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Ruhig Blut!

Ruhig Blut!

Titel: Ruhig Blut! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Erinnerung. Fast ebenso schlimm, aber eben nicht ganz.
    Erstaunlicherweise waren recht viele Dorfbewohner bei seiner Beerdigung erschienen, und hier und dort meinten leise Stimmen, eigentlich sei er gar kein so schlechter Kerl gewesen, und vielleicht hätte sie ihn gezwungen, die Tat zu gestehen, und daraufhin bedachte man sie mit finsteren Blicken.
    Und wenn es doch Gerechtigkeit gab? Für jeden unbeachteten Bettler, für jedes scharfe Wort, für jede vernachlässigte Pflicht, für jeden Affront… für jede getroffene Wahl. Denn darum ging es schließlich. Man mußte eine Wahl treffen, sich entscheiden. Man konnte recht haben oder sich irren, aber man mußte wählen, mit dem Wissen, daß Richtig oder Falsch vielleicht für immer verborgen blieben oder daß man sich zwischen zwei falschen Dingen entschied, daß es gar nichts Richtiges gab. Und immer, immer, blieb man dabei auf sich allein gestellt. Man stand am Rand, beobachtete und lauschte. Nie irgendwelche Tränen, nie eine Entschuldigung, nie Bedauern… Das alles sparte man für einen Zeitpunkt auf, an dem man es besser gebrauchen konnte.
    Sie hatte nie mit Nanny Ogg oder einer der anderen Hexen darüber gesprochen. Es hätte den Verrat des Geheimnisses bedeutet. Manchmal, spät am Abend, wenn das Gespräch auf Zehenspitzen in diese Richtung schlich, ließ Nanny Bemerkungen fallen wie: »Zum Schluß ging der alte Skriwwens ganz friedlich.« Vielleicht steckte mehr hinter solchen Worten, vielleicht auch nicht. Nanny schien nicht sehr zu leiden, soweit sie das feststellen konnte. Für sie mußten einige offensichtliche Dinge erledigt werden, und damit hatte es sich. In die Tiefe gehende Gedanken hielt sie so gut unter Kontrolle, daß nicht einmal sie selbst von ihnen berührt wurde. Oma beneidete sie um diese Fähigkeit.
    Wer würde zu ihrer Beerdigung kommen, wenn sie starb?
Sie hatten sie nicht gefragt !
    Erinnerungen zitterten in ihr. Weitere Gestalten marschierten aus den Schatten, die den Kerzenschein umgaben.
    Sie hatte Dinge erledigt, ferne Orte besucht und immer neue, manchmal sie selbst verblüffende Möglichkeiten gefunden, den eigenen Ärger nach außen zu richten. Sie war mit Leuten fertig geworden, die über mehr Macht verfügten als sie, sich jedoch für schwächer hielten – und nur darauf kam es an. Sie hatte viel aufgegeben, aber auch viel gelernt…
    Ein Zeichen. Früher oder später hatte es so kommen müssen… Sie hatten es begriffen, und jetzt nützte sie ihnen nichts mehr…
Und ihr Lohn? Was war der Lohn für all die Mühen? Noch mehr Mühe. Wer gute Gräben gräbt, bekommt eine größere Schaufel. Und kahle Wände, einen kalten Boden, eine kalte Hütte.
    Die Dunkelheit wuchs aus den Ecken ins Zimmer und verhedderte sich in ihrem Haar.
Sie hatten sie nicht gefragt !
    Nie hatte sie um eine Gegenleistung gebeten. Und das war das Problem: Wenn man nie um eine Gegenleistung bat, dann bekam man manchmal auch keine.
    Sie hatte immer versucht, ins Licht zu blicken. Aber je entschlossener man in die Helligkeit starrte, desto mehr brannte sie sich in einen hinein, bis man schließlich der Versuchung erlag, sich umzudrehen und festzustellen, wie lang der eigene Schatten geworden war, der sich dunkel und fest hinter einem erstreckte…
    Jemand nannte ihren Namen.
Dann folgte ein Augenblick aus Licht, Geräusch und Verwirrung. Dann erwachte sie, bemerkte die hereinströmende Dunkelheit und sah
    die Dinge schwarz und weiß.
»Wir bitten um Entschuldigung… Verzögerungen bei der Reise, ihr wißt ja, wie das ist…«
    Die Neuankömmlinge eilten in den Großen Saal, doch die übrigen Gäste schenkten ihnen kaum Beachtung, weil sie zu sehr auf die unerwartete Unterhaltung bei den Thronen konzentriert waren.
    » Auf die richtige Schreibweise achten ?«
    »Das ist ein bißchen knifflig«, sagte Nanny. »Esmerelda – dagegen gibt es nichts einzuwenden. Gytha wäre ebenfalls nicht schlecht gewesen, aber Esmerelda… dagegen kann man keine Einwände erheben. Wie dem auch sei: Ihr wißt ja, wie Kinder sind. Bestimmt nennt man sie ›Orthographie‹ oder so.«
    »Wenn sie Glück hat«, erwiderte Agnes düster.
»Ich wollte nicht, daß es ausgesprochen wird!« zischte Magrat. »Ich wollte nur sichergehen, daß kein ›Magrat‹ daraus wird!«
Hilbert Himmelwärts stand mit gefalteten Händen und nach oben gerichtetem Blick. Er wimmerte leise.
»Wir können den Namen doch ändern, oder?« fragte König Verence. »Wo ist der Königliche Historiker?«
Shawn

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