Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ruhig Blut!

Ruhig Blut!

Titel: Ruhig Blut! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
oder er wird in den Fluß geworfen, und anschließend gehen die Leute nach Hause. Für den Getöteten folgen zehn Jahre der Ruhe, und irgendwann kehrt er aus dem Grab zurück, woraufhin alles noch einmal von vorn beginnt. Auf diese Weise wird seine Existenz nie endgültig beendet, und die Burschen aus dem Dorf können sich ein bißchen Bewegung verschaffen.«
    »Die Elstyrs verfolgen uns bestimmt«, sagte Magrat und drückte das Baby an sich. »Sie werden feststellen, daß wir uns nicht mehr in Lancre aufhalten, und ihnen dürfte auch klar sein, daß wir nicht zur Ebene gefahren sind. Und bestimmt entdecken sie die umgekippte Kutsche. Sie werden uns finden, Nanny.«
    Die ältere Hexe betrachtete die Anordnung aus Gläsern und Flaschen. Dann glitt ihr Blick zu den Pflöcken, die fein säuberlich der Größe nach sortiert waren.
    »Sicher dauert es noch eine Weile«, erwiderte Nanny. »Uns bleibt genug Zeit, um… Vorbereitungen zu treffen.«
    Sie drehte sich mit einer Flasche Weihwasser in der einen Hand um, in der anderen hielt sie eine gespannte Armbrust, geladen mit einem hölzernen Bolzen. Zwischen ihren Zähnen steckte ein Beutel mit muffigen Zitronen.
»E n ei«, sagte sie.
»Verzeihung?« erwiderte Magrat.
Nanny spuckte die Zitronen aus.
»Jetzt versuchen wir’s auf meine Weise«, sagte sie. »Ich bin nicht besonders gut darin, wie Oma zu denken, aber ich verstehe mich bestens darauf, ich selbst zu sein. Pschikologie ist soweit in Ordnung, doch ich war schon immer der Meinung, daß ein ordentlicher Tritt in den Hintern manchmal Wunder wirkt.«
    Der Wind rauschte übers Moor am Rand von Lancre und zischte über die Heide.
    Bei einigen alten Grabhügeln, halb unter Brombeerbüschen verborgen, schüttelte er die Zweige eines einzelnen Dornbaums und verteilte den Rauch, der durch die Wurzeln aufstieg.
    Ein Schrei erklang.
    Weiter unten zeigten die Wir-sind-die-Größten große Entschlossenheit, aber es gibt einen Unterschied zwischen Kraft auf der einen sowie Gewicht und Masse auf der anderen Seite. Kobolde klammerten sich an allen vier Gliedmaßen fest, und die Große Aggie saß auf Verences Brust, aber trotzdem ließ er sich kaum unter Kontrolle halten.
    »Vielleicht war das Getränk ein wenig zu stark«, sagte der Bedienstete der Großen Aggie. Er sah auf Verences blutunterlaufene Augen hinab und bemerkte auch den Schaum auf seinen Lippen. »Vielleicht war’s falsch, ihm das Fünfzigfache unserer Dosis zu geben. Er ist nicht daran gewöhnt…«
    Die Große Aggie zuckte mit den Schultern.
    Auf der gegenüberliegenden Seite des alten Grabs kamen sechs Kobolde aus einem Loch, das sie in die nächste Kammer gegraben hatten. Sie zogen ein Schwert hinter sich her. Es bestand aus Bronze und war in einem erstaunlich guten Zustand. Die alten Stammesoberhäupter von Lancre wollten mit ihren Waffen begraben werden, damit sie im Jenseits gegen ihre Feinde kämpfen konnten. Und da es im alten Lancre notwendig gewesen war, ziemlich viele Feinde ins Jenseits zu schicken, um zu einem Stammesoberhaupt zu werden, wünschten sie sich Waffen, auf die man sich verlassen konnte.
    Unter der Anleitung des alten Kobolds trugen die Neuankömmlinge das Schwert bis in die Reichweite der hin und her zuckenden Hand des Menschen.
    »Achtung!« rief der Bedienstete der Großen Aggie. »Auf mein Zeichen. Und – los!«
    Die Wir-sind-die-Größten stoben in alle Richtungen davon. Verence stieg fast vertikal auf, prallte von der Decke ab, ergriff das Schwert und schlug wild um sich, bis er eine Verbindung zur externen Welt geschaffen hatte, woraufhin er in die Nacht entkam.
    Die Kobolde drängten sich an den Wänden des Grabs zusammen und sahen zur Kelda.
Die Große Aggie nickte.
    »Die Große Aggie meint, es sei besser, wenn ihm kein Leid geschieht«, sagte der alte Kobold.
Tausend kleine, aber sehr spitze Klingen stachen durch den Rauch.
    »Auf sie drauf!«
»Wir haun alle um!«
»Wir sind die Größten!«
Wenige Sekunden später war das Hügelgrab leer.
    Nanny eilte mit Pflöcken beladen durch den Hauptsaal des Schlosses – und blieb plötzlich stehen.
»Was ist das für ein Ding?« fragte sie. »Es nimmt eine ganze Wand ein!«
    »Oh, darauf war der alte Herr befonderf ftolz«, sagte Igor. »Er hielt nicht viel von den modernen Dingen, meinte aber, daf Jahrhundert def Flughundf hätte gewiffe Vorteile. Manchmal fpielte er ftundenlang darauf…«
    Es war eine Orgel, oder besser ein Ding, das eine Orgel zu sein hoffte, wenn es erwachsen war.

Weitere Kostenlose Bücher