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Ruhig Blut!

Ruhig Blut!

Titel: Ruhig Blut! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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persönliche Art lieber.«
    »Du meinst die direkte Zähne-im-Hals-Art«, sagte Agnes.
    »Ha, ja. Aber er gibt sich große Mühe, vernünftig zu sein. Kann ich dich nicht dazu überreden, eine von uns zu werden, Agnes?«
»Ich soll leben, indem ich anderen Leuten das Leben nehme?«
    »So weit gehen wir in den meisten Fällen nicht mehr«, meinte Vlad und zog sie mit sich. »Und wenn es doch einmal geschieht… Nun, wir achten darauf, nur solche Leute zu töten, die den Tod verdienen.«
    »Oh, ja, und daran gibt es natürlich nichts auszusetzen«, entgegnete Agnes. »Was das angeht, treffen Vampire bestimmt immer die richtige Entscheidung.«
    »Ich muß zugeben, daß meine Schwester manchmal ein wenig… rigoros ist.«
»Ich habe die Menschen gesehen, die ihr mitgebracht habt! Sie sind wie Vieh!«
    »Ach, sie. Die Bediensteten. Im großen und ganzen unterscheidet sich ihr derzeitiges Leben kaum von dem, das sie ohnehin geführt hätten. Eigentlich ist es sogar besser. Sie bekommen zu essen, haben eine Unterkunft…«
    »… werden gemolken…«
»Ist das so schlimm?«
Agnes versuchte, sich aus dem Griff zu lösen. Hier gab es keine
    Schloßmauer mehr – da war auch gar keine nötig. Die Lancre-Schlucht bot genug Schutz, und Vlad führte sie direkt zu ihrem Rand. »Was für eine dumme Frage!« kommentierte Agnes.
    »Glaubst du? Du bist herumgekommen, wie ich hörte«, sagte Vlad, während sich Agnes vergeblich hin und her wand. »Du solltest also wissen, daß viele Leute ein kleines Leben führen, immer unter der strengen Herrschaft eines Königs oder Regenten, der nicht zögern würde, sie aufs Schlachtfeld zu schicken oder sie zu vertreiben, wenn sie nichts mehr nützen.«
    Aber sie können fliehen, sagte Perdita.
»Aber sie können fliehen!«
    »Wirklich? Zu Fuß? Mit der ganzen Familie? Und ohne Geld? Kaum jemand versucht es. Die meisten Menschen finden sich früher oder später mit den Dingen ab, Agnes.«
    »Das ist die blödsinnigste, zynischste und…«
Die Wirklichkeit am besten widerspiegelnde, ergänzte Perdita.
»… und die Wirklichkeit am besten widerspiegelnde Bemerkung, die
    ich jemals… Nein!«
    Vlad wölbte beide Brauen. »Du hast einen seltsamen Geist, Agnes. Du wirst natürlich nicht zu dem… Vieh gehören. Das gilt für alle Hexen. Dafür seid ihr viel zu… eigenwillig.« Er lächelte und zeigte dabei seine Zähne, was bei einem Vampir nicht besonders sympathisch wirkte. »Komm.«
    Vlad zog sie mit sich, und Agnes hätte sich dem Zerren nur dann widersetzen können, wenn sie sich über den Boden hätte schleifen lassen.
    »Mein Vater ist von euch Hexen sehr beeindruckt«, sagte er über die Schulter hinweg. »Er meint, wir sollten euch alle in Vampire verwandeln. Angeblich seid ihr bereits auf halbem Wege dorthin. Aber mir wäre es lieber, ihr würdet einsehen, wie herrlich es sein kann.«
    »Ach, tatsächlich? Es muß wirklich toll sein, sich ständig nach Blut zu sehnen.«
»Du sehnst dich ständig nach Schokolade, stimmt’s?«
    »Wie kannst du es wagen!«
    »Blut hat nicht viele Kohlenhydrate. Dein Körper wird sich anpassen, die Pfunde nach und nach verlieren…«
»Ich finde das gräßlich!«
    »Du hast volle Kontrolle über dich selbst…«
»Ich höre dir nicht zu!«
»Nur ein kleiner Stich…«
»Von dir lasse ich mich auf keinen Fall stechen!«
»Ha! Wundervoll!« sagte Vlad. Er zog Agnes mit sich und sprang in die
    Lancre-Schlucht.
    Oma Wetterwachs öffnete die Augen. Sie vermutete zumindest, daß ihre Augen jetzt geöffnet waren. Immerhin hatte sie gespürt, wie sich die Lider bewegten.
    Dunkelheit erstreckte sich vor ihr, eine samtschwarze, sternenlose Dunkelheit, wie ein Loch im Raum. Doch hinter ihr schimmerte Licht. Sie stand mit dem Rücken zum Licht – das fühlte sie ganz deutlich, sah es an ihren Händen. Das Leuchten strömte an ihr vorbei, betonte die Konturen ihres Schattens, der finster auf…
    … schwarzem Sand lag. Er knirschte unter ihren Stiefeln, als sie das Gewicht vom einen Bein aufs andere verlagerte.
    Dies war eine Prüfung. Alles war eine Prüfung. Überall herrschte Wettbewerb. Das Leben konfrontierte einen jeden Tag damit. Man beobachtete sich die ganze Zeit über. Man mußte Entscheidungen treffen. Niemand wies einen darauf hin, welche die richtigen waren. Oh, manche Priester behaupteten, daß nachher Pluspunkte und dergleichen verteilt wurden, aber was nützten sie dann noch?
    Sie bedauerte, daß ihr Geist nicht besser funktionierte. Aus irgendeinem Grund

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