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Ruhe unsanft

Ruhe unsanft

Titel: Ruhe unsanft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Brüche gegangen war?«
    »Sie reiste nachhause. Auf dem Schiff köderte sie sich wieder einen Mann, und diesmal heiratete sie ihn sogar. Es war ein Witwer mit einem kleinen Kind. Armer Kerl, er hatte eben erst die Frau verloren, so jemand ist immer eine leichte Beute, besonders als hilfloser Vater. Sie heir a tete ihn, und sie zogen in ein Haus auf der anderen Seite vom Ort, ›St. Catherine‹, gleich neben dem damaligen Krankenhaus, das jetzt eine Mädchenschule ist. Natürlich ging es nicht gut. Sie verließ ihn innerhalb eines Jahres wegen irgendeinem andern.«
    »Unglaublich!« Wieder schüttelte Miss Marple den Kopf. »Da ist Ihr Sohn noch glimpflich davongeko m men!«
    »Ja, das sage ich auch immer.«
    »Und hat er das Teepflanzen aufgegeben, weil das Kl i ma ihm nicht bekam?«
    Mrs Fane runzelte die Stirn. »Zum Teil deswegen. Das Leben dort passte ihm sowieso nicht. Ungefähr ein halbes Jahr nach Helen Kennedy kam auch er wieder.«
    »War es nicht etwas peinlich«, meinte Miss Marple, »dass die junge Frau so nahe wohnte, im selben Ort…«
    »Walter war großartig«, erwiderte die Mutter sofort. »Er benahm sich einfach, als wäre nichts geschehen. Ich selbst fand damals – und das sagte ich ihm auch –, es sei ratsam, einen klaren Trennungsstrich zu ziehen, im Int e resse aller Beteiligten. Aber Walter bestand darauf, gu t nachbarliche Beziehungen zu pflegen, ganz ungezwungen mit dem jungen Ehepaar zu verkehren und mit der kle i nen Tochter des Mannes zu spielen. Übrigens – mer k würdig –, diese Tochter wohnt jetzt wieder hier, inzw i schen erwachsen und verheiratet. Neulich war sie wegen ihres Testaments bei Walter im Büro. Reed heißt sie jetzt.«
    »Reed? Giles und Gwenda Reed? Nein, was für ein Z u fall! Ich kenne sie. So ein nettes, natürliches junges Paar. Und diese Gwenda Reed ist also das Kind…«
    »Aus der ersten Ehe des Majors. Die Frau starb jung in Indien. Der arme Major – sein Name ist mir entfallen, Hallway oder so ähnlich – war völlig gebrochen, als dieses wilde Mädchen auch ihn sitzen ließ. Unbegreiflich, dass die schlimmsten Frauen oft die besten Männer betören!«
    »Und was ist aus dem jungen Mann geworden, von dem Sie vorhin erzählten? Er arbeitete in der Kanzlei Ihres Sohnes?«
    »Er ist vorangekommen; er hat ein Reiseunternehmen aufgemacht und besitzt eine ganze Menge moderner Au s sichtsbusse. ›Daffodil Coaches‹ heißen sie und sind gelb wie Osterglocken. Die Welt wird immer ordinärer.«
    »Wie ist sein Name?«, fragte Miss Marple.
    »Afflick. Jack Afflick. So ein unangenehmer Ellboge n typ, der sich nach oben boxt. Vermutlich hat er sich vor allem deswegen an Helen Kennedy herangemacht. Gute Familie, wenn auch unvermögend. Er hoffte wohl, sein gesellschaftliches Ansehen zu verbessern.«
    »Und diese Helen ist später nie mehr in Dillmouth au f getaucht?«
    »Nein. Gut, dass man sie los war. Wahrscheinlich in der Gosse gelandet. Mir hat nur Dr. Kennedy leidgetan, der wirklich nichts dafürkonnte. Die zweite Frau seines V a ters war ein munteres kleines Ding, sehr viel jünger als er. Von ihr hat Helen das heiße Blut geerbt. Ich dachte i m mer…« Mrs Fane unterbrach sich und wandte den Kopf zur Tür. Ihr mütterliches Ohr hatte bekannte Schritte nahen gehört. Und gleich darauf öffnete sich die Tür, und Walter Fane trat ins Zimmer. »Miss Marple, dies ist mein Sohn Walter. Klingle nach dem Mädchen, Junge, damit sie frischen Tee macht.«
    »Wenn es nur meinetwegen ist, Mutter, ich habe schon welchen getrunken.«
    »Natürlich gibt es nochmal frischen Tee«, sagte sie zu dem Mädchen, das erschienen war, um die Kanne zu h o len, »und Gebäck.«
    »Ja. Madam.«
    »Meine Mutter verwöhnt mich furchtbar«, sagte Walter Fane mit seinem breiten, liebenswerten Lächeln zu Miss Marple, die freundlich antwortete und ihn dabei unauffä l lig betrachtete.
    Ein netter, stiller Mensch, etwas befangen, zurückha l tend, farblos. Keine einprägsame Persönlichkeit. Der Typ des stillen Verehrers, den die Frauen links liegen lassen und nur heiraten, weil der Mann ihrer Träume ihre Liebe nicht erwidert. Der gute Walter, der immer da ist. Der arme Walter, Mamas Liebling. Der kleine Walter Fane, der seinen älteren Bruder beinahe mit dem Schürhaken erschlagen hätte… Miss Marple erwog so manches im Stillen.

17
     
    » A nstell Manor«, ein weißes Haus zwischen ka h len Hügeln, machte einen traurigen Eindruck. Ein gewundener Fahrweg führte durch dichtes

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