Ruheloses Herz
zerrte an einer Strähne der wilden roten Locken, von denen ihr Gesicht eingerahmt war, »… sind wirklich ein Problem. Falls man sich über etwas so Nebensächliches wie Haare aufregt, was ich nicht tue. Auf jeden Fall müsst ihr unbedingt rüberkommen und euch diesen Jährling ansehen. Er entwickelt sich wirklich prächtig. Und wenn Dad mir erlaubt, ihn zu trainieren …«
Sie zögerte und warf ihrem Vater über den Tisch einen Blick zu.
»Nächstes Jahr um diese Zeit bist du im College«, erinnerte Keith sie.
»Wenn es nach mir geht, nicht«, entgegnete Mo trotzig.
Cathleen, die den rebellischen Blick sah, wechselte schnell das Thema und sagte: »Keeley, Keith hat mir erzählt, dass euer neuer Trainer nicht nur für Pferde ein Händchen hat, sondern auch fürs Pokern und im Umgang mit Travis.«
»Und ich habe gehört, dass er zu allem Überfluss auch noch umwerfend gut aussehen soll«, fügte Mo hinzu.
»Woher weißt du denn das?«, rutschte es Keeley heraus.
»Oh, so was spricht sich in unserer gemütlichen kleinen Welt rasend schnell herum«, gab Mo großspurig zurück. »Und Shelley Mason … die nimmt doch bei dir Reitstunden, oder? Ihre Schwester Lorna ist bei mir im Geschichtskurs – übrigens das Langweiligste, was man sich nur vorstellen kann. Den Kurs, meine ich, nicht Lorna, obwohl die auch ziemlich langweilig ist. Auf jeden Fall hat sie Shelley letzte Woche vom Reitkurs abgeholt, und dabei hat sie diesen tollen Typ gesehen, von daher weiß ich es. Deshalb habe ich beschlossen, demnächst mal zu euch rüberzukommen, weil ich mir so ein Vergnügen schließlich nicht entgehen lassen will.«
»Trevor, stopf deiner Schwester ein Stück Fleisch in den Mund, damit sie endlich still ist.«
»Also echt, Dad.« Kichernd stibitzte sich Mo noch Pommes. »Ich will ihn doch bloß mal sehen. Jetzt sag schon endlich, Keeley, ist er wirklich so toll? Gefällt er dir? Auf deine Meinung gebe ich nämlich wesentlich mehr als auf Lornas.«
»Er ist zu alt für dich«, sagte Keeley etwas schärfer als beabsichtigt, was Mo veranlasste, die Augen zu verdrehen.
»Oh, Mann! Ich will ihn doch nicht heiraten!«
Travis’ Lachen bewahrte Keeley davor, irgendeine törichte Bemerkung von sich zu geben. »Gut so. Weil ich nämlich nicht vorhabe, ihn an die Three Aces zu verlieren, nachdem ich endlich einen würdigen Nachfolger für Paddy gefunden habe.«
»Okay.« Mo leckte sich das Salz von ihren Fingerspitzen. »Dann mache ich ihm eben nur schöne Augen.«
Keeley rutschte verärgert mit ihrem Stuhl zurück und stand auf, obwohl sie ihre Reaktion selbst albern fand. »Ich schaue nur kurz nach Lonesome. Vor einem Rennen schmollt er immer ein bisschen.«
»Au ja, cool.« Mo sprang auf. »Ich komme mit.«
Mo rannte so schnell aus dem Restaurant und an den Wettschaltern vorbei, dass Keeley Mühe hatte, Schritt zu halten. »Das wird bestimmt ganz toll für dich, wenn deine Mom bei dir mitarbeitet. Es geht nämlich nichts über einen Familienbetrieb. Davon träume ich. Und jetzt mal ehrlich, ich muss doch wirklich nicht extra aufs College, bloß um Trainerin zu werden. Ich meine, wofür soll das denn noch gut sein, wo ich doch sowieso schon weiß, was ich werden will, und zu Hause jeden Tag etwas Neues dazulerne?«
»Vielleicht um deine Gehirnkapazität ein bisschen zu erweitern?«, regte Keeley an.
Mo überhörte es geflissentlich und lief eilig nach draußen, wo die Luft frisch geworden war. »Ich kenne mich mit Pferden aus, Keeley. Du weißt, was das heißt. Es ist Instinkt und Erfahrung und Praxis. « Sie unterstrich ihre Worte mit lebhaften Handbewegungen. »Na ja, ein bisschen Zeit habe ich ja noch, um meine Eltern zu überzeugen.«
»Das kann niemand besser als du.«
Mit einem übermütigen Auflachen hakte sich Mo bei ihrer Cousine unter. »Es ist schön, dich endlich wieder mal zu sehen. Jetzt ist der Sommer schon fast vorbei, und wir hatten alle die ganze Zeit über so viel zu tun.«
»Ich weiß.«
Sie bogen zu den Reitställen ab.
Einige Pferde wurden auf das nächste Rennen vorbereitet. In den Boxen hüllten Stallburschen die langen schlanken Beine ein, die diese riesigen Körper so schnell tragen würden, dass sie nur noch vage zu erkennen waren. Trainer mit scharfen Augen und sanften Händen bewegten sich zwischen den Pferden hin und her, um hier ein nervöses Tier zu beruhigen und dort ein anderes ein bisschen auf Trab zu bringen.
Die Hotwalker kühlten die Pferde, die bereits gelaufen waren, ab.
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