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Ruhig Blut!

Ruhig Blut!

Titel: Ruhig Blut! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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»Nein. Ich kenne dich. Ich habe dich immer gekannt. Der Graf hat
    dich nur freigesetzt, damit du mich quälen kannst, aber ich habe immer von deiner Existenz gewußt. An jedem Tag meines Lebens habe ich gegen dich gekämpft, und ich werde jetzt nicht das Feld räumen.«
    Sie öffnete die Augen und starrte in die Dunkelheit.
»Ich weiß, wer du jetzt bist, Esmeralda Wetterwachs«, sagte sie. »Du erschreckst mich nicht mehr.«
    Der Rest des Lichts verflüchtigte sich. Oma Wetterwachs hing für unbestimmte Zeit in der Finsternis. Absolute Leere schien sowohl Zeit als auch Richtungen aufgesaugt zu haben. Es gab keinen Ort, den Oma aufsuchen konnte, denn es existierten überhaupt keine Orte mehr.
    Nach einer Zeitspanne, die sich nicht messen ließ, hörte Oma ein anderes Geräusch, ein ganz leises Flüstern am Rand der Hörweite. Sie bewegte sich darauf zu.
    Worte stiegen zappelnden Goldfischen gleich in der Dunkelheit auf. Oma strebte ihnen entgegen; immerhin wiesen sie eine Richtung. Lichtfragmente verwandelten sich in Geräusche.
    »… und frage ich dich in deiner unendlichen Güte, ob du vielleicht die Zeit finden könntest, hier einzugreifen…«
    Normalerweise brachte sie derartige Worte nicht mit Licht in Verbindung. Vielleicht lag es an ihrer Formulierung. Oder daran, wie sie ausgesprochen wurden. Ein seltsames Echo haftete ihnen an, wie von einer zweiten Stimme, die mit der ersten verbunden war und an jeder Silbe klebte…
    »… welche Güte? Wie viele Menschen haben auf dem Scheiterhaufen gebetet? Wie dumm ich aussehe, hier so zu knien…«
    Ah, ein geteiltes Bewußtsein. Es gab mehr Agnesse in der Welt, als Agnes ahnte, dachte Oma. Das Mädchen hatte einem Ding nur einen Namen gegeben, und wenn man etwas einen Namen gab, verlieh man ihm Leben…
    Es war noch etwas anderes in der Nähe, ein Glanz, der nur mehrere Photonen durchmaß und verblaßte, als sie ihre Aufmerksamkeit darauf richtete. Sie wandte den Blick kurz ab und sah dann erneut hin. Wieder verschwand der Lichtfleck.
    Etwas versteckte sich.
Der Sand rieselte nicht mehr. Die Zeit war abgelaufen.
Jetzt mußte sie das Wo und Wer klären.
Oma Wetterwachs öffnete die Augen, und Licht flutete ihr entgegen.
    Die Kutsche hielt auf der Bergstraße an. Wasser strömte an ihren Rädern vorbei.
Nanny stieg aus und watete zu Igor, der stand, wo es keine Straße mehr gab.
    Wasser schäumte dort, wo sie sich eigentlich befinden sollte. »Können wir die andere Feite erreichen?« fragte Igor.
»Wahrscheinlich, aber weiter unten dürfte es noch schlimmer sein«,
    sagte Nanny. »Ich meine, wo sich das ganze Wasser sammelt. Eine solche Menge kann einfach nicht schnell genug abfließen…«
Sie blickte in die andere Richtung. Die Straße wand sich höher die Berge empor, zwar naß, aber befahrbar.
    »Wann erreichen wir den nächsten Ort, wenn wir in die Richtung fahren?« fragte Nanny. »Ich meine einen Ort mit mindestens einem ordentlichen Steingebäude… Löschdurst, nicht wahr? Dort gibt es eine Kutschentaverne.«
    »Ja, ftimmt. Löschdurft.«
»Nun, bei so einem Wetter hat es keinen Sinn, den Weg zu Fuß fortzusetzen«, sagte Nanny. »Also auf nach Löschdurst.«
    Sie stieg wieder ein und spürte, wie die Kutsche wendete. »Gibt es ein Problem?« fragte Magrat. »Warum geht es jetzt bergauf?« »Die Straße ist überflutet«, erwiderte Nanny.
»Wir fahren nach Überwald ?«
»Ja.«
»Aber dort müssen wir damit rechnen, Werwölfen und Vampiren und
    wer weiß wem noch zu begegnen…«
    »Nicht überall. Auf der Hauptstraße sollten wir sicher sein. Außerdem bleibt uns kaum eine Wahl.«
»Da hast du wohl recht«, räumte Magrat widerstrebend ein.
    »Und es könnte schlimmer sein«, meinte Nanny.
»Wie denn?«
»Nun… wenn es hier drin Schlangen gäbe.«
Agnes bemerkte vorbeihuschende Felsen, blickte nach unten und sah die schäumenden Fluten des angeschwollenen Flusses.
    Die Welt drehte sich um sie herum, als Vlad mitten in der Luft anhielt. Wasser berührte ihre Zehenspitzen.
»Es werde… leicht«, sagte er. »Du wärst gern so leicht wie die Luft, nicht wahr, Agnes?«
    »Wir… wir haben Besen…«, schnaufte Agnes. Ihr Leben war gerade an ihrem inneren Auge vorbeigezogen, und kann ein Leben überhaupt langweiliger sein? fragte Perdita.
    »Nutzlose, unhandliche, dumme Objekte«, sagte Vlad. »Und das hier ermöglichen sie euch nicht…«
    Die Wände der Schlucht zogen schemenhaft an Agnes vorbei. Das Schloß fiel steil nach unten. Wolkenschlieren tasteten

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