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Ruhig Blut!

Ruhig Blut!

Titel: Ruhig Blut! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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ich. Aber ist das nicht auch Aberglaube? Hexenzirkel müssen nicht unbedingt aus drei Personen bestehen.«
    »O nein, natürlich nicht«, bestätigte Nanny. »Jede Zahl ist möglich, bis zu… äh…, vier oder fünf.«
»Was passiert, wenn es mehr sind? Etwas Schreckliches?« »Dann gibt’s Streit«, sagte Nanny. »Über jede Kleinigkeit. Und dann
    gehen alle weg und schmollen. Hexen gefällt es nicht, zu sehr komprimiert zu werden. Aber drei… das funktioniert, im großen und ganzen. Ich muß dir doch kein Bild zeichnen, oder?«
    »Und jetzt ist Magrat Mutter…«, sagte Agnes.
    »Tja, und genau an dieser Stelle wird’s ein wenig schwierig«, meinte Nanny. »Die Sache mit Jungfrau und Mutter… Es ist nicht so einfach, wie du vielleicht glaubst. Du bist eine Jungfrau«, fuhr Nanny fort und stieß Agnes mit der Pfeife an. »Das bist du doch, oder?«
    »Nanny! Über so etwas redet man nicht!«
    »Ich weiß, daß du eine bist, denn wenn dem nicht so wäre, hätte ich längst davon erfahren«, sagte Nanny. Sie gehörte zu den Personen, die dauernd über so etwas redeten. »Aber eigentlich spielt das gar keine Rolle, denn es geht hier nicht um Details, verstehst du? Was mich betrifft… Ich glaube, geistig bin ich nie Jungfrau gewesen. Oh, du brauchst nicht gleich rot zu werden. Was ist mit deiner Tante Mai drüben in Weidenquelle? Sie hat vier Kinder und ist immer noch schüchtern, wenn’s um Männer geht. Das Erröten hast du von ihr. Wenn sie einen frechen Witz hört… dann kann man auf ihrem Kopf eine Mahlzeit für sechs Personen kochen, wenn man sich beeilt. Du wirst noch merken, daß bei einigen Leuten Körper und Kopf nicht immer zusammenarbeiten.«
    »Und was ist Oma Wetterwachs?« fragte Agnes. Der Hinweis auf ihr Erröten hatte sie ein wenig verletzt, und deshalb fügte sie nicht ohne gewisse Schärfe hinzu: »Geistig, meine ich.«
    »Das habe ich nie herausgefunden«, erwiderte Nanny. »Aber ich schätze, sie sieht hier eine neue Dreiergruppe. Die verdammte Einladung war vermutlich der Gipfel. Und jetzt ist sie weg.« Sie paffte. »Ich fürchte, ich bin nicht für die Rolle der alten Fuchtel geschaffen. Ich hab nicht die richtige Gestalt dafür. Und außerdem weiß ich gar nicht, wie eine alte Fuchtel klingt.«
    Ein gräßliches Bild entstand vor Agnes’ innerem Auge und zeigte ihr die zerbrochene Tasse.
»Aber Oma ist doch gar nicht… ich meine, sie war nie… Sie sah gar nicht wie…«, begann sie.
    »Es hat keinen Sinn, einen Hund anzuschauen und zu sagen, es sei kein Hund, weil ein richtiger Hund ganz anders aussieht«, entgegnete Nanny schlicht.
    Agnes schwieg. Nanny hatte natürlich recht. Nanny war Mutter. Alles an ihr betonte dies. Wenn man sie durchgeschnitten hätte, wäre man vermutlich auf die Buchstaben »Mut« gestoßen. Manche Frauen wurden bereits mit einer mütterlichen Natur geboren. Andere kommen als Jungfrauen zur Welt und bleiben es ihr Leben lang, fügte Perdita hinzu. Was die dritte Kategorie anging…, setzte Agnes ihre Überlegungen fort, ohne auf die eigene Unterbrechung zu achten. Vielleicht war es gar nicht so seltsam, daß die Leute bei Geburten Nannys Hilfe in Anspruch nahmen – und sich an Om wandten, wenn jemand starb.
    »Sie glaubt, wir brauchen sie nicht mehr?«
»Ich nehme an, darauf läuft es hinaus.«
»Was hat sie jetzt vor?«
»Keine Ahnung. Aber wenn es drei gab und es jetzt vier sind… dann
    muß jemand gehen, oder?«
    »Was ist mit den Vampiren? Wir zwei werden nicht allein mit ihnen fertig!«
»Esme weist darauf hin, daß wir drei sind«, sagte Nanny.
    »Was? Magrat? Aber sie…« Agnes unterbrach sich. »Sie ist keine Nanny Ogg.«
    »Nun, ich bin ganz sicher keine Esme Wetterwachs, wenn du’s genau wissen willst«, erwiderte Nanny. »Der geistige Kram ist Speis und Trank für sie. Anderen Leuten in den Kopf schauen, das eigene Selbst auf Reisen schicken… Mit solchen Dingen kennt sie sich aus. Sie würde das Lächeln aus dem Gesicht des Grafen vertreiben. Und zwar von innen, wie ich Esme kenne.«
    Eine Zeitlang starrten sie stumm in den kalten Kamin.
    »Vielleicht waren wir nicht immer sehr nett zu ihr«, sagte Agnes und dachte erneut an die zerbrochene Tasse. Bestimmt war das kein Zufall. Vielleicht glaubte Oma, daß sie die Tasse rein zufällig zerbrochen hatte, aber möglicherweise trug jeder eine Perdita in seinem Innern. Sie war durch die halbdunkle Hütte gewandert, mit der sie inzwischen so sehr in Einklang stand wie ein Hund mit seinem Herrn, und

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