Ruhig Blut!
hoch.«
Die Treppe bestand aus kahlem Stein, und auf jeder Etage boten Türen Zugang zum öffentlichen Teil des Schlosses. Jenseits dieser Türen gab es noch mehr Stein, aber der gehörte zu einer erleseneren Kategorie und verbarg sich oft hinter Wandbehängen oder unter Teppichen.
Agnes öffnete eine Tür.
Zwei Personen aus Überwald schlenderten durch den Flur und trugen etwas, das mit einem Tuch bedeckt war. Sie schenkten den Neuankömmlingen keine Beachtung, als Agnes ihren Begleiter zu den königlichen Gemächern führte.
Magrat stand auf einem Stuhl, als sie eintraten. Sie blickte zu ihnen herab, während sich kleine Sterne und Tiere aus Holz an ihrem nach oben ragenden Arm verhedderten.
»Blödes Ding«, sagte sie. »Man sollte meinen, es sei viel einfacher. Hallo Agnes. Würdest du bitte den Stuhl festhalten?«
»Was machst du da?« fragte Agnes und sah genauer hin. Magrat trug kein Halstuch.
»Ich versuche, dieses Mobile am Kronleuchter zu befestigen«, erklärte Magrat. »So, das wär’s. Es gerät dauernd durcheinander! Verence meint, es sei gut für kleine Kinder, wenn sie bunte Farben und unterschiedliche Formen sehen. Angeblich beschleunigt es die Entwicklung. Aber ich kann Millie nirgends finden.«
Das Schloß steckt voller Vampire, aber sie schmückt das Spielzimmer, sagte Perdita. Da stimmt doch etwas nicht .
Aus irgendeinem Grund brachte es Agnes nicht fertig, eine Warnung auszusprechen. Vielleicht lag es auch daran, daß der Stuhl sehr wacklig war.
»Die kleine Esme ist doch erst zwei Wochen alt«, meinte Agnes. »Könnte die Erziehung nicht noch ein wenig warten?«
»Verence meint, man kann gar nicht früh genug damit anfangen. Hat euer Besuch einen besonderen Grund?«
»Wir möchten, daß du mit uns kommst. Jetzt sofort.«
»Warum?« fragte Magrat und trat zu Agnes’ großer Erleichterung vom Stuhl herunter.
»Warum? Magrat, es befinden sich Vampire im Schloß! Die Familie Elstyr besteht aus Vampiren !«
»Sei doch nicht dumm. Es sind sehr nette Leute. Erst heute morgen habe ich mit der Gräfin geplaudert…«
»Worüber?« fragte Agnes. »Bestimmt erinnerst du dich nicht daran!« »Ich bin Königin, Agnes«, sagte Magrat vorwurfsvoll.
»Entschuldige, aber die Vampire beeinflussen den menschlichen
Geist…«
»Deinen?«
»Äh, nein, meinen nicht. Nun, ich scheine… immun zu sein«, log Agnes.
»Und was ist mit ihm?« fragte Magrat scharf.
»Mein Glaube an Om schützt mich«, stellte Hilbert Himmelwärts fest. Magrat hob beide Brauen und sah Agnes an. »Stimmt das?« Agnes hob und senkte die Schultern. »Vielleicht hat er recht.« Magrat beugte sich vor. »Er ist doch nicht betrunken, oder? Immerhin
hat er da zwei Bierflaschen.«
»Sie sind mit Weihwasser gefüllt«, flüsterte Agnes.
»Verence hält den Omnianismus für eine sehr vernünftige und stabile Religion«, raunte Magrat.
Sie sahen Himmelwärts an und versuchten, die Worte einzuordnen.
»Gehen wir jetzt?« fragte er.
»Natürlich nicht!« schnappte Magrat und richtete sich auf. »Das ist doch Unsinn, Agnes. Ich bin eine verheiratete Frau, ich bin Königin, und ich habe ein Baby. Und du kommst hierher und behauptest, es gäbe Vampire im Schloß! Ich habe Gäste und…«
»Die Gäste sind Vampire, Euer Majestät«, betonte Agnes. »Der König hat sie eingeladen!«
»Verence meint, wir müßten lernen, mit allen Leuten gut zurechtzukommen…«
»Wir glauben, Oma Wetterwachs ist in ernsten Schwierigkeiten«, sagte Agnes.
Magrat erstarrte. »Wie ernst sind die ernsten Schwierigkeiten?«
»Nanny Ogg ist sehr besorgt. Sogar gereizt. Sie sagte, drei von uns seien notwendig, um Oma zu finden.«
»Nun, ich…«
»Und Oma hat die Schachtel mitgenommen, was auch immer das bedeutet«, fügte Agnes hinzu.
»Die aus der Frisierkommode?«
»Ja. Nanny wollte mir nicht sagen, was darin ist.«
Magrat hielt die Hände auseinander wie ein Angler, der die Ausmaße
eines mittelgroßen Fischs verdeutlichte. »Eine Schachtel aus poliertem Holz? Etwa so groß?«
»Keine Ahnung, ich hab sie nie gesehen. Nanny scheint sie für sehr wichtig zu halten. Und sie wollte mir nicht sagen, was sie enthält«, wiederholte sie, für den Fall, daß Magrat den Hinweis nicht verstanden hatte.
Magrat faltete die Hände, hob sie an den Mund und biß sich nachdenklich auf die Knöchel. Als sie schließlich aufsah, stand Entschlossenheit in ihrer Miene. Sie deutete auf Himmelwärts.
» Du besorgst einen Sack oder so, stopfst die Sachen aus der obersten
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