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Ruhig Blut!

Ruhig Blut!

Titel: Ruhig Blut! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Mädchen. Wenn Esme sie selbst ist, schnauzt sie Leute an, schmollt und gibt sich deprimiert. Hast du nie davon gehört, daß man Leute auf andere Gedanken bringt? Sei jetzt still und stör mich nicht beim Nachdenken.«
    Agnes blickte auf die grüne Kugel in ihrer Hand hinab. Eine sogenannte Flotte, fünfhundert Meilen vom Meer entfernt. Jetzt Zierrat wie eine Muschelschale. Keine Kristallkugel. Man könnte sie wie eine benutzen, aber es war keine Kristallkugel. Agnes wußte, warum dieser Punkt große Bedeutung hatte.
    Oma Wetterwachs war eine sehr traditionelle Hexe. Hexen hatten sich nicht immer allgemeiner Beliebtheit erfreut. Es konnte Zeiten geben – es hatte einmal solche Zeiten gegeben –, zu denen es nicht besonders klug war, sich als Hexe zu erkennen zu geben. Deshalb verrieten die Gegenstände auf dem Tisch nichts über ihren Besitzer. Solche Vorsichtsmaßnahmen erübrigten sich in Lancre seit Jahrhunderten, aber manche Angewohnheiten gingen in Fleisch und Blut über.
    Jetzt verhielt es sich genau andersherum. In den Bergen respektierte man Hexen, doch nur die jungen investierten in richtige Kristallkugeln, bunte Messer und tropfende Kerzen. Die alten… Sie blieben beim einfachen Küchenbesteck, Schwimmern (beziehungsweise Flotten) und Holzstücken – Gegenstände, deren einfache Beschaffenheit deutlich auf ihren Status hinwies. Mit einem Runenmesser konnte jede Närrin Hexe sein, doch man brauchte Talent, wenn einem nur ein Apfelentkerner zur Verfügung stand.
    Ein Geräusch, das Agnes bisher nicht wahrgenommen hatte, hörte auf, und Stille hallte von den Wänden wider.
    Nanny sah auf.
»Die Uhr ist stehengeblieben«, sagte sie.
»Sie zeigt nicht einmal die richtige Zeit an«, stellte Agnes mit einem
    Blick aufs Zifferblatt fest.
»Oh, Esme hörte sie nur gern ticken.«
Agnes legte die Glaskugel auf den Tisch.
»Ich sehe mich noch einmal um.«
    Sie hatte gelernt, sich aufmerksam umzusehen, wenn sie jemanden besuchte, denn in gewisser Weise war das Zuhause wie ein Fenster, das einen Blick ins Denken und Empfinden der betreffenden Personen gewährte. Vielleicht besuchte man jemanden, der von einem erwartete, alles über alles zu wissen, und dann mußte man jeden Vorteil nutzen.
    Jemand hatte einmal gesagt, die Hütte einer Hexe sei ihr Zweites Gesicht. Als Agnes genauer darüber nachdachte, fiel ihr ein, daß die Worte von Oma Wetterwachs stammten.
    Es sollte nicht weiter schwierig sein, einen Eindruck von diesem Ort zu gewinnen. Omas Gedanken zeichneten sich durch die Kraft von Hammerschlägen aus und hatten ihre Persönlichkeit in die Wände gestanzt. Wäre diese Hütte noch organischerer Natur gewesen, hätte sie einen Puls bekommen.
    Agnes wanderte durch die kleine, feuchte Spülküche. Der kupferne Waschtopf war gründlich gescheuert worden. Eine Gabel und zwei glänzende Löffel lagen daneben, zusammen mit einem Waschbrett und einer Bürste. Der fürs Schmutzwasser bestimmte Eimer glänzte ebenfalls, obwohl die darin liegenden Reste einer zerbrochenen Tasse deutlich machten, daß die intensive Hausarbeit nicht ohne Verluste geblieben war.
    Sie öffnete die Tür des alten Ziegenschuppens. Derzeit hielt Oma keine Ziegen, aber auf einer Bank lagen ordentlich aufgereiht ihre selbst angefertigten Imker-Werkzeuge. In dieser Beziehung hatte sie nie viel benötigt. Wenn man Rauch und einen Schleier brauchte, um mit Bienen umzugehen, dann taugte man nicht viel als Hexe.
    Bienen…
Wenige Sekunden später war Agnes draußen im Garten und lauschte an einem Bienenstock.
So früh am Tag flogen noch keine Bienen, aber im Innern des Stocks herrschte ziemlicher Lärm.
    »Bestimmt wissen sie Bescheid«, erklang eine Stimme hinter ihr. Agnes stand so plötzlich auf, daß sie mit dem Kopf gegen das Dach des Bienenstocks stieß.
    »Aber von ihnen bekommst du keine Auskunft«, fügte Nanny hinzu. »Esme hat sie zweifellos aufgefordert, nichts zu verraten. Trotzdem gut, daß du an die Bienen gedacht hast.«
    Etwas schnatterte auf einem nahen Zweig – eine Elster.
    »Guten Morgen, Herr Elster«, sagte Agnes automatisch. »Verschwinde, du Mistvieh.« Nanny griff nach einem Stock, um damit zu werfen. Der Vogel stieg auf und flog zur gegenüberliegenden Seite der Lichtung. »Das bringt Pech«, meinte Agnes.
    »Ja, und zwar für die Elster, wenn ich Gelegenheit zum Zielen habe«, sagte Nanny. »Ich kann die verdammten Biester nicht ausstehen.« »›Eine für Kummer‹«, zitierte Agnes und beobachtete, wie der Vogel über

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