Ruheloses Herz
gar nicht, wie sie ihn vergessen konnte. Sie klang so glücklich und geschäftig und erwachsen.«
»Sie werden alle nächsten Monat zu Thanksgiving nach Hause kommen und dann wieder an Weihnachten.«
»Ich weiß. Trotzdem, wenn ich wüsste, wie ich es anstellen soll, würde ich ihr den Pullover selbst bringen, statt ihn zu schicken. Oh Gott, ist es wirklich schon so spät? Ich muss mich vor dem Weggehen noch ein bisschen zurechtmachen. Und du auch.«
»Ja.« Keeley spitzte gedankenverloren die Lippen, während ihre Mutter den Pullover noch einmal glatt strich und aufstand. »Ich bin spät dran heute«, begann sie. »Ich scheine in letzter Zeit oft spät dran zu sein.«
»Das ist bei erfolgreichen Leuten meistens so.«
»Wahrscheinlich. Und diese zusätzliche Klasse wird noch mehr von meiner Zeit und Energie beanspruchen.«
»Du weißt, dass ich dir jederzeit gern helfe, wenn du mich brauchst, und dein Vater auch.« Damit verließ Delia Sarahs Zimmer und ging mit dem Pullover in ihr eigenes. Keeley folgte ihr.
»Ja, das weiß ich zu schätzen. Aber ich muss wahrscheinlich doch langsam daran denken, eine Assistentin einzustellen. Obwohl ich diesen Gedanken schrecklich finde. Ich meine, es würde mir bestimmt nicht leichtfallen, mich auf einen Fremden zu verlassen. Aber so wie es aussieht …«
Keeley ließ das Ende ihres Satzes in der Schwebe und registrierte überrascht, dass ihre Mutter – die meistens irgendetwas zu sagen hatte – schwieg.
»Ich nehme nicht an, dass du Lust hättest, regelmäßig halbtags für mich zu arbeiten?«
Delia wandte überrascht den Kopf und begegnete Keeleys Blick im Spiegel der Frisierkommode. »Heißt das, du bietest mir einen Job an?«
»So wie du es sagst, klingt es schrecklich fremd, trotzdem stimmt es. Ich will aber nicht, dass du es nur machst, weil du dich verpflichtet fühlst. Bloß wenn du glaubst, Zeit und Lust dazu zu haben.«
Jetzt wirbelte Delia mit strahlendem Gesicht herum. »Warum, zum Teufel, fragst du mich erst jetzt? Ich werde sofort morgen anfangen.«
»Ist das dein Ernst? Hast du wirklich Lust dazu?«
»Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie! Ich musste meine ganze Willenskraft aufbringen, um mich davon abzuhalten, nicht jeden Tag zu dir runterzugehen, bis du es gar nicht mehr merkst, dass ich bei dir arbeite. Oh, ist das aufregend!« Sie ging eilig zu Keeley und umarmte sie. »Ich kann es gar nicht erwarten, es deinem Vater zu erzählen.«
Delia veranstaltete einen kleinen Freudentanz, wobei sie ihre Tochter immer noch fest umarmt hielt. »Ich bin wieder eine Pferdepflegerin.«
»Wenn ich gewusst hätte, dass du Arbeit suchst, hätte ich dich schon längst eingestellt.« Keith Logan lehnte sich in seinen Stuhl zurück und zwinkerte der Cousine seiner Frau zu.
»Wir behalten die Besten eben lieber selbst.« Delia zwinkerte über den Tisch des Restaurants zurück. Keith sah immer noch genauso gut und gefährlich aus wie vor zwanzig Jahren, als sie ihn kennengelernt hatte.
»Oh, da bin ich mir aber nicht so sicher.« Keith ließ seine Hand zärtlich über die Schulter seiner Frau gleiten. »Auf jeden Fall haben wir auf der Three Aces die beste Buchhalterin.«
»In diesem Fall verlange ich eine Gehaltserhöhung.« Cathleen griff nach ihrem Weinglas und warf Keith einen herausfordernden Blick zu. »Und zwar eine saftige. Trevor?«, wandte sie sich dann an ihren Sohn. Ihre Stimme, in der ein ganz schwacher irischer Akzent mitschwang, klang melodisch. »Hast du vor, dieses Schweinefleisch noch aufzuessen, oder benutzt du es nur als Dekoration?«
»Ich lese die Racing Form, Ma.«
»Ganz der Vater«, bemerkte Cathleen und nahm ihm die Rennzeitung weg. »Iss jetzt.«
Er stieß einen so tiefen Seufzer aus, wie es nur ein Zwölfjähriger konnte. »Ich glaube, dass Topeka Dritter, Lonesome Fünfter und Hennessy Sechster wird. Dad sagt, Topeka hat Potenzial und ist ein sicherer Tipp.«
Als seine Frau ihn auffordernd ansah, räusperte sich Keith und sagte: »Los jetzt, Trev. Stopf dir dieses Stück Fleisch in den Mund. Wo steckt eigentlich Jena?«
»Sie hat wieder mal ein Problem mit ihren Haaren«, verkündete Mo und stibitzte sich Pommes von Trevors Teller.
»Wie das gewöhnlich so ist«, fügte sie mit der Weisheit der älteren Schwester hinzu, »hat sie mit Beendigung ihres vierzehnten Lebensjahrs entschieden, dass ihre Haare der Fluch ihrer Existenz sind. Du meine Güte! Als ob lange dichte schwarze Haare ein Problem wären. Die hier …«, sie
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