Ruhig Blut!
Chance, dem Schloß
fernzubleiben.« Nanny Ogg lachte und lachte.
»Der Graf wird sicher sehr böse auf dich sein, Igor«, sagte sie, als er die
große Tür aufschloß.
»Der Graf kann mich mal«, erwiderte Igor. »Ich packe meine Fachen
und gehe nach Blinf. Dort gibt ef immer Arbeit für einen Igor. Und ef
heift, dort schlügen weit und breit die meiften Blitze im Jahr ein.«
Nanny Ogg rieb sich die Augen. »Zum Glück sind wir bereits durch-
näßt«, sagte sie. »Na schön. Gehen wir ins Schloß. Und noch etwas, Igor.
Wenn du unf… äh… uns irgendwie hintergangen hast, mach ich dich
zur Minna.«
Igor senkte verlegen den Blick. »Oh, ich wage nicht einmal, mir fo et-
waf zu erhoffen«, murmelte er.
Magrat kicherte. Igor schob die Tür auf und humpelte über die Schwel-
le.
»Was ist denn?« fragte Nanny.
»Hast du nicht bemerkt, wie er dich ansieht?« fragte Magrat, als sie der
hinkenden Gestalt folgten.
»Was, er?« erwiderte Nanny.
»Ich glaube, in ihm lodert das Feuer der Leidenschaft«, sagte Magrat.
»Na, da soll er nur aufpassen, daß er sich nicht verbrennt«, meinte
Nanny. »Wie dem auch sei: Er könnte es mit seinem Speichelregen lö-
schen.«
»Ich bin ziemlich sicher, daß er wirklich ein Auge auf dich geworfen
hat.«
»Oh, ich weiß nicht, ich weiß wirklich nicht. Ich meine, ich fühle mich
geschmeichelt, aber ein so schlaffer Bursche kommt für mich nicht in
Frage.«
»Was ist denn schlaff an ihm?«
Nanny Ogg hatte es für unmöglich gehalten, in ihrem Alter noch ge-
schockt sein zu können, aber jetzt war sie einige Sekunden lang sprach-
los.
»Ich bin eine verheiratete Frau«, sagte Magrat und lächelte, als sie Nannys Gesichtsausdruck sah. Es fühlte sich gut an, einen kleinen Tapezier-
nagel auf den Pfad zu legen, über den Nanny sorglos durchs Leben
schlenderte.
»Aber… ist Verence… ich meine, ist alles in Ordnung mit ihm… wirk-
lich alles?«
»Oh, ja. Er ist… in Ordnung. Aber jetzt verstehe ich deine diesbezügli-
chen Witze.«
»Was, alle ?« fragte Nanny und klang dabei wie ein Kartenspieler, der feststellen mußte, daß jemand die Asse versteckt hatte.
»Nun, das mit dem Priester, der alten Frau und dem Nashorn verstehe
ich noch immer nicht«, gestand Magrat.
»Das will ich auch hoffen!« erwiderte Nanny. »Ich habe den Witz erst verstanden, als ich vierzig wurde!«
Igor humpelte zurück.
»Ef find nur die Bedienfteten da«, lispelte er. »Ich bringe euch in mei-
nem Quartier im alten Turm unter. Dort find die Türen befonderf dick.«
»Das würde Frau Ogg sicher zu schätzen wissen«, sagte Magrat. »Sie
meinte gerade, daß ihr deine Beine gefallen, nicht wahr, Nanny…?«
»Möchtet ihr welche?« fragte Igor in ernstem Tonfal . »Ich habe jede
Menge davon und könnte ein wenig mehr Platf gebrauchen.«
»Wie bitte?« Nanny blieb abrupt stehen.
»Du kannft dich vertrauenfvol an mich wenden, wenn du irgendein
Organ brauchst«, sagte Igor.
Magrat hustete erstickt.
»Du hast… Teile von Menschen auf Eis gelegt?« brachte Nanny ent-
setzt hervor. »Fremde Leute? Zerhackt? Ich gehe keinen Schritt weiter!«
Daraufhin wirkte Igor entsetzt.
»Keine fremden Leute«, sagte er. »Familienangehörige.«
»Du hast Verwandte zerhackt?« Nanny wich zurück.
Igor gestikulierte nervös.
»Ef ift Tradition!« sagte er. »Jeder Igor hinterläft feinen Körper der
Familie. Warum gute Organe vergeuden? Zum Beifpiel mein Onkel Igor:
Er ftarb an Büffeln, mit Herz und Nieren war allef in befter Ordnung,
und auferdem hatte er noch Grofvaterf Hände, und ef waren verdammt
gute Hände, daf verfichere ich euch.« Er schniefte. »Ich wünschte, ich
hätte fie jetzt. Er war ein grofartiger Chirurg.«
»Nun… ich weiß, daß es in den meisten Familien ›Er hat die Augen
seines Vaters heißt‹…«, begann Nanny.
»Nein, mein Vetter zweiten Gradef hat fie.«
»Aber… aber… wer erledigt das Schneiden und Nähen?« fragte
Magrat.
»Ich«, antwortete Igor. »Ein Igor lernt häufliche Chirurgie auf den
Knien feinef Vaterf. Und dann übt er mit den Nieren feinef Grofvaterf.«
»Tschuldigung«, sagte Nanny. »Woran starb dein Onkel?«
»An Büffeln«, sagte Igor und schloß eine weitere Tür auf.
»Hat er versucht, zuviel zu lernen?«
»Nein, ich meine Büffel. Eine Herde fiel auf ihn herab. Ef war ein fehr feltfamer Fwischenfall. Wir feden nicht darüber.«
»Sol das heißen, daß du dich selbst operierst?« fragte Magrat.
»Ef ift
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