungeklärt, zum Beispiel, warum Kelvin Halliday die Tat unbeirrbar ins Schlafzimmer verlegte. Und die Frage, über die ich am meisten stolpere, ist die: Wo ist Helen Halliday geblieben? Es kommt mir so gegen alle Vernunft vor, dass sie sich nie wieder meldete und man nie von ihr gehört hat. Warum hat sie nach den ersten zwei Briefen jegliche Verbindung zu ihrem Bruder abgebrochen? Sie standen doch offenbar auf gutem Fuß miteinander. Er mag manches an ihr missbilligt haben, aber deshalb muss man sich doch nicht gleich für immer aus den Augen verlieren! Übrigens glaube ich, dass dieses Rätsel auch Kennedy am meisten beunruhigt. Seinerzeit hat er die Sache sicher so gesehen, wie er sie uns dargestellt hat, die Flucht seiner Schwester und Kelvin Hallidays Zusa m menbruch. Aber er hat nicht damit gerechnet, nie wieder von ihr zu hören. Als die Jahre vergingen, Helen ve r schollen blieb, Kelvin auf seinem Wahn beharrte und schließlich Selbstmord beging, muss ein furchtbarer Zweifel in ihm aufgestiegen sein. Wenn Kelvins Version nun doch stimmte? Wenn er Helen wirklich getötet hatte? So viele Jahre kein Lebenszeichen von ihr – und wenn sie im Ausland gestorben wäre, hätte er sicherlich eine Nac h richt erhalten. Ich meine, das erklärt den Eifer, mit dem er auf unsere Suchanzeige reagierte. Er hoffte, auf diese Weise endlich auf irgendeine Spur zu stoßen. Es ist ja vollkommen unnatürlich, dass jemand so… so völlig ve r schwindet wie Helen. Das ist schon an sich höchst ve r dächtig.«
    »Ganz meine Meinung«, sagte Miss Marple. »Und die Alternative, Mr Reed?«
    »Ich habe mir eine ausgedacht«, sagte Giles langsam, »die fantastisch scheint, sogar schrecklich, weil – wie soll ich es nennen – eine solche Bösartigkeit dazu gehört…«
    »Bösartigkeit ist genau der richtige Ausdruck«, sagte Gwenda. »So etwas ist nicht normal…« Sie brach e r schauernd ab.
    »Das ist nicht von der Hand zu weisen«, stimmte Miss Marple zu. »Es gibt mehr Böses auf der Welt, als der Mensch sich träumen lässt. Ich habe einiges erlebt…« Sie sah gedankenvoll

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